Tschechien ist nicht Japan - „kein Grund, einer medialen Hysterie zu verfallen“

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Die Nachrichtenticker spucken seit Tagen und rund um die Uhr Meldungen über die Atomkatastrophe in Japan aus. In Deutschland war sofort die Diskussion um eine Laufzeitverlängerung der AKWs neu entbrannt. Menschen gingen auf die Straße und forderten den Atomausstieg. Bundeskanzlerin Merkel ordnete die Abschaltung alter Kernkraftwerke an. Tschechien dagegen scheint eine Oase der Ruhe. Zwar diskutieren auch hier die Experten aus der Wissenschaft und vom Amt für Reaktorsicherheit in den Medien. Eine Frage steht dabei aber kaum auf der Tagesordnung: Soll auch Tschechien sein „Ja“ zum Atomstrom überdenken? Jetzt hat sich auch die Regierung geäußert.

Atomkraftwerk Fukushima  (Foto: ČTK)
Tschechien hat zwei Atomkraftwerke: das südmährische Dukovany und das von österreichischer Seite seit Jahren bekämpfte südböhmische Temelín, dessen Erweiterung um zwei Blöcke schon lange auf der Tagesordnung steht. Eine ernstzunehmende gesellschaftliche Debatte über einen Atomausstieg hat es in Tschechien noch nie gegeben. Und das trotz der Tatsache, dass es noch nicht einmal ein Endlager für den atomaren Müll gibt. Auch die Atomkatastrophe in Japan hat noch keine größere Diskussion über die eigenen AKWs ausgelöst. Die Regierung hat erst Tage später, am Dienstag, diese Frage aufgegriffen. Premier Nečas:

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
„Ich sehe keinen Grund dafür, irgendeiner medialen Hysterie zu verfallen. Wir wissen, dass die Ursachen in Japan zwei unglaubliche Naturkatastrophen waren: Zum einen das Erdbeben mit einer Stärke von fast neun auf der Richterskala. Zum anderen – und das hat alles übertroffen – die Tsunamiwelle, die höher war als 7,5 Meter, während die Sicherheitsstandards für 6,5 Meter ausgelegt waren.“

Mit einem Wort: Tschechien ist nicht Japan – Naturkatastrophen könnten in Böhmen und Mähren getrost ausgeschlossen werden.

„Unsere Kernkraftwerke sind auf dem Fundament des böhmischen Massivs erbaut. Das ist einer der tektonisch stabilsten Orte auf diesem Planeten und in Europa überhaupt. Und bekanntlich droht in Tschechien auch kein Tsunami. Wir würden es also als unseriös betrachten, auf diese Weise die Öffentlichkeit zu beunruhigen. Der Betrieb der Kraftwerke läuft standardgemäß, in hohem Maße wird auf die Sicherheit geachtet. Das Staatliche Amt für Reaktorsicherheit wertet normgemäß den Betrieb unser beiden Kernkraftwerke aus, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass irgendeine Katastrophe droht.“

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Auch gegen Terrorangriffe, so hieß es jedenfalls in den letzten Jahren immer wieder, seien die eigenen Atomkraftwerke gewappnet. Die tschechische Regierung vollzieht in diesen Tagen nach der Natur- und während der Atomkatastrophe in Japan keine Kehrtwende in der Energiepolitik. Aber mit der immer größeren werdenden Strahlung, die das havarierte Kraftwerk Fukushima unkontrolliert abgibt, zeigt sich die tschechische Regierung besorgt um die eigenen Bürger in Japan. Und sie will handeln, wie Premier Nečas erklärt.

Illustrationsfoto: Europäische Kommission
„Die tschechische Regierung hat sich entschlossen, auf die Naturkatastrophe in Japan zu reagieren, indem sie zwei Militärflugzeuge des Typs Airbus A-319 entsendet. Sie sollen in Absprache mit der tschechischen Botschaft in Japan einige tschechische Bürger evakuieren. Wenn die Kapazitäten der beiden Flugzeuge von fast 140 Plätzen nicht ausreichen, dann sind wir natürlich bereit, sie noch einmal auf den Weg zu schicken.“