Geburtstag in Orange: 200 Jahre Briefkästen in Tschechien

Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks

Sie gehören immer noch zum Stadtbild, auch wenn sie in Zeiten von SMS- und Twitter nicht mehr so viel benutzt werden wie früher: Bis heute findet man in jeder kleineren Gemeinde die typischen orangenen Briefkästen, zumindest auf dem Postamt. Der erste Briefkasten wurde in den böhmischen Ländern vor 200 Jahren aufgestellt.

Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Auf dem Gebiet Tschechiens konnte man am 1. Juni 1817 das erste Mal einen Brief ganz alleine abschicken. Jedes Postamt musste damals wenigstens einen Briefkasten haben. Heutzutage hängen im ganzen Land fast 22.000 von den orangenen Boxen. Vor 200 Jahren habe das ganz anders ausgesehen, sagt Historiker Jan Kramář. Er arbeitet im Prager Postmuseum.

„In der ganzen Monarchie gab es damals nur wenige hundert Briefkästen. Denn es gab auch nicht so viele Postämter wie heute. Zudem wurden die Briefkästen nur sehr wenig genutzt, da die Menschen den Zweck der Kästen nicht begriffen haben. Sie mussten sich erst daran gewöhnen.“

Im Postmuseum ist eines der ersten Exemplare aus dem 19. Jahrhundert zu sehen. Dieses unterscheidet sich von den heutigen Briefkästen.



Foto: Archiv des Prager Postmuseums
„Die ersten österreichischen Briefkästen wurden aus Kleidertruhen oder aus Holzkassen gebaut. Sie wurden in den österreichischen Staatsfarben – gelb und schwarz – gestrichen. Manchmal befand sich auch das österreichische Staatswappen auf den Briefkästen. Sie wurden zudem oft mit dem Symbol eines versiegelten Briefs versehen, um den Menschen klarzumachen, wozu der Kasten dient. In den 1870er Jahren wurden Briekästen aus Blech hergestellt. Damit sollten Diebstähle verhindert werden. Zudem waren die Blechkästen witterungsbeständiger.“

Die Tschechoslowakische Postverwaltung hat nach dem Ende der Monarchie die österreichischen Briefkästen übernommen. Sie ließ sie blau übermalen und fügte einen weißen und einen roten Streifen hinzu. Der böhmische Löwe ersetzte auf den Briefkästen den österreichischen Adler. 1963 beschloss die Postverwaltung, die Briefkästen mit orangener Farbe streichen zu lassen. Sie sollten vermutlich sichtbarer werden. Der Historiker:

Jan Kramář  (Foto: Archiv von PrahaTV)
„Es ist ein historisches Paradox. Orange war die Farbe des k. k. Handelsministeriums, zu dem auch die Post gehörte. Die kommunistischen Postverwalter kehrten mit der Übermalung der Briefkästen eigentlich zum österreichischen Vorbild zurück. Sie wollten das Erbe der Ersten Republik unterdrücken, aber sind ungewollt beim Vorbild aus der Monarchie gelandet, die sie natürlich auch vollständig ablehnten.“

1984 gab es in der Tschechoslowakei 34.000 Briefkästen. Seitdem sei deren Zahl jedoch stetig gesunken, sagt Jan Kramář:

„Dies kommt davon, weil immer weniger Briefe und Postkarten verschickt werden.“



Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Lukáš Jelen arbeitet bei der Tschechischen Post. Er fährt mit seinem blauen Dienstwagen, auf dem ein gelbes Posthorn abgebildet ist, durch die Prager Straßen von einem Briefkasten zum anderen. Den Inhalt jedes Briefkastens leert er in eine große Tasche.

„Die meiste Post gibt es im ersten Stadtbezirk, dort sind die Briefkästen sehr frequentiert. Wir fangen in der Straße Helénská an, fahren durch den Stadtteil Vinohrady weiter, dann geht es auf den Karlsplatz und in den Stadtteil Nusle. Unser Ziel ist der Platz der Republik.“

Während der etwa 90 Minuten dauernden Fahrt werden rund 40 Briefkästen geleert. Die Post bringt Lukáš Jelen in die Sortierhalle im Stadtteil Malešice, von wo aus sie weiterverschickt wird.