Zwei Wähler raten: Nutzt Privileg, an Präsidenten-Wahl teilhaben zu können

Margita Týnková und Matěj Bílek (Foto: Eva Turečková)

Zum zweiten Male nach 2013 haben die Tschechen die Möglichkeit, ihren Staatspräsidenten selbst zu wählen. Das führt unweigerlich zu Diskussionen, quer durch alle Familien, von den ältesten bis zu den jüngsten Wählern. Radio Prag hat zwei von ihnen befragt.

Margita Týnková und Matěj Bílek  (Foto: Eva Turečková)
Sie stehen exemplarisch für die breite Altersstruktur der tschechischen Wähler: Uroma Margita Týnková und ihr Urenkel Matěj Bílek aus Liběchov in Mittelböhmen. Während sich die 92-Jährige an alle bisherigen Präsidenten der Tschechoslowakei und der Tschechischen Republik aus eigenem Erleben gut erinnern kann, hofft Gymnasiast Matěj auf eine gute Wahl für seine Zukunft. Was beide eint, ist die klare Vorstellung, welche Persönlichkeitsmerkmale ein guter Präsident für das Amt mitbringen sollte.

„Es muss ein richtiger Kerl sein, der auch möglichst gut aussieht. Er muss intelligent, nett und anständig sein. Er muss aufrichtig sein und muss sich um sein Volk kümmern“, sagt die Rentnerin.

Urenkel Matěj hat diese Meinung:

„Er soll die Tschechische Republik nach außen gut repräsentieren. Er sollte ein guter Diplomat und ein anständiger Mensch sein. Das Aussehen spielt für mich keine große Rolle. Würde er sich aber besonders extravagant geben, wäre das für mich eher ein Minuspunkt. Von seiner Körperhaltung kann ich jedoch einiges ableiten. Am Wichtigsten aber ist, was er sagt und für welche Werte er steht.“

Ludvík Svoboda | Foto: Tschechischer Rundfunk
In dieser Hinsicht sammelt Erstwähler Matěj derzeit auch seine ersten Erfahrungen mit den neun Kandidaten, die zur Wahl stehen. Urgroßmutter Margita dagegen hat viel zu erzählen, wenn sie sich die Präsidenten der Ersten und der Zweiten Tschechoslowakischen Republik sowie der ČSSR in Erinnerung ruft:

„Edvard Beneš und Ludvík Svoboda, das waren nach Masaryk auch zwei Persönlichkeiten. Klement Gottwald hingegen war nur eine Marionette im Machtspiel der kommunistischen Partei. General Svoboda aber stand zu seiner Sache. Antonín Zápotocký wiederum war eher ein volkstümlicher Präsident.“

Tomáš Garrigue Masaryk | Foto: Josef Jindřich Šechtl,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0
Alle Genannten stünden jedoch im Schatten eines Mannes, den viele Tschechen einst, und einige der Älteren noch heute verehren: Staatsgründer Tomáš Garrigue Masaryk. Margita Týnková nennt den Grund:

„Ich habe bis heute das Bild von Masaryk im Kopf. Während meine Erinnerung an alle anderen Staatsoberhäupter schon etwas verschwommen ist, geht mir Masaryk nicht aus dem Sinn. Er war wirklich wie der Vater aller Tschechen.“

Eine solch romantische Vorstellung vom ersten Mann des Staates wird Schüler Matěj wohl kaum entwickeln. Doch er weiß die Möglichkeit, einem Kandidaten seine Stimme geben zu können, durchaus zu schätzen:

„Ich denke, dass die Direktwahl nur eine andere Form ist, um eine Entscheidung zu fällen. Die Direktwahl reflektiert zum Beispiel die Stimmung in der Bevölkerung. Durch sie kommen andere Kandidaten zum Zuge, und auch das Ergebnis fällt anders aus. Für mich ist es gewiss ein Privileg, dass ich an der Wahl teilhaben kann, aber es würde mich auch nicht grämen, wenn ich es nicht könnte.“

Im Gymnasium in Mělník wollen viele seiner Mitschüler ebenso von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, ergänzt Matěj:

Foto: ČTK
„Am Gymnasium beobachte ich, dass die große Mehrzahl der Schüler politisch interessiert ist. Darum ist die Präsidentenwahl für sie auch ein Thema, das sie nicht kalt lässt. Oft höre ich aber auch die Meinung, es sei nicht wichtig zu wählen, weil man eh nichts beeinflussen könne. Dieser Ansicht kann ich nur zum Teil zustimmen, jedenfalls meine ich: Jeder sollte seine Chance nutzen.“

Das wollen Margita und Matěj auf jeden Fall. Dabei versicherte die betagte Dame gegenüber Radio Prag, dass sie höchstpersönlich zur Wahlurne schreiten werde. Nach der Schließung der Wahllokale würden sie mit großer Spannung auf das Ergebnis warten, sagten beide unisono. Wobei die Urgroßmutter hinzufügt:

„Ich werde nichts essen, sondern vorm Fernseher sitzen, um nichts zu verpassen. Wie mein Urenkel werde ich neugierig sein und auf das Ergebnis ´gespannt sein wie ein alter Regenschirm´.“