Zum 100. Geburtstag von Bohumil Hrabal

Bohumil Hrabal (Foto: ČT24)

Kaum ein literarisches Jubiläum wurde in der letzten Zeit so ausgiebig gefeiert, wie derzeit der 100. Geburtstag von Bohumil Hrabal. An den Schriftsteller wird mit Ausstellungen, Theatervorstellungen und Happenings in seiner Geburtsstadt Brno / Brünn erinnert – ebenso wie in der Stadt seiner Jugend, Nymburk, und in Kersko, wo sein Wochenendhaus stand. In Prag finden wiederum eine große Ausstellung sowie eine wissenschaftliche Konferenz statt. Der Verlag Mladá fronta gibt zum Jubiläum eine mehrbändige Ausgabe seiner Bücher heraus.

Bohumil Hrabal  (Foto: ČT24)
Bohumil Hrabal ist einer der originellsten und meist übersetzten tschechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Er wurde am 28. März 1914 geboren. Bis zu seinem dritten Lebensjahr lebte er bei den Großeltern in Brünn, danach bei seiner Mutter auf dem Gelände der Brauereien in Polná und in Nymburk:

„Die Brauereien in Polná und in Nymburk, einige Pferde und die Arbeit in der Mälzerei – schon in den Kinderjahren war ich davon so fasziniert, dass ich nicht schlafen konnte. Um fünf Uhr morgens war ich angezogen und schaute, wie die Pferde angeschirrt wurden.“

Foto: Verlag Mladá fronta
Die Brauerei als Ort wurde später zu einer bedeutenden Inspirationsquelle des Autors. Doch eigentlich hatte Hrabal Jura studiert. Anstatt aber nach dem Abschluss 1946 Anwalt zu werden, übte er verschiedene Arbeiterberufe aus: Er arbeitete im Stahlwerk, in einer Altpapiersammelstelle oder als Kulissenschieber im Theater. Diese Erfahrungen nutzte er für seine Texte. Erst im Jahr 1963 gab er sein Erstlingswerk heraus, „Das Perlchen auf dem Grund“, und hatte auf Anhieb enormen Erfolg. Bis 1968 veröffentlichte Hrabal mindestens einen Titel pro Jahr. Die Leser waren von seinem Erzählstil des geschwätzigen „Bafelns“ fasziniert sowie von den neuen Themen, die er in die Literatur einbrachte. Der Archivar Petr Kotyk beschreibt Hrabals Arbeitsweise:

„Morgens hat er sich mit Kaffee und Zigarette in Stimmung versetzt. Als er sich in einem halbhungrigen und halberregten Zustand verschärften Bewusstseins befand, schrieb er. Aber nur kurz. Er verbrachte keine langen Stunden am Schreibtisch. Was er schreiben wollte, verfasste er morgens oder vormittags. Nach dem Mittagessen ging er zur Erledigung anderer Sachen über, und um drei Uhr saß er in der Kneipe. Er hatte seine Tagesordnung und hat das Schaffen nie als einzig Existenzielles erlebt.“

Foto: Verlag Suhrkamp
Hrabal hat seine Texte wiederholt verändert und umgeschrieben. Dieser Prozess hing nicht nur mit dem Streben nach literarischer Qualität zusammen, sondern auch mit dem Druck des damaligen Regimes: Zensoren zwangen ihn oft, den Inhalt seiner Bücher zu ändern. In der Zeit der Normalisierung folgte ein Publikationsverbot. Trotzdem sind in dieser Zeit der 1970er Jahre einige von Hrabals bekanntesten Werken entstanden. Dazu gehören der epische Roman „Ich habe den englischen König bedient“ und die Erzählung „Die Schur“. Hrabal stand damals zwischen der offiziellen und der verbotenen Literatur. Seine Werke wurden sowohl im Samisdat veröffentlicht, als auch – nach Eingriffen der Zensoren – in offiziellen Verlagshäusern.

Der Literaturhistoriker Tomáš Pavlíček hebt von seinen Werken die Erzählung „Allzu laute Einsamkeit“ hervor. Sie handelt von Hanta, der seit 35 Jahren in einer Altpapiersammelstelle arbeitet. An der mechanischen Presse vernichtet er alte Bücher – und damit Kultur, Wissen und Leben. Dem Text aus dem Jahre 1976 gingen drei Varianten voraus.

Tomáš Pavlíček  (Foto: YouTube)
„Die Erzählung gehört zu den besten und wichtigsten seiner Werke. Sie ist ein sehr genaues Zeugnis der Zeit, als kulturelle Werte vernichtet wurden. Gleichzeitig enthält das Werk einen persönlichen Aspekt. Es hat, wie weitere Werke, mehrere Schichten, und ist auch für den Leser attraktiv.“