Syrien: Pläne für Kriegswaisen-Zentrum geplatzt

Syrien (Foto: World Humanitarian Summit, Flickr, CC BY-ND 2.0)

Tschechiens Premier Andrej Babiš wollte in Syrien ein Zentrum für Kriegswaisen einrichten lassen. Es sollte ein Vorzeigeprojekt werden, um die Kinder nicht nach Tschechien holen zu müssen. Nun ist das Vorhaben jedoch gescheitert.

Syrien  (Foto: World Humanitarian Summit,  Flickr,  CC BY-ND 2.0)

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
An nichts sollte es den Kriegswaisen mangeln in dem Zentrum, das Premier Andrej Babiš in Syrien aufbauen lassen wollte. Unterkünfte, Schulen, Freizeitaktivitäten – alles sollte dort vereint sein. Der Ano-Politiker reagierte mit den großen Plänen auf einen Vorschlag der Europaabgeordneten Michaela Šojdrová vom vergangenen Jahr. Die Christdemokratin wollte 50 unbegleitete syrische Flüchtlingskinder aus griechischen Auffanglagern nach Tschechien holen. Doch das passte nicht in Babišs offizielle Politik der rigorosen Ablehnung von Flüchtlingen, deswegen wollte er ein Projekt vor Ort fördern. Letztlich gab es konkrete Pläne, die tschechische Regierung engagierte bereits eine Firma für die Umsetzung des Kriegswaisen-Zentrums. Doch nun kam der Rückschlag. Babiš sagte gegenüber der Wochenzeitung Respekt, Zitat:

Michaela Šojdrová  (Foto: Khalil Baalbaki,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die syrische Seite hat uns gesagt, sie möchte nicht, dass wir das machen. Sie hat einen eigenen Plan vorgelegt, der aber etwa sechs Mal so teuer war. Unser Vorhaben war da vernünftiger. Wir konnten uns also nicht einigen, weshalb wir das Ganze nun nicht mehr weiterverfolgen.“

Michaela Šojdrová ist enttäuscht vom Scheitern des Projekts. Dennoch sieht sie die Schuld nicht nur bei Andrej Babiš und versteht ein Stückweit sogar die Gründe für den Rückzug des Premiers aus dem Vorhaben. Im Tschechischen Fernsehen sagte sie:

„Die Lage in Syrien ist wirklich nicht stabil. Deshalb ist es nicht unbedingt einfach, solche Dinge zu verabreden. Auch war die Herangehensweise des Premiers nicht optimal. Er hätte nicht als Privatperson verhandeln sollen, sondern im Namen der Tschechischen Republik. Es sollte eine Hilfsleistung unseres Staates sein. Da hat es womöglich einen Fehler in der gegenseitigen Kommunikation gegeben. Alles in allem tut es mir sehr leid, dass das Zentrum nun nicht realisiert wird.“

Syrische Kinder in einem Flüchtlingslager  (Foto: U.S. Department of State,  Flickr,  Public Domain)
Die EU-Parlamentarierin warnt aber davor, von weiteren Hilfsmaßnahmen abzusehen. Man sollte wieder einen Blick in die Flüchtlingslager in Griechenland werfen, so Šojdrová. Denn dort seien immer noch viele Minderjährige ohne ihre Eltern, die Unterstützung benötigten. Außerdem müsste man den Syrern auch weiterhin eine Hand reichen:

„Ich habe dem zugestimmt, dass man den Kindern in Syrien helfen muss. Ich habe mir von dem Plan versprochen, dass der Premier sich persönlich für die Umsetzung einsetzt. Mir tut es deshalb sehr leid, dass er nun von dem Projekt zurücktritt. Meiner Meinung nach sollte man die Idee nicht aufgeben und Syrien vielleicht irgendwie anders helfen.“

Unterdessen ist erneut die Debatte entbrannt, wie sinnvoll überhaupt eine Hilfe für Kriegswaisen vor Ort sei. Die Chefin der Tschechien-Filiale von Unicef, Pavla Gomba, sieht das Vorhaben generell kritisch. Im Tschechischen Fernsehen sagte sie:

Pavla Gomba | Foto: Eva Dvořáková,  Tschechischer Rundfunk
„Wenn wir uns das Projekt anschauen – oder zumindest das, was in den Medien präsentiert wurde –, dann rettet ein Zentrum für 65 bis 100 Kinder sicher nicht ganz Syrien. In dem Land gibt es derzeit 2,6 Millionen Kinder, die ihr Heim verloren haben und dringend Hilfe benötigen. Wir von Unicef unterstützen eher Lösungen im Rahmen der Familie oder des unmittelbaren Umfelds der Minderjährigen. Der Bau irgendwelcher Einrichtungen sollte also wirklich die allerletzte Lösung sein.“

Und auch der Leiter der tschechischen Organisation für Flüchtlingshilfe, Martin Rozumek, hält das Vorhaben eines Zentrums für Kriegswaisen in Syrien für wenig sinnvoll:

„Bei der Rückführung eines Minderjährigen ohne Begleitung muss es ganz besondere Garantien geben. Das ist schon in viel sichereren Ländern sehr schwierig. Deshalb war dieses Projekt in meinen Augen von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Mich überrascht es also wirklich nicht, dass es so gekommen ist.“