Neue Abhöraffäre: Präsident Klaus lud Premier Gross auf die Prager Burg

Aus der Korruptionsaffäre rund um den Abgeordneten Zdenek Koristka ist mittlerweile auch eine Abhöraffäre geworden. Zu den jüngsten Entwicklungen in der Causa hören Sie mehr von Gerald Schubert:

Zdenek Koristka steht zwar am Anfang der längst nach ihm benannten Bestechungsaffäre, aber mittlerweile eigentlich nicht mehr in ihrem Zentrum. Zumindest was die Medienberichterstattung der letzten Tage betrifft. Im August hatte der liberale Regierungsabgeordnete Koristka angegeben, die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei ODS wollte bei der Vertrauensabstimmung im Parlament seine Stimme kaufen. Und zwar um 10 Millionen Kronen, immerhin mehr als 300.000 Euro. Nach seither endlosen Vorwürfen und Gegenvorwürfen spielten am Dienstag gar die beiden ranghöchsten Politiker des Landes, nämlich Präsident Václav Klaus und Premierminister Stanislav Gross, die Hauptrollen in dem Drama. Im Zuge der Ermittlungen wurden nämlich auch Telefongespräche abgehört, unter anderem von Personen, die gerade der ODS nahe stehen. Und deren Ehrenvorsitzender ist niemand anderer als Präsident Klaus. Fazit: Auch er könnte dem großen Lauschen zum Opfer gefallen sein.

Nun entwickelte sich daraus eine allgemeine Debatte über Abhörmaßnahmen. Medienberichten zufolge liegt Tschechien da im internationalen Vergleich weit vorne: Auf 100.000 Bewohner kommen hierzulande hundert abgehörte, schrieb etwa am Sonntag die Zeitung "Nedelní svet" unter Berufung auf das deutsche Max Planck Institut. In Deutschland sind es demnach fünfzehn, in Österreich neun. Dazu Präsident Václav Klaus:

Stanislav Gross und Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
"Wenn die Zahlen, die in den Medien angegeben werden, richtig sind, und die Anzahl der Abhörungen dramatisch höher ist als sonst wo in der Welt, dann ist das eine Sache, über die wir ernsthaft nachdenken müssen."

Premierminister Gross sieht das anders. Er sagt, Polizei und Justizbehörden sollen gerade in der heiklen Causa Koristka in Ruhe arbeiten können, ohne politisch unter Druck gesetzt zu werden.

Am Dienstag jedenfalls hat der Präsident den Premier zu sich auf die Prager Burg gebeten. Er wolle eine Aussprache mit dem Regierungschef über die seiner Meinung nach skandalöse Abhörpraxis im Land. Fazit der Unterredung: Die von Klaus angeregte Abberufung von Polizeichef Jirí Kolár wird es vorerst nicht geben. Gross hat Klaus allerdings versprochen, ihm umfangreiches Material über die Lauschpraxis in Tschechien zur Verfügung stellen. Auch Gross selbst erwartet sich von einem solchen Schritt einige Vorteile:

"Ich bin überzeugt davon, dass dieses Material zur Entspannung der Atmosphäre führt und die Öffentlichkeit nicht mehr so beunruhigt sein wird, wie sie das derzeit aufgrund einiger Nachrichten und einiger Aussprüche sein könnte."