„Immer zusammen“ – Dokumentarfilm hinterfragt das Leben einer Aussteigerfamilie

Film „Stále spolu“ (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Gibt es ein Rezept für die perfekte Familie? Diese Frage stellt sich Eva Tomanová. Die Dokumentarfilmerin ist einem Elternpaar gefolgt, das ihre Kinder fern von äußeren Einflüssen erzieht. Die Aussteiger haben sich ein Paradies geschaffen – im Einklang mit der Natur und in engstem Zusammenhalt. Auf internationalen Festivals ist der Film „Stále spolu“ schon gelaufen und wurde viel diskutiert. Nun ist er auch in den tschechischen Kinos zu sehen.

Eva Tomanová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Simona und Petr Mlčoch leben mit ihren neun Kindern im Böhmerwald. Es ist ein wildes Leben, über dem Kopf nur ein Wohnwagen, ein Leben mit Tieren in der freien Natur. Vor zwölf Jahren hat Regisseurin Eva Tomanová die Familie zum ersten Mal besucht.

„Als ich zum ersten Mal dorthin gekommen bin, erschien es mir wie ein Paradies. Den Kindern hat es zu dieser Zeit an nichts gefehlt. Alles war von Sonne durchflutet, sie liefen auf der Wiese herum und kletterten auf die Bäume, sie konnten gut lesen, schreiben und rechnen.“

Film „Stále spolu“  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Petr und Simona Mlčoch haben sich vor 25 Jahren nach der Geburt ihres ersten Kindes für eine andere Lebensweise entschieden. Freiheit, das ist es, was er seinen Kindern vermitteln wolle, sagt Petr Mlčoch. Studiert hat er Kybernetik, doch nun sei sein Beruf: Vater. Es sei mehr wert, neun anständige Menschen zu erziehen, als eine Brücke zu bauen. Am Wichtigsten ist der Familie die gemeinsame Zeit. Sie spielen zusammen, kochen zusammen, musizieren zusammen. Für Eva Tomanová bekam das Idealbild jedoch bald Risse.

Film „Stále spolu“  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Als ich zum zweiten Mal gekommen bin, lief es mir kalt den Rücken herunter. Simona fiel mir um den Hals und bedankte sich bei mir, weil ich den Kindern Papier mitgebracht hatte. Denn die Kinder durften überhaupt kein Papier benutzen, nicht einmal Toilettenpapier.“

Es war eine bewusste Entscheidung, auf viele Dinge zu verzichten. Vorgegeben hat sie der Vater.

Nicht nur das Leben in der Natur ähnelt vergangenen Zeiten, sondern auch die Rollenaufteilung. Mutter Simona ist Lehrerin, sie kümmert sich um die Erziehung. Damit der Staat den Hausunterricht erlaubt, verbringt die Familie die Hälfte des Jahres in Spanien.

Petr und Simona Mlčoch
„Am Interessantesten an der ganzen Sache sind natürlich die Kinder – ob sie es schaffen, sich mit ihrer Erziehung in der Mehrheitsgesellschaft zu behaupten. Der Vater entscheidet dort alles, wirklich alles. Was gegessen wird, was getan wird.“

Die Kinder von Petr Mlčoch scheinen weit entfernt, den Vater in Frage zu stellen. Die Erziehung sei perfekt, sagt der älteste Sohn, und die Tochter meint, sie würde ihre Kinder genauso erziehen wollen. Die Regisseurin Eva Tomanová misstraut diesem Ansatz, das ist deutlich zu spüren. Ein Despot, der die Freiheit propagiert, diesen Widerspruch zeichnet der Film. Für die Zukunft gerüstet sind die Kinder der Aussteiger in den Augen von Eva Tomanová kaum, denn davon machen sie sich in ihrer Enklave keine Vorstellung:

„Sie leben wirklich im Hier und Jetzt. Auf einige meiner Fragen konnten sie gar nicht antworten. Damit ich sie überhaupt verstehen konnte, musste ich meine eigenen Werte in Frage stellen und damit beginnen, selbst ein wenig anders zu denken.“

Wer sich ein Bild machen will von der Aussteigerfamilie Mlčoch: Der Dokumentarfilm „Stále spolu“ läuft derzeit in den tschechischen Kinos.