Reiseführer über das besetzte Prag erhält tschechischen Buchpreis

Foto: Verlag Academia

Am Dienstag wurde der Magnesia Litera verliehen. Dies ist der wichtigste tschechische Literaturpreis, der jedes Jahr in mehreren Kategorien an herausragende Autoren, Übersetzer und Verleger vergeben wird. Diesmal machten sich Textkünstler in acht Kategorien Hoffnungen, eine der begehrten Glastrophäen zu erhalten.

Jiří Padevět  (Foto: ČTK)
Zum ersten Mal ein Sachbuch: Jiří Padevět erhielt für seinen „Reiseführer durch das Prag des Protektorats“ nicht nur den begehrten Magnesia Litera für Sachliteratur, sondern auch den mit 200.000 Kronen dotierten Preis (für das) „Buch des Jahres“. Mit dem Erfolg hatte der Autor nicht gerechnet:

„Das Buch ist kein reines Fachbuch, ich bin auch kein professioneller Historiker. Es war eher ein Hobby von mir. Ich denke, alle nominierten Werke waren qualitativ sehr gut, aber die Jury hat sich für mein Werk entschieden.“

„Reiseführer durch das Prag des Protektorats“  (Foto: Verlag Academia)
Jiří Padevět ist Direktor des Fachverlags Academia, sein 800-seitiges Werk lässt sich wohl nicht wirklich auf einen Spaziergang durch Prag mitnehmen. Im Buch wird die Atmosphäre im besetzen Prag in den Jahren 1939 bis 1945 geschildert und illustriert. Der Autor beschreibt sein Werk als Sammlung starker Geschichten, die den Widerstand der Bevölkerung verdeutlichen würden.

Der Preisträger einer weiteren Kategorie lässt sich dagegen von einem Teil der deutschen Geschichte inspirieren. Emil Hakl alias Jan Beneš verknüpft in seiner Erzählung geschickt die Geschichte der westdeutschen linken Terrorgruppe RAF mit der Lethargie, die er in der gegenwärtigen tschechischen Gesellschaft spürt. Dafür hat „Eine wahre Begebenheit“ den Magnesia Litera in der Kategorie Prosa erhalten.



Emil Hakl  (Foto: ČTK)
„Ich habe versucht, meine Meinung auszudrücken, aber das Buch ist keine grundlegende Äußerung meiner Verärgerung. Stattdessen versuche ich zu definieren, was mir an der derzeitigen Lage nicht gefällt.“

Die Handlung dreht sich um drei Freunde, von denen einer durch eine Zwangspfändung aufgrund einer banalen Forderung sein Haus verliert. Sie setzen sich zusammen, um einen Plan auszuhecken, wie sie den Staat bekämpfen könnten. Dabei lassen sie sich von der RAF beeinflussen.

Kateřina Rudčenková  (Foto: ČTK)
In der Kategorie Lyrik gewann die 38-jährige Kateřina Rudčenková. Im Jahr 2003 war ihr schon der Hubert-Burda-Preis verliehen worden. Den Magnesia Litera erhielt sie am Dienstag für „Chůze po dunách“ (Gang durch die Dünen). Über ihren Gedichtband sagt sie:

„Meine Sammlung heißt ‚Gang durch die Dünen‘, weil ich den dritten Teil im Baltikum geschrieben habe. Die wunderschöne Dünenlandschaft ist irgendwie zu einem Abbild meiner inneren Welt geworden. Vielleicht habe ich die Sammlung aber auch so genannt, weil das Wandern der Dünen eine Metapher für den Gang des Lebens ist.“

Robert Svoboda  (Foto: ČTK)
Einen weiteren Magnesia Litera erhielt Robert Svoboda für seine Übersetzung von Péter Esterházys „Harmonia caelestis“ aus dem Ungarischen ins Tschechische. Daneben wurden noch die Preise für das beste Kinder- und Jugendbuch (Der Kopf im Kopf) sowie für die beste Herausgeberschaft (Geschichte der Länder der böhmischen Krone) verliehen. Den Leserpreis erhielt der Schauspieler Zdeněk Svěrák, als Entdeckung des Jahres wurde der Arzt Jan Trachta ausgezeichnet. Im Roman „Der stille Atem“ hatte Trachta seine Erlebnisse bei der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ literarisch verarbeitet.