„Eine Anerkennung“ – deutschsprachige katholische Gemeinde in Prag zur Pfarrei erhoben

Martin Leitgöb (Foto: Martina Schneibergová)

Die bisherige deutschsprachige katholische Gemeinde in Prag hat eine Aufwertung erfahren. Das Prager Erzbistum hat sie zum 1. Oktober zur Pfarrei erhoben. Ihr Seelsorger Martin Leitgöb wurde zum Pfarradministrator ernannt. Damit gibt es nach vielen Jahrzehnten in der tschechischen Hauptstadt wieder eine deutschsprachige Pfarrei. Radio Prag hat mit Pfarradministrator Leitgöb gesprochen.

Martin Leitgöb  (Foto: Martina Schneibergová)
Pater Leitgöb, die deutschsprachige Gemeinde wurde zur Pfarrei erhoben. In der Prager Erzdiözese gibt es damit nun eine dritte fremdsprachige Pfarrei neben der polnischen und slowakischen. Was bedeutet die Erhebung zur Pfarrei für die Gläubigen?

„Es ist an sich eine schöne Sache, dass wir jetzt eine Pfarrei sind. Natürlich bedeutet dies eine Anerkennung der 25-jährigen Geschichte der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Prag. Zudem wurde damit anerkannt, dass bis 1945 in Prag immer eigentlich das Christentum im deutschsprachigen Modus funktioniert hat. Daraus, dass wir eine Pfarrei sein, entsteht uns eine Reihe von Vorteilen. Einerseits haben wir damit auch einen Pfarrgemeinderat und Pfarrverwaltungsrat. Und wir haben die Möglichkeit, die Kirchenbücher selbständig zu führen.“

Foto: Štěpánka Budková
Ändert sich damit die Stellung der Gemeinde innerhalb der Prager Erzdiözese?

„Es war bisher schon so, dass ich als Seelsorger der Gemeinde direkt dem Erzbischof von Prag unterstellt war. Ich bin zwar von der Deutschen Bischofskonferenz entsandt, aber beauftragt bin ich für die Aufgabe des Seelsorgers für die deutschsprachige Gemeinde vom Prager Erzbischof. Insofern bleibt es gleich. Aber natürlich hat man als Pfarrei stärkere Verbindungen zum Erzbistum.“

Bei der Erhebung zur Pfarrei hat, wie sie erwähnten, die Tatsache eine Rolle gespielt, dass es in Prag eine jahrhundertelange Tradition deutschsprachiger Kultur gibt. Wer sind heute die Pfarreimitglieder?

Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen  (Foto: Martina Schneibergová)
„Unsere Pfarrei setzt sich aus mehreren Gruppierungen zusammen. Das sind natürlich zunächst einmal die ‚Ex-Pats‘, also jene Menschen mit ihren Familien, die aus beruflichen Gründen für fünf oder mehr Jahre in Prag leben. Dann gibt es eine zweite Gruppe: Das sind die Angehörigen von bi-nationalen Familien, in denen ein Elternteil deutsch und ein Elternteil tschechisch ist und die Kinder meistens zweisprachig erzogen werden. Drittens gibt es in der Pfarrei tschechische Staatsbürger, die zur deutschen Minderheit gehören oder aus anderen Gründen Interesse an der deutschen Sprache haben. Und man kann sagen, dass es noch eine vierte Gruppe gibt: Das sind Menschen, die wir hier in St. Johannes Nepomuk am Felsen vielleicht nur einmal oder alle paar Monate oder Jahre sehen. Das sind Touristen, die für einige Tage nach Prag kommen und die sich immer wieder gern in der Kirche einfinden.“

Haben Sie die Erhebung zur Pfarrei bereits gefeiert, oder wird es erst einen Festakt geben?

Dominik Duka  (Foto: Jan Sklenář,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die Erhebung geschah am 1. Oktober, wir haben sie dann einen Tag später gefeiert. Das waren ein Sonntag und zugleich das Erntedankfest. Sehr viele Menschen kamen, mehr als die Hälfte der Besucher musste beim Gottesdienst stehen, was ein gutes Zeichen ist. Aber wir werden die Erhebung zur Pfarrei noch einmal am zweiten Adventsonntag, am 4. Dezember, groß feiern. Der Prager Erzbischof, Kardinal Dominik Duka, wird in St. Johannes Nepomuk um 11 Uhr den Gottesdienst zelebrieren. Wir haben dazu eine ganze Reihe von Gästen eingeladen, unter anderem die Botschafter. Wir freuen uns, dass wir auf diese Weise auch vielleicht noch mehr in das Bewusstsein der Prager Öffentlichkeit geraten werden.“