Tschechischer Premier für Zögern bei Sanktionen gegen Russland vom Koalitionspartner kritisiert

Bohuslav Sobotka (Foto: ČTK)

Die EU beschloss auf ihrem Gipfel am Wochenende, binnen einer Woche über weitere Sanktionen gegen Russland zu entscheiden. Der Grund ist die Zuspitzung der Lage in der Ostukraine. Der tschechische Premier Bohuslav Sobotka äußerte sich jedoch zurückhaltend. Dafür wurde er nicht nur von der Opposition, sondern auch aus den Reihen der Regierungskoalition kritisiert.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Bislang liegt in Brüssel kein konkreter Vorschlag für härtere Sanktionen gegen Russland vor. Die Tschechische Republik und einige weitere Länder deuteten aber schon im Voraus an, dass sie möglicherweise nicht allen neu beschlossenen Maßnahmen zustimmen würden. Der tschechische Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) sprach zwar am Sonntag ausdrücklich von einer russischen Invasion in der Ukraine, anstelle von weiteren Sanktionen schlug er aber nur diplomatische Verhandlungen vor. Über den von ihm in Brüssel geäußerten Standpunkt sagte der Sozialdemokrat:

„Ich habe es für meine Pflicht gehalten, eine Debatte über die Effektivität unserer Maßnahmen und über die Strategie der EU zu eröffnen. Es ist nicht möglich, immer neue Wirtschaftssanktionen zu verhängen, die sich nicht nur auf Russland, sondern auch auf die EU selbst auswirken werden.“

Pavel Bělobrádek  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Die zögerliche Haltung des Premiers wies der Parteichef der kleinsten Regierungspartei, der Christdemokraten, Pavel Bělobrádek, entschieden zurück:

„Wir müssen Sanktionen verhängen. Wir können uns nicht so verhalten wie die westlichen Länder 1938 vor dem Abschluss des Münchener Abkommens und kurz danach. Das dürfen wir der Ukraine nicht antun.“

Vizepremier Bělobrádek ist davon überzeugt, dass die EU einheitlich vorgehen muss. Auch wenn die Sanktionen der Tschechischen Republik etwas kosten werden, sei dies der Preis für Werte und Prinzipien, so der Christdemokrat:

Krise in der Ukraine  (Foto: ČTK)
„Die EU muss mit der Ukraine solidarisch sein. Denn diplomatische Verhandlungen, wie sich bisher gezeigt hat, helfen nicht. Wir können nicht so tun, als ob uns der Konflikt nicht betreffen würde. Dort herrscht Krieg, da müssen wir mit bestimmten Einschränkungen im Wirtschaftsbereich rechnen. Es ist übrigens klar, dass dieses Szenario von Russland bereits in Georgien und in Moldawien angewendet wurde. Jetzt wiederholt sich dasselbe in der Ukraine. Ich meine, dass es an der Zeit ist, zu sagen: ´Es reicht´!“

Für weitere Sanktionen gegen Russland sprachen sich auch die Vertreter der tschechischen konservativen Oppositionsparteien aus. Der Vorsitzende der Partei Top 09 und Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg äußerte dazu:

Karel Schwarzenberg  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Ich hoffe, dass Russland die weiteren Sanktionen stark spüren wird. Die Tschechische Republik soll sich als ein treues Mitglied der Nato und der EU sowie als ein guter Nachbar der Ukraine hundertprozentig den Sanktionen anschließen.“

Der Vizechef der Top-09 Miroslav Kalousek bezeichnete die Erklärung des Premierministers als eine Schande. Die Haltung eines Landes, die den Einmarsch fremder Armeetruppen am eigenen Leib erlebte, muss Kalousek zufolge eindeutig sein. Der Europaabgeordnete der konservativen Bürgerdemokraten Jan Zahradil warf dem tschechischen Premier vor, dass er seine Haltung zur Ukraine-Krise immer wieder ändert. Wenigstens verbal sollte sich der Premier laut Zahradil solidarisch zeigen und sich dem Mainstream in der EU anschließen.