Versöhnungskreuz – ein Impuls zum Nachdenken

Versöhnungskreuz (Foto: Martina Schneibergová)

Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs war ein großer Teil des Böhmerwaldes abgeriegeltes Militärsperrgebiet. Viele der grenznahen Dörfer wurden dem Boden gleichgemacht. An die verschwundene Gemeinde Zhůří / Haidl am Ahornberg erinnern heute eine kleine Kapelle und ein Versöhnungskreuz. Am vergangenen Samstag wurde an dem Ort ein Gottesdienst zelebriert.

Foto: Martina Schneibergová

Petr Koutský  (2. von rechts) und Adolf Pintíř  (ganz rechts). Foto: Martina Schneibergová
Bei Regen und Kälte haben sich die Gläubigen um die Kapelle herum versammelt. Auch einige Wanderer stießen dazu, die gerade einen Ausflug durch den Nationalpark unternahmen. Der Sakralbau wurde vor 20 Jahren in die heute menschenleere Gegend gebaut. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Zhůří rund 620 Einwohner. Es waren vor allem Deutsche, die nach dem Krieg vertrieben worden sind. Pfarrer Petr Koutský erinnerte an die Spuren, die in der Landschaft immer noch zu erkennen sind. Dazu gehören seinen Worten zufolge die teilweise gepflasterten Waldwege, die die Bewohner aus der Umgebung früher genutzt haben, um die Pfarrkirche von Zhůří zu erreichen. Doch schon vorher passierten hier schlimme Gräuel. Koutský fügte hinzu:

Kriegsdenkmal  (Foto: Martina Schneibergová)
„Der Ort, an dem wir stehen, ist durch die bitteren Ereignisse vom Kriegsende gekennzeichnet. Schuld daran hatten damals junge fanatisierte Männer, die durch die NS-Ideologie manipuliert worden waren. Die ganze Geschichte ist am nahe stehenden Denkmal beschrieben. Dies sollte uns eine Warnung davor sein, wie einfach ein Mensch durch Ideologien oder falsche Versprechen manipulierbar ist.“

Die jungen Männer, die der Pfarrer erwähnt hat, stammten von einer SS-Unteroffizierschule, die sich nicht weit von hier befand. Ihr Befehlshaber nutzte die Euphorie des Kriegsendes eiskalt aus, um heranrückende US-Truppen in einen Hinterhalt zu locken. Der Offizier ließ weiße Fahnen an den Häusern anbringen und stellte dort zwei vorher erbeutete US-Geländewagen auf. Ein Vortrupp der US-Armee tappte in die Falle, da sie der Meinung war, dass der Ort bereits unter der Kontrolle der US-Soldaten sei. Seit 19 Jahren erinnert ein Denkmal an die gefallenen GIs.

Auf dem Weg zwischen der Kapelle und dem Kriegsdenkmal wird seit einigen Jahren ein Versöhnungskreuz aufgebaut. Der Initiator Kamil Kosturik dazu:

„Die Tradition stammt eigentlich aus dem Mittelalter. Derartige Versöhnungskreuze wurden an Orten aufgestellt, wo etwas Böses passiert war. Und hier spielte sich viel Schlimmes ab. Es ist vermutlich wenig bekannt, dass einige Kilometer von hier zwölf Frauen bestattet sind, die während des Todesmarsches aus dem KZ gestorben sind.“

Versöhnungskreuz  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Bauarbeiten am Versöhnungskreuz wurden vor kurzem beendet. Monsignore Adolf Pintíř, der aus dem Böhmerwald stammt, hat es am Samstag gesegnet.

„Das Versöhnungskreuz hat meiner Meinung nach auch eine Bedeutung für die Zukunft. Die Kapelle, das Denkmal, das Kreuz, an dem die Wanderer vorbeigehen, bieten eine Gelegenheit dazu, sich Fragen zu stellen. Wie hat es hier früher ausgesehen? Was hat sich hier abgespielt hat? Wo hat der Eiserne Vorhang entlanggeführt? Es gibt in der Landschaft Impulse, um nachzudenken.“

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