Verfassungsgericht: Väter sollen kostenlos bei der Geburt ihres Kindes dabei sein können

Foto: Shawn Anderson, CC BY-NC 2.0

Das tschechische Verfassungsgericht hat ein für werdende Eltern wichtiges Urteil gefällt: Krankenhäuser sollen keine Gebühren mehr für die Anwesenheit des Vaters bei der Geburt erheben. Das Gericht gibt damit einem Vater aus Nordböhmen Recht. Dieser hatte sich wegen der Gebühr durch die Institutionen geklagt.

Foto: Shawn Anderson,  CC BY-NC 2.0
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass ein werdender Vater die Geburt seines Kindes miterlebt. Im Grunde ist dies in Tschechien seit vier Jahren auch geltendes Recht. Viele tschechische Geburtskliniken stellen aber dafür Bedingungen: Sie erheben Gebühren für die Anwesenheit Dritter im Kreißsaal. Zwischen 100 und 1500 Kronen (3,50 bis 60 Euro) fallen dabei an. Dem frischgebackenen Vater Martin Franěk stieß diese Praxis sauer auf. Er klagte sich durch alle Instanzen und bekam nun Recht vom tschechischen Verfassungsgerichtshof:

„Warum mich diese Gebühr stört? Ganz einfach: Warum sollte ich dafür bezahlen, dass ich den Lebensbeginn meines Sohnes miterlebe? Bei einer Geburt kann alles Mögliche passieren. Ich als Vater bin derjenige, der fast alles entscheidet, was das Kind betrifft. Von der kleinsten Untersuchung bis zum schlimmsten Fall.“

Jaromír Jirsa  (Foto: Archiv des tschechischen Verfassungsgerichtes)
Das Verfassungsgericht zeigte Verständnis für den Vater und untersagte die Gebühren für die bloße Anwesenheit einer weiteren Person. Der Verfassungsrichter Jaromír Jirsa zu dem Urteil:

„Wir sind zu folgender Entscheidung gekommen: Eigentlich ist es nicht ausgeschlossen, dass die Krankenhäuser Gebühren für die Anwesenheit einer weiteren Person verlangen. Jedoch handelt es sich hierbei um ein gesetzlich festgeschriebenes Recht des Vaters. Die Krankenhäuser müssen also konkrete Leistungen in Rechnung stellen.“

„Nadstandard“ – wörtlich übersetzt „Über dem Standard“ – heißen die von Jirsa gemeinten Leistungen im Tschechischen. Es handelt sich um jegliche Zusatzservices, die nicht unmittelbar etwas mit der Geburt oder der Anwesenheit des Vaters zu tun haben: von Geburtsvorbereitungskursen, über Verpflegung bei der Geburt bis hin zum Einzelzimmer für Frau und Kind. Jaromír Jirsa weiter:

Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
„Die Gebühr, falls sie erhoben wird, muss klar abgegrenzt, vorher bekannt und vor allem fair sein. Sie darf nicht abschrecken. Insbesondere darf sie aber den Vater nicht daran hindern, sein verbrieftes Recht wahrzunehmen, der Geburt seines Kindes beizuwohnen.“

Auch das Gesundheitsministerium unterstützt das Urteil. Jedoch räumt man den Krankenhäusern einen gewissen Spielraum bei ihren Preislisten ein. Sie sollen selbst entscheiden, welche Leistungen kostenpflichtig sein sollen und welche nicht.

Vertreter der Krankenhäuser fühlen sich durch das Urteil jedoch vor den Kopf gestoßen. Man sehe nicht ein, dass mehr Arbeit für das Personal nicht auch in Rechnung gestellt werden sollte. Man sieht die gesamte Diskussion als medial aufgebauscht und weitab der Klinikrealität. Jaroslava Kunová ist Vorsitzende des tschechischen Krankenhausverbandes:

Jaroslava Kunová  (Foto: Noemi Fingerlandová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Wenn der Vater bei der Geburt dabei ist, müssen wir ihm auch einen bestimmten Service bieten. Die qualifizierte Hebamme, die eigentlich für die werdende Mutter da ist, muss sich um eine weitere Person kümmern. Dadurch kann es sein, dass die Mutter selbst zu kurz kommt.“

Die Krankenhäuser dürften aber am meisten die Einnahmen schmerzen, die ihnen entgehen. Die Gewinne werden im Millionenbereich angesetzt.

Der Ruf der tschechischen Geburtskliniken ist im Grunde gut. Doch wird ihnen oft Überheblichkeit und ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis vorgeworfen. Einen Aufschrei verursachte im vergangenen Jahr der Dokumentarfilm „Pět zrození“, „Fünf Geburten“, des Tschechischen Fernsehens über die Geburtsstation eines Prager Krankenhauses.