Älteste Loretto-Kapelle in Böhmen: Kloster Hájek bei Prag

Foto: Martina Schneibergová

Das Franziskanerkloster Hájek / Waldl liegt nur etwa 15 Kilometer westlich von Prag entfernt. Vor allem in der Barockzeit war es ein beliebtes Ziel vieler Pilger. Seit den 1990er Jahren bemühen sich die Franziskaner aus Prag, das verfallene Klosterareal zu sanieren und es wenigstens während der Sommerzeit wieder zu nutzen.

Kloster Hájek  (Foto: Martina Schneibergová)
Für Wanderlustige ist es ein guter Tipp: das Franziskanerkloster Hájek. Denn das Kloster fahren weder Busse noch Züge an, und von der nächsten Bushaltestelle in der Gemeinde Červený Újezd sind es noch einige Kilometer bis zum Eingang ins Klosterareal. Von der Straße aus ist Hájek kaum zu sehen, denn die Gebäude sind hinter hohen Bäumen versteckt. Nicht zufälligerweise erhielt das Kloster schon früher den Namen Hájek – auf Deutsch Waldl. Durch ein Tor kommt man zu den Klostergebäuden, denen man ansieht, dass sie dringend eine Sanierung brauchen könnten. Jan Maria Vianney Dohnal ist Provinzial der Franziskaner in Tschechien. Am 1. Mai zelebrierte er unter freiem Himmel im Klosterhof einen Gottesdienst, mit dem die Pilgersaison sozusagen eröffnet wurde. Der Franziskaner erzählt, er habe das hiesige Kloster zum ersten Mal im Jahre 2000 gesehen, als er zum Provinzial gewählt wurde:

Foto: Martina Schneibergová
„Als ich sah, in welch desolatem Zustand sich das Kloster befand, war ich sehr traurig. Damals hat hier nebenan in einem Häuschen ein Ehepaar gewohnt, das versuchte, sich einigermaßen um das Areal zu kümmern. Der Elan dieser Leute und ihre Beziehung zu diesem Ort haben mich davon überzeugt, dass es Sinn hat, das Kloster überhaupt zu besuchen. Ich fing an, immer öfter hierherzufahren und allmählich habe ich den Ort in mein Herz geschlossen. Ich hatte noch einen anderen Grund dazu. Als mich die Mitbrüder zum Provinzial der Franziskaner wählten, haben mir einige der ältesten Ordensmitglieder von diesem Kloster erzählt. Sie haben mir gesagt: Du musst Kloster Hájek retten. Anfangs habe ich nicht verstanden, warum sie sich gerade für diesen Ort so stark einsetzten. Aber während der häufigen Besuche kam ich zum Schluss, dass es wirklich ein gesegneter Ort ist.“

Foto: Martina Schneibergová
Die Geschichte des Klosters Hájek begann im 17. Jahrhundert, als an diesem Ort eine Loretto-Kapelle erbaut wurde. Die Ländereien gehörten dem adeligen Ehepaar Žďárský, es ließ eine Kopie der so genannten „Casa Sancta“ aus dem italienischen Loreto errichten. Es handelt sich um eine der ersten Kopien des Heiligen Hauses von Loreto. Der Legende nach haben Engel im 13. Jahrhundert das Haus der heiligen Familie aus Nazareth nach Loreto in Italien übertragen. Die Kapelle in Hájek, sie wurde dann 1625 geweiht:

Foto: Martina Schneibergová
„Die Kapelle haben die Žďárskýs aus Dankbarkeit erbauen lassen. Denn sie hatten fünf Töchter, sehnten sich aber nach einem Sohn. Als der Sohn zur Welt kam, beschlossen sie, den Wallfahrtsort Loreto zu besuchen, um Gott zu danken. In Loreto haben die glücklichen Eltern dann die dortige Casa Sancta genau vermessen, für den Bau einer ähnlichen Kapelle in Böhmen. Die Loretto-Kapelle in Hájek ist schnell bekannt geworden und zog viele Pilger an. Um die Kapelle hat sich zu Anfang ein Eremit gekümmert, der hier lange Jahre gelebt hat.“

Schwarze Madonna  (Foto: Martina Schneibergová)
Als bereits Tausende von Pilgern jährlich nach Hájek strömten, wandte sich die Familie Žďárský an den Franziskanerorden. Sie bat den Orden, den Wallfahrtsort zu betreuen. 1659 wurde hier ein Kloster gegründet, dessen Bau sich jedoch über Jahre hinzog. Die Klostergebäude wurden um die Kapelle herumgebaut, die barocke Loretto-Kapelle befindet sich somit inmitten des Klosterareals. Der Provinzial macht auf die einzigartige Marienstatue aufmerksam:

„Diese Schwarze Madonna ist Teil eines herrlichen Barockaltars, der hier derzeit noch nicht wieder steht. Diese Statue haben die Žďárskýs im 17. Jahrhundert aus Italien mitgebracht, sie haben sie in Loreto fertigen lassen. Ich habe gelesen, dass die Casa Sancta in Loreto Anfang des 20. Jahrhunderts durch einen Brand beschädigt wurde. Dem Brand fiel angeblich auch die dortige Madonna zu Opfer. Hier in Hájek ist eine Madonna aus Loreto erhalten geblieben.“



