Wenn zwei sich streiten: Die Becherovka-Story

Der Becherovka Likör aus Karlsbad gehörte schon in der ehemaligen Tschechoslowakei zu den kulinarischen Besonderheiten. Seit einiger Zeit nun streiten sich zwei Firmen darum, wer den wirklich authentischen Likör herstellt. Und da gehen die Gräben quer durch die ehemalige Republik. Tschechien und die Slowakei beanspruchen beide das alleinige Herstellungsrecht. Und dieser Streit beschäftigt auch die Gerichte. Ein Bericht von Alexander Schneller.

Wenn du zum ersten Mal in Prag bist", meinte vor vielen Jahren ein guter Freund von mir, ""dann musst du drei Dinge tun: Erstens den Hradschin besuchen, zweitens tschechisches Bier und drittens einen Becherovka trinken." Ja, der Becherovka, das wissen alle, die irgendwann einmal in Prag gewesen sind, das ist dieser bitter-süsse Likör, der scherzhaft auch die 13. Quelle von Karlsbad genannt wird und der die Geister scheidet. Da gibt es die einen, wie zum Beispiel den amtierenden tschechischen Ministerpräsidenten oder auch mich, die dieses Getränk zu allen möglichen Gelegenheiten durchaus schätzen. Und dann gibt es die anderen, zu denen gehören auch einige meiner besten Freunde, die nach dem ersten Schluck die Miene bedrohlich verziehen, igitt sagen und nie mehr einen Schluck davon trinken. Wie auch immer, es handelt sich schliesslich einfach um eine Geschmackssache.

Der Becherovka ist aber seit einiger Zeit auch aus anderen Gründen ins Gerede gekommen. Solange die Tschechoslowakei ein einheitlicher Staat war, gab es keine Probleme, was die Echtheit des Getränks betraf. Wie auch das gesamte sonstige Leben war alles vereinheitlicht. Seit der Wende aber stellt sich die, offenbar schwierige, Frage: Wer braut den echten Becherovka? Natürlich, sollte man meinen, wird der einzig wahre und echte Becherovka in Karlsbad hergestellt. Denkste! Auch die Slowakei, man kann es ja verstehen, will etwas vom Kuchen abschneiden. Deshalb behauptet Zdenìk Hoffmann schon seit geraumer Zeit, er besitze die Herstellungsrechte für den wahren Becher-Likör. Das Rezept, dessen Zusammensetzung nach wie vor, ob in Tschechien oder der Slowakei, geheim und unbekannt ist, soll besagter Hoffmann der slowakischen Firma Dajk geschenkt haben. Die Rechtslage war insofern etwas verworren, als der slowakische Becherovka schliesslich aufgrund eines Lizenzvetrags hergestellt wurde, den sie von Frau Jiøína Hoffmannová, der Mutter des Unternehmers Zdenìk Hoffmann aus Doma?lice, gekauft hat. Aber das Original eines Geschenk- oder Lizenzvertrags des legendären Alfred Becher legte die Familie Hoffmann bisher bei keinem Gericht vor. Denn die verwirrliche Sache beschäftigt die Gerichte schon seit längerem.

Als bekennender Freund des Getränks stelle ich mir allerdings ernstlich die Frage, ob dieses juristische Hin und Her überhaupt von Bedeutung ist. Schmeckt der tschechische Becher wirklich anders als der slowakische? Wie auch immer: Das Gericht hat, zum zweiten Mal übrigens, entschieden. Zugunsten des wirklich einzig und allein echten Karlsbader Bechers, gegen den slowakischen Ableger. Die slowakische Firma muss, man höre und schaudere, den bereits hergestellten Likör sowie die verwendeten Etiketten, die den echten täuschend ähnlich sehen, vernichten. Schade, kann ich da nur sagen.

Allerdings gibt Zdenìk Hoffmann offenbar noch nicht so schnell auf. Angeblich will er seine Produktionslizenz weiterverkaufen, unter anderem auch an russische Interessenten. Dann gibts wohl einen Becher(v)odka! Ausserdem kann der Entscheid des, im übrigen slowakischen, Kreisgerichts Presov noch angefochten werden. So ist es also möglich, dass die ganze Sache noch längst nicht ausgestanden ist.

Mir ist das allerdings egal. Solange der Becherovka nach Becherovka schmeckt, trinke ich ihn mit Genuss.