Mumien im CT: Anthropologen enthüllen Jahrtausende alte Geheimnisse

Foto: Tschechisches Fernsehen

Tagsüber Patienten und in der Nacht Mumien aus dem Altertum: Forscher vom Prager Nationalmuseum nutzen derzeit die modernste Computertomographie eines Krankenhauses für ihre Untersuchungen. Sie können auf diese Weise Alter und Geschlecht, Krankheiten und Besonderheiten der Mumien ergründen.

Foto: Tschechisches Fernsehen
Das Scannen der Mumien aus Ägypten und Süd-Amerika mit Hilfe von Computertomographie ist ein langfristiges Projekt des Nationalmuseums, genauer gesagt des Náprstek-Museums, also einer Abteilung für die Kulturen Asiens, Afrikas und Amerikas. Begonnen wurde damit 2009 und man hat damit an ähnliche Forschung aus den 1970er Jahren angeknüpft. Damals kamen allerdings noch simple Röntgenstrahlen zum Einsatz. Die heutigen Untersuchungen erfolgen in einem Prager medizinischen Zentrum, und zwar in den Nachtstunden, wenn es nicht belegt ist. Anthropologin des Náprstek-Museums Gabriela Jungová erklärte gegenüber dem Tschechischen Fernsehen, worauf man sich dabei konzentriert:

„Wir sehen nach, ob sich die Mumie wirklich in dem Zustand befindet, wie sie von außen aussieht. Also ob sie alle Knochen hat und ob die Knochen richtig angeordnet sind. Das ist nicht immer der Fall.“

Das bestätigt auch der Abteilungsleiter für Museumssammlungen, Pavel Onderka:

Pavel Onderka,  Foto: Štěpánka Budková
„Bei einigen Mumien, die sich in den Sammlungen in der Tschechischen Republik befinden, sind die Knochen tatsächlich stark durcheinandergewirbelt. Der Grund liegt in der Regel nicht in der Todesursache, sondern darin, dass viele Mumien durch Grabdiebe beschädigt beziehungsweise nach der Ausgrabung nicht fachmännisch untersucht wurden. Man suchte vor allem nach den Gegenständen, die man in den Bandagen der Mumien vermutete.“

Erforscht werden nun menschliche Überreste aus dem alten Ägypten, aber auch aus Chile, sowie Schädel aus Neuguinea und Schrumpfköpfe aus Südamerika. Die Wissenschaftler bestimmen das Alter und das Geschlecht der jeweiligen Person, ihre Krankheiten und Besonderheiten. Sie interessieren sich zum Beispiel für den Zustand der Zähne, können aber auch feststellen, ob jemand an Gelenkschmerzen litt.

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„Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass eine Frau an einem seltenen Lymphom gestorben ist. Heute kann man das erfolgreich behandeln, damals handelte es sich aber um eine gefährliche Erkrankung. Bei einigen Mumien, die zuvor als Frau oder Mann bestimmt wurden, haben wir jetzt das Gegenteil ermittelt.“

Die ersten Mumien wurden bereits in der Zeit Rudolphs II., also im 16. Jahrhundert nach Böhmen gebracht. Bis heute erhalten geblieben ist im Museum eine Mumie, die Ende des 18. Jahrhunderts in Prag ausgestellt wurde. Pavel Onderka:

„In der Nähe des heutigen Náprstek-Museums gab es einen Drogerie-Laden, der eine echte ägyptische Mumie besaß. Der Besitzer hat sie schrittweise gemahlen und das angeblich magische Pulver Mumia vera aegyptiaca daraus hergestellt und verkauft. Bald stellte er aber fest, was diese Mumie für eine Sensation ist. Wegen ihr kamen viele Einwohner und Besucher Prags zu ihm. Die ganze Mumie brachte ihm also mehr Gewinn, als sie als gemahlenes Pulver zu verkaufen.“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Die einbalsamierten Leichen stammen überwiegend aus dem Náprstek-Museum, aber auch aus einigen Schlosssammlungen Tschechiens. Im Schlossmuseum in Buchlov / Buchlau zum Beispiel wird eine Mumie seit 1845 ununterbrochen ausgestellt. Auch sie kommt nun in die Röhre des CT-Scanners.

Die Anthropologen entdecken durch ihre Untersuchung Jahrtausende alte Lebensgeschichten. Sie sollen in einer Ausstellung des Náprstek-Museums sowie in einem Buch präsentiert werden.