Griechische Behörden wollen Tschechien bei der Aufnahme syrischer Kriegswaisen helfen.
Illustrationsfoto: Syrische Kinder in Aleppo (Foto: Charles Roffey, Flickr, CC BY-NC-SA 2.0)
Tschechien wollte bisher offiziell nicht einmal Flüchtlingskinder
aufnehmen. Diese Haltung könnte sich nun aber ändern. Die
christdemokratische Europaabgeordnete Michaela Šojdrová sondiert seit
September, wie sich 50 syrische Kriegswaisen aus Flüchtlingslagern in
Griechenland hier herbringen ließen. In den vergangenen Tagen hat die
Politikerin dazu Gespräche mit den griechischen Behörden geführt.
Martina Schneibergová fasst zusammen.
Die griechischen Behörden wollen mit Tschechien in der Frage der syrischen Kriegswaisen zusammenarbeiten. Dies teilte die christdemokratische Europaabgeordnete Michaela Šojdrová am Mittwoch nach ihrer Rückkehr aus Griechenland mit. In Athen besuchte sie unter anderem ein Heim für minderjährige Flüchtlinge ohne Begleitung. An der Reise nahm auch der Leiter der tschechischen Organisation für Flüchtlingshilfe (Organizace pro pomoc uprchlíkům), Martin Rozumek, teil. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:
Martin Rozumek (Foto: Jana Přinosilová, Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„In Griechenland befinden sich mehr als 3000 minderjährige Flüchtlinge,
die keinerlei Begleitung haben. Rund 2000 von ihnen leben unter miserablen
Bedingungen, viele sogar auf der Straße. Mehrere Hundert Kindern sind in
Einrichtungen untergebracht, die für sie nicht geeignet sind. Wir haben
auch ein Heim im Stadtzentrum von Athen besucht. Dieses war gut
ausgestattet, das ist aber eher die Ausnahme.“
Die Europaabgeordnete Šojdrová ließ nach der Rückkehr aus Griechenland verlauten, sie wolle über die Ergebnisse der Reise zunächst mit Premier Andrej Babiš (Ano-Partei) und mit dem Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, Jan Hamáček (Sozialdemokraten), persönlich sprechen. Sie fände es nicht gut, die beiden Politiker nur über die Medien zu informieren, so die Christdemokratin. Babiš hat bisher die Aufnahme von Kriegswaisen abgelehnt, seiner Ansicht nach sollte ihnen außerhalb Tschechiens geholfen werden.
Michaela Šojdrová (Foto: ČT24)
Michaela Šojdrová hat in Griechenland nicht nur mit den dortigen
Behörden verhandelt. Sie traf auch mit Vertretern internationaler
Organisationen zusammen, die dem Land bei der Bewältigung der
Flüchtlingskrise helfen. Laut Šojdrová äußerten sich die griechischen
Behörden positiv darüber, dass in Tschechien ein funktionsfähiges System
für die Aufnahme von Kindern ohne Begleitung aus dem Ausland besteht.
Besonders hätten sie die Tatsache gelobt, dass Familien bereit seien, sich
um die Waisenkinder zu kümmern. Martin Rozumek erinnerte daran, dass die
griechische Regierung dringend noch vor Beginn des Winters die
überfüllten Flüchtlingslager entlasten möchte.
Flüchtlingslager (Foto: Štěpán Macháček, Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die Aufnahme der Kinder in Tschechien müsste auf offiziellem Weg über
die staatlichen Behörden abgewickelt werden. Dies darf keine Aktion von
Hilfsorganisationen oder von einer Europaabgeordneten sein. Die
tschechischen Behörden müssen sich dem also anschließen. Ich bin aber
überzeugt, dass sie dies auch tun werden. Denn die griechische Seite hat
enormes Interesse an der Zusammenarbeit. Sie haben uns mit offenen Armen
empfangen.“