Und die Tschechen sind doch multikulti…

Mammutjäger (Foto: Charles Robert Knight, Public Domain)

Slawen, Kelten und Germanen – die Tschechen gehören laut Genetikern zu den buntesten Völkern Europas.

Haplogruppe R1a in Europa  (Quelle: Crates,  CC BY-SA 4.0)
Ach, die Deutschen und die Tschechen. Immer wieder in der Vergangenheit war das Verhältnis zwischen beiden nicht so gut. Doch im Grunde ist man gar nicht so verschieden, zumindest von der Abkunft her und auf der tschechischen Seite. Das erklärt die Genetikerin Lucie Benešová. Sie arbeitet für das Unternehmen Genomac, das genetische Stammbäume erstellt:

„Neben der slawischen Haplogruppe R1a ist bei den Tschechen die sogenannte Haplogruppe R1b stark vertreten, die vor allem bei den Kelten und Germanen dominant ist. Wir erklären uns das aus den historischen Zusammenhängen, da das Gebiet Tschechiens massiv von den Nachbarregionen beeinflusst war. Vor allem aus Deutschland und Österreich, wo diese Haplogruppe ganz klar überwiegt.“

Zur Erinnerung für alle, die in Biologie nicht aufgepasst haben: Vereinfacht gesagt ist die Haplogruppe eine Gruppierung von genetischen Merkmalen, die nur bei bestimmten Individuen vorkommt. Durch die Bestimmung von Haplogruppen kann man beispielsweise die Verwandtschaftsverhältnisse, oder eben die Herkunft eines Menschen bestimmen.

Mammutjäger  (Foto: Charles Robert Knight,  Public Domain)
Nur ein Drittel der Tschechen ist Lucie Benešová zufolge genetisch tatsächlich slawisch, weitere 35 Prozent haben germanisch-keltische Wurzeln. Interessant ist, dass ganze 18 Prozent der Tschechen scheinbar Vorfahren haben, die bereits vor 35.000 Jahren in den böhmischen Eiszeitsteppen Mammuts jagten. Wiederum sechs Prozent der Böhmen und Mährer teilen sich ihre Gene mit den Albanern und Berbern und vier Prozent mit den Georgiern.

Eigentlich ist Tschechien also doch sehr multikulti, obwohl das Wort hierzulande nicht gerne gehört wird. Lucie Benešová meint aber, dass eigentlich alle Völkerwanderungen der Geschichte im Genpool der Tschechen bemerkbar machen:

„Man kann tatsächlich sagen, dass Tschechien das Herz, beziehungsweise die wahre Mitte Europas ist. Im Gegensatz zu den anderen Völkern Europas haben die Tschechen genetisch keine klare Herkunft.“

Lucie Benešová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Genomac hat für die Studie hauptsächlich DNA-Proben aus der Nationalen genografischen Datenbank untersucht. Dort ist Gen-Material von 4500 tschechischen Männern gelagert. Nur durch die männliche Linie kann nämlich ein genetischer Fußabdruck festgestellt werden, der sich dann auch geografisch einordnen lässt.

Wie sieht es denn jetzt aber mit einem Urvater der Tschechen aus, wie es ihn ja die alten tschechischen Legenden besingen? Laut Lucie Benešová gibt es keinen Urtschechen in eigentlichen Sinn. Jeder habe seinen persönlichen Urvater, einen sogenannten „Adam des Y-Chromosoms“, so die Genetikerin. Diesen könne man aber wunderbar definieren:

„Wir können den ‚Urvater‘ eines Menschen bis zu 100.000 Jahre zurückverfolgen. Denn das Y-Chromosom ist der einzige Bestandteil der DNA, der sich über Generationen hinweg unverändert vererbt.“