Erfolgsprogramm Erasmus

Foto: YouTube Kanal des Europäischen Parlaments
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Nichts hilft besser gegen Vorurteile als sich zu begegnen. Auch deswegen ist internationaler Jugendaustausch wichtig. Die EU hat dazu das Erasmus-Programm, dieses vereint Bildung und Begegnung. Es ist eines der wirklichen Erfolgsprojekte in Europa, wie sich auch in Tschechien zeigt.

Foto: YouTube Kanal des Europäischen Parlaments

Alžběta Stančáková  (Foto: Magdalena Hrozínková)
Alžběta Stančáková ist eine junge tschechische Dichterin. 2015/16 war sie zum europäischen Freiwilligendienst in Bordeaux. Sie gehörte zu 30 jungen EU-Ausländern, die zusammen mit der gleichen Anzahl französischer Gleichaltriger vor allem dem Rathaus der südfranzösischen Stadt geholfen haben:

„Wir haben im Rahmen des Freiwilligenjahres zum Beispiel an Schulen jeweils die Kultur unseres Landes vorgestellt. Wir sind in den Unterricht gegangen und haben dort mit den Kindern Französisch geredet. Oder wir haben den Menschen vor Ort unsere Sprachen beigebracht. Aber wir waren auch in unterschiedliche kurzfristige Veranstaltungen eingebunden wie die Abi-Olympiade. Das ist ein Wettbewerb für Behinderte. Unsere Arbeit war sehr vielfältig.“

Seitdem pflegt Alžběta Stančáková viele Kontakte nicht nur in Europa, sondern weltweit. Es sind Menschen, die sie in Bordeaux kennen gelernt hat. Vor allem aber hat sie von dort Sprachkenntnisse mitgenommen.

„Ich habe erst dort richtig Französisch gelernt. Zwar hatte ich vorher schon Grundkenntnisse, aber ich bin eine schlechte Schülerin gewesen“, so Stančáková.

Auch das Europäische Freiwilligenjahr läuft über das Erasmus-Programm. Diesem hat sich Tschechien 1998 angeschlossen, also bereits sechs Jahre vor dem EU-Beitritt. Michal Uhl ist stellvertretender Leiter des Hauses für internationale Zusammenarbeit in Prag, das sich vor allem mit dem Bildungsaustausch beschäftigt:

Michal Uhl  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
„Erasmus ist ein großer Erfolg. Mehr als 300.000 Menschen aus Tschechien haben das Programm schon genutzt. Wichtig ist zu sagen, dass Erasmus nicht nur auf Studienaufenthalte beschränkt ist. Wenn man aber die tschechischen Studierenden nimmt, dann waren im vergangenen Jahr über 7000 im Ausland.“

Erasmus Plus bezieht sich heute auf fünf Bereiche. So nutzen neben den Unis auch Grundschulen und weiterführende Schulen dieses EU-Programm sowie Institutionen der Erwachsenenbildung und ganz allgemein Jugendprojekte. Dazu kommen Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe. In diesem Bereich sei das tschechische Interesse enorm, befindet Michal Uhl:

„Da überwiegt die Zahl der Anträge deutlich die Zahl der Möglichkeiten. Vor allem aus den Regionen kommt das Interesse. Wegen der hohen Nachfrage fahren jedes Jahr über 3000 Lehrlinge oder Berufsschüler ins Ausland. Das häufigste Ziel ist dabei Deutschland, das betrifft besonders den Bereich Automotiv. Ebenfalls beliebt sind noch Großbritannien und im Gastronomiebereich ebenso Italien.“

Doch auch bei den Studierenden in Tschechien ist Deutschland die beliebteste Destination.

Quelle: Europäische Kommission
„Das liegt an der Größe des Landes und an der Nähe. Man kann also übers Wochenende nach Hause fahren. Daher kommen auch viele Deutsche hierher. Zudem gelten die Universitäten hierzulande als gut. Für die tschechischen Studierenden sieht die weitere Reihenfolge dann so aus: Frankreich, Spanien, Großbritannien und Finnland“, so Uhl.

Michal Uhl gibt allerdings zu, dass beim Erasmus-Programm für Studierende eine gewisse finanzielle Barriere besteht. Denn das Stipendium deckt längst nicht alle Kosten. Diese Erfahrung hat auch Alžběta Stančáková gemacht.

„Wir haben etwas über 300 Euro im Monat bekommen. Das ist verdammt wenig in einer teuren Stadt wie Bordeaux. Allerdings wurde uns die Unterkunft gestellt, das ist ein Vorteil gegenüber Studierenden, die vielleicht in ihrer Stadt keinen Wohnheimplatz bekommen und aus der Ferne eine WG suchen müssen.“

Bei der Europäischen Kommission ist man aber der Meinung, dass bei Erasmus mit wenig Geld viel Musik gemacht wird. So nennt dies zumindest Michal Uhl. Deswegen sollen die Gelder für den nächsten Finanzierungszeitraum aufgestockt werden. Im Gespräch ist eine Verdoppelung auf 30 Milliarden Euro für die Jahre 2021 bis 2027. Das Europaparlament fordert sogar eine Verdreifachung. Die Entscheidung fällt aber erst nach den Europawahlen.