Gotik braucht keine Heizung - Museum für Sakralkunst der Diözese Pilsen

Foto: Martina Schneibergová

Es ist eines der wenigen Museen hierzulande, die sich auf Sakralkunst spezialisiert hat: Das Museum für Kirchenkunst der Diözese Plzeň / Pilsen. Eröffnet wurde es vor knapp drei Jahren in den renovierten Räumlichkeiten des Franziskanerklosters.

Museum für Kirchenkunst der Diözese Plzeň  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Im Stadtzentrum von Pilsen nur ein paar Schritte vom Platz der Republik in der Straße Františkánská steht das Franziskanerkloster. In seinen gotischen Räumlichkeiten ist heutzutage das Museum für Sakralkunst der Diözese Pilsen untergebracht. Architekt Jan Soukup hat die Renovierung des Klosterareals seit langem begleitet.

„Das Kloster wurde Ende des 13. Jahrhunderts erbaut. Die Franziskaner lebten hier bis 1950. Während des kommunistischen Regimes wurde das Klostergebäude vom Westböhmischen Museum verwaltet. Im Jahr 1988 habe ich einen Entwurf zur Rekonstruktion des Baudenkmals erstellt. Als das Areal nach der Wende dem Franziskanerorden zurückgegeben werden sollte, wollte der Orden es nicht haben. Denn die Franziskaner hätten sehr viel Geld, das sie nicht hatten, in die Instandsetzung investieren müssen. Damals übernahm das Bistum das Kloster. Es stellte sich jedoch die Frage, was aus dem Kloster werden sollte. Zunächst wurde hier das Pfarramt von der benachbarten Gemeinde St. Bartholomäus untergebracht.“

Foto: Martina Schneibergová
Zu den architektonisch wertvollsten Schätzen des Klosters gehören die gotischen Kreuzgänge, der Kapitelsaal, die St. Barbara-Kapelle und das Refektorium. Architekt Soukup schlug bereits 1993 dem Bischof vor, im ehemaligen Kloster ein Diözesanmuseum einzurichten. Für ein derartiges Projekt mangelte es jedoch damals laut Soukup an finanziellen Mitteln. 1997 machte der Architekt schließlich dennoch ein Museum aus dem Kloster. Er veranstaltete dort regelmäßig Konzerte und präsentierte wechselnde Ausstellungen. So lief es bis 2007. In diesem Jahr gelang es Jan Soukup eine Vereinbarung mit dem Pilsener Kreisrat zu treffen: Das neue Diözesanmuseum sollte dem Westböhmischen Museum angegliedert werden. Die Renovierung des gotischen Bauwerks wurde aus EU-Geldern finanziert. Das Konzept des neuen Museums für Sakralkunst stammt von Jan Soukup:

Jan Soukup  (Foto: Martina Schneibergová)
„Ich wollte nicht, dass es wie eine Galerie gestaltet wird, wie es bei einigen Diözesanmuseen der Fall ist. Eher war es mein Ziel, in dem Museum das System und die Begriffe zu erläutern, die für unsere Vorfahren geläufig waren: wer die Heiligen, die zwölf Apostel, die vier Evangelisten oder die vierzehn Nothelfer waren. Oder auch, wie die Jungfrau Maria oder Christus dargestellt und wahrgenommen wurden. Dies wird hauptsächlich an gotischen Kunstwerken demonstriert. 90 Prozent aller Werke stammen aus der Gotik. Diese Tatsache hängt damit zusammen, dass wir nicht genügend Mittel für Heizung und Klimaanlage haben. Das Museum ist aus dem Grund nur von April bis zum 2. November geöffnet. Die gotischen Plastiken standen zuvor 600 oder 700 Jahre lang in Kirchen, in denen auch nicht geheizt wurde. Darum überstehen sie den Übergang von den Winter- zu den Sommertemperaturen sehr gut.“

Eine ganze Reihe gotischer Plastiken ist im Erdgeschoss des Museums zu sehen. In der ersten Etage wird die Geschichte der Diözese Pilsen dargestellt. Den Höhepunkt stellt dann die so genannte „Schatzkammer“ dar, in der wertvolle Monstranzen und andere Devotionalien gezeigt werden. Bewundern kann man dort auch ein Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren – die Madonna von Poleň / Pollin.