Foto: Martina Schneibergová
Die Madonna von Hájek ist samt dem Barockaltar erhalten geblieben, auch wenn das ganze Kloster in den 1950er Jahren geplündert wurde. Kurz bevor die Kommunisten das Eigentum der Kirchenorden beschlagnahmten, beschlossen die Franziskaner von Hájek, den Barockaltar restaurieren zu lassen. Der Altar wurde darum aus dem Kloster transportiert. Er tauchte später als Nebenaltar in der Franziskanerkirche in Plzeň / Pilsen auf. Von dort wurde er vor etwa zehn Jahren in die Prager Franziskaner-Kirche Maria Schnee gebracht. Der Orden rechnet damit, den Originalaltar wieder in Hájek aufzustellen, sobald das Kloster besser in Stand gesetzt ist.

Pilgerkapelle
Hájek war ein beliebter Wallfahrtsort. In einer Chronik aus dem Jahr 1722 ist sogar von 60.000 Pilgern während eines Jahres die Rede. In den 1720er Jahren wurden dank mehrerer Mäzene insgesamt 20 Nischenkapellen entlang des Pilgerwegs erbaut, der von Prag nach Hájek führte.

„Diese kleinen Kapellen wurden damals sehr einfach gestaltet. Heute sind nur noch elf Original-Kapellen erhalten. In der oberen Hälfte jeder Kapelle befand sich ursprünglich eine Freske, auf der ein Ereignis aus dem Leben von Jungfrau Maria dargestellt wurde. In der unteren Hälfte gab es ein Bild aus dem Leben des heiligen Franziskus von Assisi. Die Pilger blieben vor jeder Kapelle stehen und beteten. Die Kapellen, die den Weg nach Hájek säumen, gehören nicht dem Franziskanerorden, sondern den Gemeinden, auf deren Gebiet sie stehen. Einige der Gemeinden kümmern sich sehr gut um die Barockkapellen. Auch wenn die Fresken nicht mehr erhalten geblieben sind, wurden die Kapellen in Stand gesetzt.“

Die Prager Pilger sind zu Beginn ihrer Pilgerfahrt meist festlich gekleidet und mit Gesang zum Strahov-Kloster gegangen. Dort zogen sich die Teilnehmer der Pilgerprozession um und zogen in Alltagskleidung am Kloster am Weißen Berg vorbei bis nach Hájek. Nach dem Gebet bei der letzten Kapelle vor dem Kloster zogen sich die Pilger meist wieder um. Festlich gekleidet betraten sie dann das Kloster Hájek, wo sie von den Franziskanern begrüßt wurden. Die Pilger verbrachten die Nacht üblicherweise in den Kreuzgängen des Klosters. Am nächsten Tag verabschiedeten sie sich nach einer Festmesse und der Predigt, und kehrten wieder zurück.

Im Jahre 1950 wurde das Kloster Hájek wie viele andere Klöster in der Tschechoslowakei in ein Internierungslager für Geistliche verwandelt. Drei Jahre lang diente das Areal als Gefängnis und Arbeitslager für Mitglieder verschiedener Kirchenorden. Ab 1953 nutzte die Armee die Klosterräumlichkeiten. Jan Maria Vianney Dohnal:

Foto: Martina Schneibergová
„Wir haben bereits ein wenig über diese Zeit in Hájek herausfinden können. Ansonsten sind die 37 Jahre während des Kommunismus in der Geschichte des Klosterareals ein geheim gehaltenes Kapitel. Niemand der früheren Armeeangehörigen, die hier damals stationiert waren, ist bereit, darüber zu erzählen. 1991 wurde das Kloster stark beschädigt an den Franziskanerorden zurückgegeben. Der Orden hatte damals wenige Mitglieder, und so war es in den ersten Jahren unmöglich, sich um eine Sanierung zu kümmern. Erst nach einigen Jahren fingen wir damit an. Zuerst mussten wir viel Beton und Gerümpel aus den Räumlichkeiten entfernen. Dann begannen wir mit einer Dachreparatur. Voriges Jahr wurde im Kreuzgang ein Altar aufgestellt, um hier Messen für die Pilger lesen zu können. Die kleine Loretto-Kapelle reicht nämlich nicht mehr aus. Am 1. Mai haben wir sozusagen die Pilgersaison eröffnet. Es werden hier während der Sommermonate etwa 14 Gottesdienste für die Pilger zelebriert. Zudem werden hier gelegentlich auch Messen für verschiedene Gruppen von Gläubigen gelesen, die hierherkommen, um bei den Sanierungsarbeiten zu helfen. Ich meine, dass Hájek ein von Gebeten erfüllter Ort ist. Die 350 Jahre, in denen hier die Ordensbrüder lebten, kann man nicht auslöschen.“

Foto: Martina Schneibergová
Das Kloster Hájek ist am einfachsten von der Bushaltestelle in der Gemeinde Červený Újezd zu erreichen. Oder man kann aus Prag auch mit der Bahn nach Jeneč reisen, von dort ist Hájek nur etwa drei Kilometer entfernt. Passionierte Pilger können auch vollständig zu Fuß von Prag nach Hájek gehen. Mehr Informationen über das Kloster finden Sie auf www.hajek.ofm.cz.

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