Premier Petr Nečas und sein Regierungsteam haben am Freitag das Vertrauen des Abgeordnetenhauses erhalten. 105 Abgeordnete stimmten für das Mitte-Rechts-Kabinett. Nečas stellte die Vertrauensfrage, nachdem die Partei der öffentlichen Angelegenheiten die Regierungskoalition verlassen hatte. Die Demokratische Bürgerpartei (ODS) von Nečas und die Partei Top 09 von Außenminister Karel Schwarzenberg werden nun zusammen mit einer Splittergruppe der VV-Partei um Vizepremierministerin Karolína Peake und einigen weiterhin regierungstreuen VV-Abgeordnete weiterregieren. Die Opposition ist jedoch überzeugt, dass die Koalition bereits bei den nächsten wichtigen Abstimmungen an ihre Grenzen stoßen könnte.
Petr Nečas (Foto: ČTK)
Es war am Freitag nach acht Uhr abends, als das Ergebnis feststand: Von 198
anwesenden Abgeordneten stimmten 105 Stimmen für Premier Nečas. Das war
besser als erwartet und bildete den Schlusspunkt eines Schlagabtausches im
Abgeordnetenhaus, der rund zehn Stunden gedauert hatte. Dabei hatten Nečas
und weitere Regierungspolitiker die Sparmaßnahmen des Kabinetts
verteidigt, während die Opposition aus Sozialdemokraten, Kommunisten und
einem Kern der Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV) ihnen
vorwarfen, den sozialen Zusammenhalt im Land zu zerstören. Mit Verweis auf
die Massendemonstration gegen die Regierungspolitik in Prag eine Woche
zuvor hatte die Opposition vorgezogene Neuwahlen gefordert. Nach der
Abstimmung trat der Vizepremier, Außenminister und Top-09-Chef Karel
Schwarzenberg vor die Mikrofone und sprach dieser Forderung die
Berechtigung ab:
Karel Schwarzenberg (Foto: ČTK)
„Nach den Erschütterungen der vergangenen Wochen war es die richtige
Entscheidung, um das Vertrauen zu bitten, damit sich der Souverän – das
tschechische Volk – mittels seiner Vertreter äußert. Wir haben das
Vertrauen bekommen, das ist eine Verpflichtung und das ist das Wichtigste.
Denn nur das Abgeordnetenhaus ist mit der Aufgabe betraut, entweder die
Legitimität der Regierung zu bestätigen oder sie abzulehnen. Sie wurde
bestätigt, danke.“
Die Opposition will diese Legitimität jedoch nicht anerkennen. Das
Argument: Die Plattform von Vizepremierministerin Karolína Peake, die nun
anstatt der VV-Partei sozusagen Mehrheitsbeschaffer für Demokratische
Bürgerpartei und Top 09 ist, sei vom tschechischen Volk nicht gewählt
worden. Entstanden ist die Plattform schließlich erst vor zwei Wochen.
Lubomír Zaorálek (Foto: Archiv der Sozialdemokraten (ČSSD))
Jenseits dieser Legitimitätsdebatte glauben die Oppositionspolitiker aber
ohnehin, dass die Regierung demnächst erneut in Turbulenzen gerät. Sie
verweisen darauf, dass weder die Plattform von Karolína Peake, noch die
regierungstreuen VV-Abgeordneten eine verlässliche Basis seien. Lubomír
Zaorálek ist stellvertretender Parteichef der Sozialdemokraten:
„Ich glaube, dass das neue Regierungsteam im Grunde schwächer ist als das vorherige und uns die Chance bietet, einige Schlüsselvorhaben des Kabinetts - wie zum Beispiel die Kirchenrestitution - zu blockieren. Wir werden die schwächelnde Regierung an der Umsetzung ihrer Reformen hindern, denn die Auswirkungen dieser Reformen dürften sogar die folgenden Generationen zu spüren bekommen.“
Premier Nečas plant indes bereits weitere Gesetze, die soziale Sprengkraft haben könnten. Am Sonntag kündigte er bei einem Treffen seiner Demokratischen Bürgerpartei im südböhmischen České Budějovice / Budweis unter anderem an, das Arbeitsgesetzbuch zu liberalisieren.