Aus St. Blasius wird St. Wolfgang

St. Wolfgang-Statue  (Foto: Martina Schneibergová)
Die ehemalige Klosterküche der Franziskaner wurde umgestaltet zum ersten Raum des Diözesanmuseums. Unter den ausgestellten Gegenständen weckt die Aufmerksamkeit vor allem ein Originalkoffer eines Feldgeistlichen der k. u. k. Armee. In einer Ecke des Saals kann man sich eine Vorstellung davon machen, wie eine Franziskanerzelle früher ungefähr ausgesehen hat. Durch das ehemalige Refektorium, das heute Sonderausstellungen Platz bietet, geht es in den Kreuzgang, in dem zahlreiche Heiligenplastiken zu sehen sind. Jan Soukup erklärt das Konzept der Dauerausstellung.

„Das ist die Statue des heiligen Matthäus. Es wird erklärt, wer das war, mit welchen Attributen er abgebildet wird und wessen Schutzheiliger er war. Erst ganz unten steht, woher die Plastik stammt. Diese andere Plastik stellte einen Bischof, den heiligen Blasius dar. Sie wurde in der Kirche in Krsy / Girsch gestohlen, in München ist sie schließlich wieder aufgetaucht. Doch in der Zwischenzeit hatte man die Blasius-Plastik in eine St. Wolfgang-Statue umgewandelt. Der heilige Wolfgang ist der Landespatron Bayerns. Möglicherweise glaubten die Diebe also, dass sie einen Wolfgang besser verkaufen könnten als einen Blasius. Der Blasius-Figur hatte man die Hand, in der er eine Kerze hielt, abgeschnitten. Die Kerze zählt zu den Attributen von Blasius. Dafür wurde eine neue Hand für die Plastik gebastelt, in der der Heilige Wolfgang eine Kirche hält.“

Foto: Martina Schneibergová
Bis auf eine Ausnahme stammen alle ausgestellten Plastiken aus den Depots der Diözese, wo sie zuvor aufbewahrt wurden. Jan Soukup wollte auch die böhmischen Landespatrone und die vierzehn heiligen Nothelfer in der Dauerausstellung zeigen. Zunächst ist es ihm aber nicht gelungen, Figuren von allen diesen Heiligen zusammenzutragen.

„Während der Suche ist mir eingefallen, dass es in der Nikolauskirche in Pilsen einige fast zertrümmerte Altäre sowohl für die böhmischen Landespatrone als auch für die vierzehn Nothelfer gibt. Ich habe die Verwalter der Kirche gebeten, diese Altäre dem Museum als Leihgabe zu überlassen. Wir ließen sie daraufhin restaurieren. Die Diebe, die auf den Altären herumklettert sind, haben sie stark beschädigt – einem Altar fehlen vier Figuren und einem anderen eine Plastik.“

Die Jungfrau Maria und ihre Darstellung in der Kunst ist ein weiteres Thema der Dauerausstellung im Kreuzgang. Zu sehen ist hier eine Marien-Statue von Matthias Bernhard Braun, es folgen verschiedene Madonnen. Die älteste davon stammt aus dem Jahr 1350. Auch dieses Kunstwerk habe Diebe angelockt, sagt Jan Soukup:

„Aus der Kirche in Seč / Setsch wurden vor einer Zeit einige gotische Plastiken gestohlen. Ich habe später ein Projekt zur Instandsetzung der dortigen Kirche geleitet. Wir wollten ein Gerüst hinter dem Altar bauen. Dort lagen verschiedene Gegenstände, darunter auch ein zusammengerollter Teppich. Wir haben ihn auseinandergerollt und diese Madonna gefunden. Ein Dieb hatte sie schon in den Teppich eingepackt, aber noch nicht weggebracht. Die Figur war aber schon beim Kulturministerium als gestohlen gemeldet.“

Gotische Wandgemälde  (Foto: Martina Schneibergová)
Wertvolle Ausstellungsstücke gibt es nicht nur in den Dauerausstellungen und der Schatzkammer. Bereits das historische Gebäude an sich stellt ein Exponat dar. Im Domsaal sind ursprüngliche gotische Wandgemälde mit Motiven aus dem Leben der heiligen Barbara zu bewundern. Zudem wartet dort auch die älteste Abbildung der Stadt Pilsen auf die Besucher.

Das Museum für Sakralkunst der Diözese Pilsen ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Besuchen kann man es von April bis zum 2. November.

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