Kontroverse um Fahrt der „Nachtwölfe“ durch Tschechien

Foto: Strahinja Bućan

In der Nacht zum Montag ist die russische Motorradgang „Nachtwölfe“ in Berlin angekommen. Sie möchten dort an den Sieg über Nazi-Deutschland erinnern. Spätestens ab der polnischen Grenze stießen die umstrittenen Biker eher auf Ablehnung.

Gedenkakt am Ehrenmal für die gefallen sowjetischen Soldaten  (Foto: ČT24)
„Danke, danke“, so skandierten tschechische Unterstützer der sogenannten „Nachtwölfe“ am Samstag auf Russisch. Sie hatten die Motorradgang auf dem Friedhof im Prager Stadtteil Olšany zu einer Kranzniederlegung erwartet. Diese fand am Ehrenmal für die gefallen sowjetischen Soldaten statt.

Doch die Fahrt der Biker hat hierzulande nicht nur Freude ausgelöst. Die tschechische Öffentlichkeit zeigte sich tief gespalten über die „Nachtwölfe“, und ihre sogenannte „Siegesfahrt“ wurde von scharfen Kontroversen begleitet. Zwar hat das Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs einen hohen Stellenwert. Das schließt auch die gefallenen Soldaten der Sowjetunion mit ein. Doch auf der anderen Seite hat sich die Besatzung der Tschechoslowakei durch Truppen des Warschauer Pakts im Jahre 1968 tief ins Bewusstsein eingegraben. Dadurch ergibt sich eine große Skepsis gegenüber allem, was russisch ist – insbesondere, wenn es sich um eine nationalistische und ultraorthodoxe Motorradgang handelt.

Michal Hašek  (rechts). Foto: ČT24
Der südmährische Kreishauptmann Michal Hašek (Sozialdemokraten) ist ein Beispiel für die Kontroverse. Er sah sich wegen einer Kranzniederlegung mit dem russischen Konsul und den „Nachtwölfen“ massiver Kritik ausgesetzt. Besonders ein Gruppenfoto samt Fahnen mit nationalistischen Statements löste eine Welle der Entrüstung aus:

„Einige machen daraus jetzt eine Affäre. Einige freuen sich wahrscheinlich auch, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich sehe bei mir aber keinen Fehler. Ich werde auch am 9. Mai wieder auf den Zentralfriedhof gehen und mich vor den gefallenen Soldaten der Roten Armee verneigen.“

Gegendemonstration auf dem Prager Wenzelsplatz  (Foto: Strahinja Bućan)
In der Ablehnung der „Nachtwölfe“ vermischen sich Geschichte und aktuelle Tagespolitik. Die „Nachtwölfe“ werden dabei an ihren Worten und Taten gemessen. Das martialische Auftreten, die extrem nationalistische Rhetorik der Gruppe ecken an. Dazu werden die Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und die aktive Beteiligung der Mitglieder im Ukraine-Konflikt mit den Ereignissen des Jahres 1968 assoziiert. „Wir Tschechen wissen, was die russische Freundschaft bedeutet“, das stand auf einem Plakat bei einer Gegendemonstration auf dem Prager Wenzelsplatz. Tomasz Peszynski ist Hauptorganisator des Protests:

Gegendemonstration auf dem Prager Wenzelsplatz  (Foto: Strahinja Bućan)
„Wir wollen zeigen, dass die ‚Nachtwölfe‘ in Prag nicht willkommen sind. Ihre Fahrt ist für uns eine Propaganda-Aktion. Wir fassen sie nicht als Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs auf. Im Grunde ist es Propaganda für das Regime Putins, das uns nicht gefällt und vor dem wir Angst haben. Die Aktion der ‚Nachtwölfe‘ ist Teil der hybriden Kriegsführung Russlands. Wir wollen zeigen, dass wir uns als Bürger dagegenstellen.“

Zum Protest versammelten sich rund 50 Menschen mit Fahnen von EU, Nato, der USA und der Ukraine. Es sollte ein Zeichen gesetzt werden gegen die russische Expansion und für den euro-atlantischen Zusammenhalt.

Gegendemonstration auf dem Prager Wenzelsplatz  (Foto: Strahinja Bućan)
Die Proteste richten sich ein Stück weit auch gegen den tschechischen Präsidenten Milos Zeman und seine eher positive Beziehung zu Russland. Tomasz Peszynski:

„Der tschechische Staat hat Vorbehalte gegenüber der gemeinsamen Haltung von Nato und Europäischer Union zu Russland. Wir ersetzen das mit Mitteln der Zivilgesellschaft. Wenn unsere Vertreter und unser Präsident sich nicht gegen Russlands hybriden Krieg stellen, müssen wir Bürger das tun.“