Sympathie und Unverständnis für Proteste

Foto: Martina Schneibergová

Er werde nicht zurücktreten. Das war die Antwort von Premier Andrej Babiš auf die Demonstranten, die am Sonntag in Prag ihre Stimme gegen seine Regierung erhoben haben. Wir fassen die Reaktionen der Politiker auf die Protestkundgebung zusammen.

Foto: Martina Schneibergová

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
Premier Andrej Babiš (Partei Ano) ließ bis Montag mit einer Reaktion auf die Protestkundgebung warten. Erst in einer Rede auf einer Konferenz von Wirtschaftsdiplomaten in Prag sagte er:

„Der Tschechischen Republik geht es so gut wie nie zuvor. Wir sind eines der sichersten Länder. Unsere Regierung hat viel Geld in die Wirtschaft, in Gehälter, in Investitionen, in Wissenschaft und Forschung sowie in den sozialen Bereich gepumpt. Mir scheint, dass die Menschen nur noch unzufriedener sind, je mehr Geld wir investieren. Das ist eine merkwürdige Lage.“

Er sehe keinen Grund zum Rücktritt, so Babiš.

Unmittelbar nach der Demonstration hoben Politiker der Parlamentsparteien hervor, dass die Bürger ihre Meinung frei geäußert hätten. Positiv reagierte vor allem die konservative Opposition. Der stellvertretende Chef der Bürgerdemokraten (ODS), Martin Kupka, kommentierte gegenüber dem Tschechischen Fernsehen:

Ivan Bartoš  (Foto: Archiv der tschechischen Piratenpartei,  Flickr,  CC BY-SA 2.0)
„Es ist vor allem eine klare und freie Äußerung der Meinung von vielen Tausenden Menschen. Jeder vernünftige Politiker muss das mit Respekt betrachten. Die Menschen machen auf ernste Probleme in Tschechien aufmerksam.“

Ivan Bartoš ist Vorsitzender der Piratenpartei:

„Der Druck von außen ist wichtig, um nötige Veränderungen zu erreichen. Ein strafrechtlich verfolgter Premier darf sein Amt nicht ausüben. Das gilt ganz abgesehen davon, ob jemand irgendwo demonstriert oder nicht. Was sich mit den Demonstrationen beeinflussen lässt, sind erforderliche Gesetzesänderungen.“

Der stellvertretende Ano-Parteichef und Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Radek Vondráček lobte trotz Kritik an den Inhalten die Form des Protests:

Tomio Okamura  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)
„Ich schätze es, dass der Protest diese Form hat und unsere Gesellschaft den demokratischen Rahmen einhält. Mit dem Inhalt und den Ansichten bin ich aber nicht einverstanden.“

Tomio Okamura ist Chef der Rechtsaußen-Partei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD). Er unterstellte den Organisatoren der Massenkundgebungen, sie zielten auf die Macht:

„Hier geht es wohl nicht um die Demokratie, sondern um etwas anderes. Die Tatsache, dass die Bürger ihre Meinung äußern, egal welche, unterstützen wir als Partei hingegen.“

Die Christdemokraten gehören zu jenen konservativen Oppositionsparteien, die in dieser Woche ein Misstrauensvotum gegen Babiš planen. Ihr Vorsitzender Marek Výborný äußerte Sympathie für die Protestkundgebungen der vergangenen Wochen:

„Sie zeigen, dass die Leute nicht gleichgültig sind. Dass es ihnen nicht egal ist, in welchem Zustand sich die Tschechische Republik und die öffentliche Verwaltung befinden. Ich begrüße es, dass die Menschen öffentlich ihre Meinung kundtun, und zwar in einer sehr anständigen und kultivierten Form. Das gehört zur Demokratie und ist richtig so.“