Russischer Markt sichert tschechischen Exporteuren immer größere Zugewinne

Die tschechische Wirtschaft wird auch das Jahr 2006 mit einem zweistelligen Exportzuwachs abschließen. Bei dieser erfreulichen Bilanz spielt insbesondere der russische Markt eine große Rolle. Und die starke Nachfrage nach Produkten "made in Czech" wird auch in Zukunft nicht abreißen.

Ups and downs in der tschechischen Wirtschaft

Foto: Štěpánka Budková,  Radio Prague International
Zum Auftakt der laufenden Geschäftswoche wurde die tschechische Währung am Montag mit einem Wechselkurs von 27,87 Kronen je Euro gehandelt. Damit egalisierte sie ihren bisherigen Rekordwert zur europäischen Währung. Dennoch gäbe es keinen Grund für die tschechischen Exporteure, mit dem starken Kurs zu hadern, meint der Ökonom der Raiffeisenbank Ales Michl:

"Dieses Jahr ist der Kurs der Tschechischen Krone zum Euro um 3,6 Prozent gestiegen. In den zurückliegenden zwei Jahren betrug der Wertzuwachs jeweils 5,2 Prozent. Das heißt, dass der Kursanstieg schneller voranging als in diesem Jahr. Den Exporteuren kommt der billiger gewordene Ölpreis sehr entgegen, denn dadurch sinken ihre Transportkosten. Und eine weitere gute Nachricht ist die, dass Deutschland im ersten Quartal des nächsten Jahres aller Voraussicht nach das größte Wirtschaftswachstum der letzten sechs Jahre verzeichnen wird. Das bedeutet für uns neue Aufträge und einen höheren Exportzuwachs."

Auch Pavel Sobisek, der Chefökonom der HVB Bank, sieht im gegenwärtigen Kronenkurs keinen Grund zur Besorgnis. Andererseits bestätigt er, dass der Zinssatz der tschechischen Leitzinsen, der mit 2,5 Prozent der niedrigste in ganz Europa ist, nicht mehr lange von Bestand sein wird:

"Wenn man davon absieht, dass die Tschechische Krone weiterhin stark aufgewertet wird, was auch ich nicht erwarte, dann halte ich es tatsächlich für sehr wahrscheinlich, dass die Leitzinsen im erste Quartal des kommenden Jahres angehoben werden."

Adventszeit - Einkaufszeit. Auch in Tschechien ist das nicht anders. Doch so manchem Käufer ist schon mulmig bei dem Gedanken, dass sein Weihnachtsgeschenk nicht das Passende sein könnte. Aber auch hierzulande ist es längst zur gängigen Praxis geworden, dass Waren nach dem Fest zurückgegeben oder zumindest umgetauscht werden können. Petra Vankova vom hiesigen Verbraucherschutz schränkt allerdings ein:

Skoda Roomster
"Unterschiedlich ist nur der Zeitraum, in dem man die Geschenkwaren zurückgeben kann. Dafür unterscheiden sich aber die Rücknahmebedingungen. Einige Händler nehmen die Ware nur in der Originalverpackung zurück, anderen genügt dafür der Kassenbon. Man muss sich also stets vorher erkundigen, ob der jeweilige Händler auch ein Rückgaberecht einräumt und zu welchen Bedingungen."

Ganz andere Sorgen hat derzeit der tschechische Pkw-Hersteller Skoda Auto. Dank der großen Nachfrage nach dem neuen Skoda Roomster, mit dessen Serienproduktion im Oktober begonnen wurde, muss das Fahrzeugunternehmen aufrüsten. Und zwar beim Personal, was für so manchen Arbeitsuchenden das beste Geschenk zu Weihnachten sein könnte. Skoda-Personalchef Martin Jahn beschreibt die aktuelle Beschäftigungssituation so:

"Die Arbeitslosigkeit in der Umgebung von Rychnov ist mit der Einführung der Produktion des Skoda Roomster um einen Prozentpunkt zurückgegangen. Wir haben gegenwärtig 1700 Beschäftigte, aber es ist erforderlich, dass wir bis zum Jahresende noch weitere 200 Arbeitnehmer einstellen. Damit stoßen wir schon an eine gewisse Grenze bei der Requirierung von Arbeitskräften aus dem direkten Einzugsgebiet unseres Werks in Kvasiny. Wir müssen daher auch in weiter entfernten Regionen nach ihnen suchen, aber wir hoffen, dass uns das bis zum Jahresende gelingen wird."

