Prag wird neues Raumfahrt-Zentrum der EU

Sitz der GSA in Prag (Foto: ŠJů, Wikimedia Commons, CC BY 4.0)

Prag wird voraussichtlich ab 2021 Sitz der neuen EU-Weltraumagentur EUSPA. Diese ist als Erweiterung der Satellitennavigations-Agentur GSA vorgesehen, die schon seit 2010 ihr Hauptquartier an der Moldau hat. Politik und Wirtschaft wollen Tschechien aber jetzt schon zu einer europäischen Raumfahrt-Großmacht machen.

Sitz der GSA in Prag  (Foto: ŠJů,  Wikimedia Commons,  CC BY 4.0)
Im Prager Stadtteil Holešovice befindet sich der Sitz der GSA. Sie ist das Hirn des europäischen Navigationssatellitensystems Galileo. Karel Dobeš hat die EU-Agentur als Sonderbeauftragter der Regierung im Jahr 2010 nach Prag geholt. Vor gut zwei Jahren sagte er gegenüber Radio Prag:

„Damals wurde ein harter Kampf ausgefochten, weil es elf Interessenten gab. Wir mussten uns aktiv anbieten. Der Kampf ging bis November 2010, erst da entschieden die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel zugunsten der Tschechischen Republik. Dann wurde zwei Jahre lang der Sitz vorbereitet, und 2012 bezog die GSA mit 40 Mitarbeitern die Gebäude. Heute sind hier 200 Menschen beschäftigt. Die Organisation entwickelt sich weiter. Es ist die einzige rein technische Agentur der EU, und ihre Zukunft sieht nicht schlecht aus.“

Galileo-Satellit  (Foto: ESA-Anneke Le Floc'h,  Archiv der Europäischen Weltraumorganisation,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0 IGO)
Statt den bisher 200 Angestellten könnten schon bald 700 Menschen im futuristischen Neubau in Holešovice arbeiten. Die Europäische Union will das GSA ab 2021 nämlich erweitern. Ab da wird Prag Sitz der neuen EU-Weltraumagentur EUSPA, wie das tschechische Verkehrsministerium am Mittwoch bestätigte. Damit sollen nun auch das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus und das europäische Weltraummüll-Monitoring SSA von Tschechien aus gesteuert werden. Die Erweiterung ist Teil eines langfristigen Plans der EU, konkurrenzfähiger im Kosmos zu werden. In den kommenden sieben Jahren will sie ganze 16 Milliarden Euro in Weltraumaktivitäten investieren, das sind 30 Prozent mehr als in der vergangenen Haushaltsperiode.

Das motiviert auch Tschechien, noch aktiver in diesem Bereich zu werden. Prag will unter anderem seinen Beitrag für die Europäische Weltraumorganisation Esa aufstocken. „Wir erhöhen das Budget um weitere elf Millionen Euro auf insgesamt knapp 59 Millionen Euro“, sagt Václav Kobera, der beim Verkehrsministerium für die Raumfahrt zuständig ist.

Karel Dobeš  (Foto: Kadofr,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)
Insgesamt will man attraktiver werden für Unternehmen, die Technik für die Raumfahrt liefern. Dabei sind viele Firmen hierzulande jetzt schon ganz vorne mit dabei beim Wettlauf ins All. Rund 50 Unternehmen aus Tschechien gelten als feste Partner der Esa. Unter anderem produzieren sie Solarpanels für Satelliten oder optische Systeme für die Steuerung und Beobachtung von künstlichen Erdtrabanten. So bauen beispielsweise die Firmen ATC Space und OHB Czechspace aus dem westböhmischen Klatovy / Klattau Halterungen für Hilfsmotoren an der neuen Ariane-6-Rakete. Pavel Dobeš ist Geschäftsführer der beiden Unternehmen:

„Ich wage zu behaupten, dass unser Produkt eines der entscheidenden Bestandteile jenes neuen Raketensystems ist, das im kommenden Jahr ins All fliegen soll.“

Doch tschechische Firmen sind auch bei der Entwicklung neuer Technik mittlerweile Weltspitze. BD Sensors stellt sogenannte Superkondensatoren her. Die kleinen Boxen sind so eine Art Einweg-Powerbank für Satelliten. „Das Gerät ist deshalb revolutionär, da es die bisher sehr schweren Akku-Batterien ersetzt“, erläutert Marek Šimčák. Er leitet den Tech-Betrieb aus dem ostmährischen Buchlovice / Buchlowitz.

Die Esa hat übrigens das Potential der tschechischen Köpfe erkannt und betreibt einen eigenen Inkubator in Prag. Derzeit werden 20 Firmen vom sogenannten Esa BIC gefördert.