Eisschnellläuferin Erbanová beendet überraschend aktive Karriere

Karolína Erbanová (Foto: Sascha Krotow, Wikimedia Commons, CC BY 3.0)

Diese Sportnachricht schlug am Montag ein wie eine Bombe: Die olympische Bronzemedaillengewinnerin im Eisschnelllauf über 500 Meter, Karolína Erbanová, beendete ihre aktive Karriere. Und das im Alter von nur 25 Jahren!

Karolína Erbanová  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
Vor einem halben Jahr war die Welt für die tschechische Eisschnellläuferin Karolína Erbanová scheinbar noch rosarot. Im olympischen Wettkampf über die 500-Meter-Sprintstrecke wurde sie Dritte und gewann die Bronzemedaille.

„Dies sei eine sehr große Belohnung, und sie sei froh, diese Medaille mit nach Hause zu nehmen“,

sagte Erbanová mit purer Freude. Und die 25-Jährige wusste auch, bei wem sie sich dafür besonders zu bedanken hatte: bei ihrem niederländischen Trainer Dennis van der Gun und ihren Kolleginnen in den Teams Contina und AfterPay, in denen sie seit 2014 trainierte:

„Für mich ist es wunderbar, dass ich quasi diese holländische Ära derart krönen konnte. Ich habe mir das alles selbst erarbeitet, daher bin ich auch sehr stolz auf mich.“

Petr Novák  (Foto: Milan Kopecký,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Und um zu erklären, was sie mit dem Wechsel in die Niederlande damals alles auf sich genommen habe, schob sie noch nach:

„Als ich dort begann, musste ich zunächst mein privates Leben, das sehr einsam wurde, mit dem Eisschnelllaufen in Einklang bringen. Dazu musste ich mich um das Sponsoring kümmern und ein Management finden, das alles unter einen Hut bringt. Und ich habe mir immer wieder bestätigen müssen, dass dies der richtige Schritt ist. Das war aber manchmal ziemlich schwer.“

Doch noch schwerer gemacht wurde es ihr offenbar zuvor im tschechischen Novis Team, das von Startrainer Petr Novák geleitet wird. Der 70-Jährige ist der Erfolgscoach von Martina Sáblíková, die unter ihm dreimal Olympiasiegerin wurde. Seit 2006 hatte er auch Erbanová unter seinen Fittichen, allerdings ohne sich ihr mit der gleichen Intensität wie bei Sáblíková zu widmen. Und erst recht nicht dem Sprint, den sie bevorzuge, sagte Erbanová.

Karolína Erbanová  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
Ihr Weggang aus dem tschechischen Team habe bei Trainer Novák wie auch beim nationalen Eisschnelllauf-Verband negative Reaktionen ausgelöst, so die Sportlerin. Gerade Novák habe nichts unversucht gelassen, um sie zu diffamieren. In einer Serie persönlicher Angriffe habe er sie nach ihrem Weggang gegenüber Freunden, Sportpartnern und den Medien stets wie eine Verräterin dargestellt, für die der „tschechische Weg“ nicht gut genug gewesen sei, betonte Erbanová.

Paradoxerweise aber hatte sie mit dem niederländischen Team ihre beste Zeit. Neben der olympischen Medaille holte Erbanová noch dreimal Bronze bei Welt- und Europameisterschaften und feierte mit dem EM-Titel 2017 im Sprintmehrkampf ihren größten Erfolg. Aber auch dafür habe es von Seiten Nováks nie Anerkennung gegeben. Im Gegenteil, als sie sich im Sommer einer polnischen Trainingsgruppe angeschlossen hatte, weil ihr niederländisches Team auseinandergefallen war, häuften sich Kritik und Häme von Seiten Nováks erneut, so die Eisschnellläuferin. Sie sei zu langsam und das polnische Team zu schlecht, um international bestehen zu können, soll der Trainer moniert haben. Und er habe ihr vorgeworfen, sie über ihren Wechsel unzureichend informiert zu haben.

Karolína Erbanová  (Foto: Sascha Krotow,  Wikimedia Commons,  CC BY 3.0)
Nach diesen neuerlichen Anschuldigungen hat Erbanová nun die Reißleine gezogen. Sie sei nicht mehr bereit, Opfer des manipulativen, erniedrigenden und aggressiven Verhaltens von Nationaltrainer Petr Novák zu sein, erklärte die Eisschnellläuferin. Und da sie bei internationalen Meisterschaften für kein anderes Land starten wolle, bleibe ihr nur eine Möglichkeit: mit sofortiger Wirkung ihre aktive Karriere zu beenden.

Von dem Entschluss, ihre Schlittschuhe an den Nagel zu hängen, zeigte sich Trainer Petr Novák überrascht, als er von den Medien darüber informiert wurde. Aus dem Trainingslager in Italien, in dem er zurzeit weilt, sagte er gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks aber nur:

„Ich muss zunächst einmal lesen, was sie gesagt hat. Im Moment kann ich mich nicht dazu äußern. Ich habe mich nie in irgendeiner Zeitung zu ihr geäußert. Das heißt, es gibt nichts Gedrucktes, das solche Aussagen von mir belegen könnte.“

Während Novák und der Eisschnelllauf-Verband sich zu Erbanovás Rücktritt noch bedeckt halten, hat das Tschechische Olympische Komitee die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Es tue ihnen sehr leid, dass sich die olympische Bronzemedaillengewinnerin von Pyeongchang entschieden habe, ihre Karriere mit nur 25 Jahren zu beenden. Diese Entscheidung müsse man respektieren, hoffe aber zugleich, Karolína auch noch bei den Winterspielen 2022 in Peking laufen zu sehen, heißt es in einer Erklärung des Komitees.

Autor: Lothar Martin
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