Hinter die Fassade geschaut

Nach der Bundesrepublik Deutschland ist Russland der zweitgrößte Wirtschaftspartner der Tschechischen Republik. Insbesondere der tschechische Export nach Russland feiert Zuwachsraten, die phantastisch sind, sagte der Generaldirektor der Agentur Czech Trade, Ivan Jukl, unlängst auf einer Tschechisch-Russischen Wirtschaftskonferenz in Prag und hob hervor:

"In den zehn Jahren, die Czech Trade mittlerweile existiert, haben wir festgestellt, dass Russland in der Tat der für uns wichtigste Markt ist. Von den 2,5 Milliarden Dollar, die Tschechien in diesem Jahr mit Exporten umgesetzt hat, wurden nahezu 70 Prozent in Russland realisiert."

Im vergangenen Jahr konnte Tschechien mit den Exporten nach Russland ein Volumen von 1,43 Milliarden Dollar verzeichnen. In diesem Jahr rechnet Jukl mit einem Exportzuwachs von 35 bis 45 Prozent. Und das sei noch längst nicht das Ende der Fahnenstange, da der russische Bedarf an tschechischem Know how sehr nachhaltig sei, betont Jukl. Darüber hinaus ist die Palette der Waren und Technologien, die in Russland gefragt sind, ziemlich groß:

"Interessant ist auch, dass nicht die traditionellen tschechischen Branchen wie zum Beispiel die Automobilindustrie der Exportschlager sind. Die größte Nachfrage herrscht derzeit für Technologien zur Oberflächenbearbeitung. Damit war zum Beispiel eine Firma aus Jihlava im Ural erfolgreich."

Der stellvertretende Vorsitzende des Handelsrats bei der russischen Botschaft in Tschechien, Wladimir Pegatschew, verwies in seinen Ausführungen darauf, dass es in Russland derzeit vier Bereiche gibt, die durch nationale Programme gefördert werden. Einer davon ist der Wohnungsbau:

"Ich denke, in diesem Bereich bestehen enorme Möglichkeiten, denn in der Russischen Föderation herrscht jetzt ein großer Bedarf an der Herstellung von Baumaterialien".

In vielen Regionen des Riesenlandes entstehen außerdem immer mehr Technologieparks und Industriezonen. Auch dafür warb Pegatschew um Unterstützung beim langjährigen Wirtschaftspartner:

"Da tschechische Firmen und Gesellschaften mit dem Auf- und Ausbau von Industriezonen bereits reichhaltige Erfahrungen gesammelt haben, wären wir erfreut darüber, wenn sie diese Erfahrungen auch bei uns einbringen könnten."

Nach der politischen Wende, die 1990 in der damaligen Tschechoslowakei vollzogen wurde, hatte sich das Verhältnis der beiden ehemaligen Ostblock- und RGW-Staaten zueinander etwas abgekühlt. Doch spätestens mit Beginn des neuen Jahrtausends haben sie begriffen, dass sie aus mehreren Gründen wirtschaftlich weiterhin voneinander profitieren können. Der Exekutivdirektor der Kammer für wirtschaftliche Beziehungen mit den GUS-Staaten, Frantisek Masopust, äußerte dazu:

"Da russische Partner mit tschechischer bzw. tschechoslowakischer Technik relativ gut vertraut sind, ist es einfacher, Kontakte zu knüpfen oder sie wiederherzustellen. Zu einem gewissen Maße sind es auch die Mentalität und die sich ähnelnden Sprachen, die uns einen Vorteil verschaffen. Unter der Voraussetzung, dass wir in technischer Hinsicht konkurrenzfähig sind und allen Forderungen der russischen Kunden entsprechen, geben uns die beiderseitige Nähe und die gemeinsame Vergangenheit die Hoffnung, dass wir stets erfolgreicher sind als die Konkurrenz."

Laut Umfragen, die man in diesem Jahr unter den tschechischen Exporteuren durchgeführt hat, wird sich auch in Zukunft der positive Trend fortsetzen, dass die Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen nach Russland Erfolg und hohes Wachstum versprechen. Ivan Jukl nannte dafür drei Gründe:

"56 Prozent der Firmen, die wie befragten, haben geantwortet: Jawohl, Russland sehen wir als einen Markt an, auf dem wir unsere Exporte noch erhöhen werden. Eine zweite Frage sollte herausfinden, ob Russland schon zum Exportgebiet für tschechische Unternehmen gehört. Nahezu die Hälfte der Befragten hat mit Ja geantwortet. Und durch eine dritte Frage wollten wir in Erfahrung bringen, ob man Russland hierzulande für einen Wachstumsmarkt halte. Den zustimmenden Antworten nach nimmt Russland in dieser Hinsicht den zweiten Platz gleich hinter Deutschland ein."