Neuer Streit um Babišs Rolle bei Agrofert

Andrej Babiš (Foto: ČTK / Michal Krumphanzl)

Medien haben am Freitag einen vorläufigen Bericht der Europäischen Kommission zum mutmaßlichen Interessenskonflikt von Tschechiens Premier Andrej Babiš veröffentlicht. Der tschechische Regierungschef verweist jedoch darauf, schon länger nicht mehr an der Spitze seines Ex-Konzerns Agrofert zu stehen. Nun will sich aber auch die Staatsanwaltschaft mit der Causa befassen.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Michal Krumphanzl)
„Mit allen Mitteln will ich gegen diese Desinformationen kämpfen. Tschechien wird keine Fördermittel zurückgeben, ich sehe da nicht den geringsten Grund dazu.“

So reagierte Tschechiens Premier Andrej Babiš am Freitag im Abgeordnetenhaus auf den vorläufigen Bericht der Europäischen Kommission zu seinem mutmaßlichen Interessenskonflikt. Das eigentlich vertrauliche Papier war Ende vergangener Woche aus Brüssel an die zuständigen Stellen in Prag geschickt worden, Medien hatten den Text dennoch veröffentlicht. Darin bestätigt die Kommission den Verdacht, dass Andrej Babiš immer noch an der Spitze seines Ex-Konzerns Agrofert steht, und dass der Premier sich wegen EU-Fördergeldern an das Unternehmen in einem massiven Interessenskonflikt befindet. Eigentlich hatte Babiš seine Firma wegen seines politischen Engagements an zwei Treuhandfonds übergeben. Die Kommission fordert laut dem Bericht nun, dass Agrofert auch die Beiträge zurückzahlen sollte, die der Konzern sei 2017 erhalten hat – insgesamt geht es dabei um 451 Millionen Kronen (17,4 Millionen Euro).

Marie Benešová und Pavel Zeman  (Foto: ČTK / Roman Vondrouš)
Babiš selbst zeigt sich bisher wenig nervös. Gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks betonte der Ano-Parteichef, dass der Bericht nur vorläufig sei:

„Schon im März 2017 haben die Zeitungen getitelt, dass wir Fördermittel zurückgeben müssten. Anderthalb Jahre später hat die Kommission dann gesagt, dass sich kein Verdacht bestätigt habe und wir unser Geld behalten könnten. Ich denke deshalb, dass sich auch hier der Standpunkt der EU ändern wird.“

Rückendeckung bekommt der Premier dabei von Justizministerin Marie Benešová. Die Politikerin hat Babiš ihr volles Vertrauen ausgesprochen und sieht keine Gesetze verletzt. Zuständig für die Bewertung des Brüsseler Berichts ist nun das Finanzministerium. Dieses wartet zunächst einmal auf eine tschechische Übersetzung des Textes. Ressortchefin Alena Schillerová erläutert das weitere Vorgehen:

Alena Schillerová  (Foto: ČTK / Michal Krumphanzl)
„Laut den Prinzipien in der EU haben wir zwei Monate Zeit, um auf den Befund zu reagieren. Bis dahin handelt es sich bei dem Papier um ein vorläufiges und vertrauliches Dokument, das nicht kommentiert werden sollte.“

Gerade der Umstand, dass sich nun Personal von Babišs Partei Ano um die ganze Sache kümmern soll, stößt der konservativ-liberalen Opposition sauer auf. Jan Skopeček ist Wirtschaftsexperte der Bürgerdemokraten:

„Es ist untragbar, sich in dieser Causa auf die Beamten der Ano-geführten Ministerien zu verlassen. Man kann hier nicht warten, bis alles ausgesessen ist. Immerhin geht es hier nicht um irgendeinen Unternehmer, sondern um eine Person, die eben auch Premier der Tschechischen Republik ist.“

Das Abgeordnetenhaus will sich am Dienstag noch einmal mit der ganzen Angelegenheit befassen. Manche Politiker der Opposition fordern sogar ein Misstrauensvotum gegen Babiš. Laut dem christdemokratischen Ex-Landwirtschaftsminister Marian Jurečka hat der Milliardär nämlich viel zu erklären:

Jan Hamáček  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
„Ein verantwortungsvoller Premier hätte gesagt: ‚Wir untersuchen das und nehmen es nicht auf die leichte Schulter‘. Vor allem würde er nicht behaupten, dass alles nur eine Kampagne gegen ihn sei. Genau so handelt ein verantwortungsbewusster Premier nicht, wenn er zudem ein reines Gewissen hat.“

Übrigens unterstützen auch die Sozialdemokraten als Juniorpartner in der Koalition mit Ano eine weitere Debatte im Parlament. Dazu Parteichef Jan Hamáček:

„Sollte sich zeigen, dass Fördergelder unrechtmäßig ausgezahlt wurden, dann sollten sie rückerstattet oder halt eingetrieben werden. Wir wollen vom Premier und den zuständigen Ministern wissen, wo sie den Ausweg aus dieser Sache sehen.“

Foto: Thomas Quine,  Flickr,  CC BY 2.0
Doch nicht nur in der Politik streitet man über den mutmaßlichen Interessenskonflikt von Premier Babiš. Auch die Justiz hat bereits spitze Ohren bekommen. Oberstaatsanwalt Pavel Zeman hat in einer Talkshow des Tschechischen Fernsehens am Sonntag angekündigt, sich den Bericht der Europäischen Kommission genauer anschauen zu wollen:

„Wir starten nun eine Analyse, denn die Lage ist laut dem Bericht sehr ernst. Tatsächlich besteht der Verdacht einer Straftat. Sollten dazu weitere Informationen nötig sein, dann müssen wir diese besorgen. Also, wer die Förderanträge gestellt hat, wie sie genau aussahen oder wie die beteiligten Akteure jeweils reagiert haben. Vor allem deshalb ist diese Ermittlung so kompliziert, weil wir alle möglichen Aspekte berücksichtigen müssen.“

Premier Babiš sieht / hält den Vorstoß des Anklägers jedoch für überstürzt:

„Dieser vorläufige Bericht, der uns hier vorliegt, ist unverbindlich und obendrein voller faktischer Fehler. Es ist noch zu früh, überhaupt etwas dazu zu sagen. Ich kann einfach nicht glauben, dass ein Fachmann wie der Oberstaatsanwalt zu so voreiligen Schlüssen kommt und nicht den endgültigen Wortlaut des Berichts abwartet.“