Tschechische Dolmetscher in der EU

Die Erweiterung der Europäischen Union bedeutet nicht zuletzt für tschechische Dolmetscher eine schlagartige Veränderung in ihrer Arbeit. In dem folgenden Bericht stellt Ihnen Christoph Amthor zwei Tschechinnen vor, die in Brüssel die sprachliche Vielfalt zu beherrschen helfen.

Der Unterschied zwischen einem Übersetzer und einem Dolmetscher ist schnell erklärt: Der Übersetzer arbeitet schriftlich, der Dolmetscher mündlich. Diese einfache Tatsache hat für einen Dolmetscher zur Folge, dass er immer am Ort des Geschehens sein muss. Für die tschechischen Kollegen heißen diese Ort seit dem ersten Mai vor allem Straßburg, Luxemburg und natürlich Brüssel. Amalaine Diabova, Vorsitzende des Verbandes der Dolmetscher und Übersetzer mit Sitz in Prag, kann einen starken Zuwachs an Aufträgen seit dem ersten Mai bestätigen. Ihre Kollegen fliegen nun für mehrere Tage oder sogar Wochen pro Monat zu den Schaltstellen der Europapolitik, wie sie nicht ganz ohne Sorge zu berichten weiß:

"Das wiederum hat Leute aus dem Tschechischen Markt abgezogen, ich weiß, dass sich die Nachfrage nach Dolmetschern, die hier weiter zur Verfügung stehen, sehr erhöht hat."

Die Europäische Union lege, so Diabova weiter, besonders Wert auf die Kenntnis vieler Sprachen.

"Was ein bisschen im Widerspruch zu den Gewohnheiten bei uns steht, wo es die Tendenz gibt, viel Wert auf die Qualität der einen Sprache zu legen, in der man so gut wie möglich, vielleicht sogar perfekt in beide Richtungen übersetzen können soll."

Natürlich wird von tschechischer Seite auch das Deutsche als Quell- und Zielsprache angeboten. Daniela Tamasova hat in Bratislava Sprachen studiert und dolmetscht seit 1989 Deutsch und Englisch. Seit dem ersten Mai hat sie beruflich schon etwa fünf bis sechs Wochen in Brüssel verbracht. Über ihre Arbeit fern ab der Heimat kann sie nicht klagen:

"Das Arbeitsklima finde ich sehr gut, im Vergleich zu hier. In erster Linie sind die Arbeitsbedingungen ganz hervorragend, das beginnt mit den wunderbar ausgestatteten und sehr geräumigen Kabinen, mit den ganz perfekt funktionierenden technischen Vorrichtungen und Dolmetschanlagen, die sich auf dem modernsten Stand der Technik befinden, es gibt zwei Sitzungssäle im Ministerrat in Brüssel, die schon mit zwanzig Kabinen, also dem kompletten Sprachregime ausgestattet sind, für jeweils drei Dolmetscher pro Kabine."

Zu Problemen kann es etwa dann kommen, wenn einfach nicht zu verstehen ist, was der Sprecher sagen will:

"Es ist ja allgemein bekannt, dass die Tschechen und Slowaken und allgemein viele Menschen aus dem einstigen Osteuropa nicht so sprachgewandt sind wie zum Beispiel im Westen Europas, wo man es schon seit Jahrzehnten gewöhnt ist, öffentlich zu diskutieren. Und da lässt diese Sprachkultur noch viel zu wünschen übrig. Da müssen dann die Dolmetscher die Aussagen vieler Deligierter ausbessern, damit sie auch für die westlichen Partner verständlich sind."

Und auch der Bürger wird eine Abmilderung des EU-Kauderwelsches sicher dankbar entgegen nehmen.