Zweite Lockerungswelle in Tschechien

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Am Montag ist das Leben in Tschechien um ein weiteres Stück normaler geworden. Es ist die zweite große Lockerungswelle aus den Corona-Maßnahmen. Sie macht nun zum Beispiel auch Kulturveranstaltungen wieder möglich oder den Besuch von Biergärten und Caféterrassen sowie den Betrieb von Einkaufszentren.

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Am meisten gerungen wurde wohl um die Öffnung der Schulen. Nun dürfen zumindest die Abschlussjahrgänge der Grund- und weiterführenden Schulen in die Klassenzimmer zurückkehren. Denn diese müssen sich auf die Prüfungen im Juni vorbereiten. Sie werden in Gruppen aufgeteilt. Aneta Lednová ist Sprecherin des tschechischen Bildungsministeriums:

„Die Höchstzahl von Schülern in einer Gruppe liegt bei 15. Dabei wird empfohlen, diese Gruppen jeweils nach den Klassenverbänden zusammenzustellen. Wer in welche Gruppe kommt, entscheidet der Schulrektor. Und die Gruppen bleiben unverändert bis zum Ende des Schuljahrs.“

Michal Černý  (Foto: Kateřina Součková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
An der Grundschule im Prager Stadtteil Klánovice haben sich 36 Kinder aus der neunten Klasse gemeldet, die auf eine weiterführende Schule wollen. Michal Černý leitet diese Bildungseinrichtung. Zudem ist er Vorsitzender der Rektorenkonferenz und sagt, dass die meisten tschechischen Grundschulen nur zweimal in der Woche wieder Unterricht in Klassenräumen organisieren. Der Rest erfolge weiter online beziehungsweise auf die Ferne.

Gestritten worden war, ob die Schüler auch in den Klassenzimmern einen Mundschutz tragen müssen. Letztlich ist das nicht nötig. Allerdings gehören in Tschechien zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer zu Risikogruppen. In Klánovice wurde das deswegen so gelöst:

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„Für den Schutz der Lehrer habe ich Plastikvisiere gekauft. Aber es liegt an ihnen, ob sie diese auch nutzen. Ich halte einen gewissen Schutz für angebracht. Selbst habe ich Probleme, wenn ich längere Zeit eine Atemschutzmaske tragen muss. Da ist das Visier eine gute Alternative“, sagt Rektor Černý.

Lange Diskussionen gab es in Tschechien auch darüber, ob Einkaufszentren jetzt schon wieder aufmachen sollen. Im Endeffekt entwarf der zuständige Verband ein Hygienekonzept. Die Regierung stimmte in Folge zu, schon zum 11. Mai keine Beschränkungen mehr hinsichtlich der Größe der Läden zu machen. In den Shopping Malls werden die Kunden daher nun auf Schritt und Tritt über die Abstandsregelungen informiert und zur Handhygiene angehalten. Besondere Maßnahmen betreffen die Kleiderläden und Schuhgeschäfte. Renata Povolná ist Sprecherin des Gesundheitsministeriums:

„Die Anprobe ist erst nach einer vorherigen Desinfektion der Hände des Kunden möglich. Falls das Kleidungsstück oder die Schuhe nicht gekauft werden, müssen sie nach der Anprobe für 24 Stunden gesondert aufbewahrt werden. Erst dann können diese Stücke erneut angeboten werden.“

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Welchen Zulauf die Kleidergeschäfte haben werden, wird sich noch zeigen.

Vor Anfragen kaum noch retten können sich die Frisöre. Auch sie dürfen – so wie Kosmetikstudios – ab Montag wieder ihre Dienste anbieten. Die Auftragsbücher von Lucie Uhlířová aus dem nordböhmischen Jablonec nad Nisou / Gablonz sind für die kommenden fünf Wochen voll. Am meisten kämpft sie aber mit den strengen Hygienemaßnahmen.

„Vielleicht gewöhne ich mich ja noch daran. Aber wir müssen einen Mundschutz und darüber noch ein Visier tragen – das ist nicht gerade komfortabel“, findet Lucie Uhlířová.

Nationalmuseum in Prag  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)
Auch die Frisöre hatten fast zwei Monate lang geschlossen und waren daher ohne Einkünfte geblieben. Viktor Borčický aus dem ostböhmischen Hradec Králové / Königgrätz ist froh, diese Zeit überstanden zu haben:

„Dass ich frei hatte, konnte ich durchaus genießen. Aber finanziell war es schwierig. Ich hatte nur die 25.000 Kronen monatlich vom Staat, mit denen ich gerade mal die Miete bezahlen konnte.“

Nur langsam wieder in Gang kommt die Kultur. Zunächst sind Veranstaltungen mit bis zu 100 Besuchern wieder erlaubt. Das heißt, Museen und Galerien können öffnen sowie Kinos und Theater. Die Zuschauerräume werden allerdings leerer sein als sonst, denn auch da gelten Abstandsregeln.

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„Bei festen Sitzreihen wird nur jede zweite besetzt. Außerdem dürfen maximal zwei Zuschauer nebeneinandersitzen, zu der nächsten Person muss mindestens ein Sitz Abstand sein“, so Renata Povolná, Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Bei freien Stuhlreihen gilt auch die Beschränkung von maximal zwei Menschen nebeneinander. Dazu kommen mindestens anderthalb Meter Abstand zum nächsten Stuhl.

Ebenso nur schrittweise geht es für das Gastgewerbe voran. Seit Montag dürfen Restaurants, Cafés und Bars zunächst nur ihre Außenbereiche wieder öffnen.