Ein Zeichen setzen: Fotos mutiger Frauen auf dem Prager Jungmannplatz

Ausstellung ,České stříbro‘ (Foto: Martina Schneibergová)

Ehemalige politische Gefangene, Wissenschaftlerinnen, Caritas-Gründerinnen: Es sind zwölf bedeutende Tschechinnen, die in einer ungewöhnlichen Fotoausstellung gezeigt werden. Die großformatigen Porträts rotieren nämlich an einer Art Riesenrad. Derzeit ist die Ausstellung in Prag zu sehen.

Ausstellung , České stříbro‘  (Foto: Martina Schneibergová)
Der namhafte Sprachwissenschaftler Josef Jungmann, dessen Denkmal inmitten des nach ihm benannten Platzes steht, dürfte wohl kaum seinen Augen trauen. Gleich neben ihm dreht sich eine Art Riesenrad mit Schwarzweißportraits. Bei der Eröffnung der Ausstellung blies eine Jazzband dem Sprachwissenschaftler direkt ins Ohr. Die Ausstellungskuratorin sprach die unter Regenschirmen versammelten Menschen an:

„Wir zeigen hier die Ausstellung mit dem Titel ,České stříbro‘. Sie ist so etwas wie ein Kompass. Meine Kollegen und ich haben zwölf tschechische Frauen danach gefragt, wonach sie sich in ihrem Leben richten und gerichtet haben.“

Kuratorin Eva Hrabětová hat Sozialarbeit studiert und arbeitet im Zentrum für Sozialdienste in Prag. Sie habe sich bei der Ausstellung auf Frauen konzentriert, die tapfer und stark seien, die die eigene Meinung auch in Momenten verteidigt hätten, in denen es für sie unvorteilhaft gewesen sei, erzählt Hrabětová. Diese Frauen würden sich bemühen, das durchzusetzen, was sie nach ihrem Gewissen für richtig halten:

Miluška Havlůjová  (Foto: Martina Schneibergová)
„Die Zeiten ändern sich. Es scheint, dass das, was ein anständiger Mensch immer für wichtig gehalten hat, an Bedeutung verloren hat. Ich fand es darum angebracht, ein Zeichen für die Öffentlichkeit zu setzen, dass Anständigkeit, Wahrheit und Liebe immer noch gelten, dass es sich lohnt, ein Rückgrat zu haben. Danach haben wir auch die zwölf Damen gefragt.“

Miluška Havlůjová ist eine ehemalige politische Gefangene, und ihr Porträt wird in der Ausstellung gezeigt. Mit 24 Jahren wurde sie Anfang der 1950er Jahre in einem politischen Prozess von den Kommunisten zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der Wende engagierte sich Havlůjová im Bürgerforum und war Bürgermeisterin der Stadt Rudná bei Prag.

„Ich denke oft darüber nach, dass der Begriff ,Gewissen‘ aus unserem Vokabular so langsam verschwindet. Als ich Schülern meine Geschichte erzählte, fragte mich ein Junge, wo sich das Gewissen eigentlich befindet. Meiner Meinung nach ist das Gewissen das Prinzip der Menschlichkeit.“

Helena Faberová  (Mitte). Foto: Martina Schneibergová
Die Fotos von Miluška Havlůjová und von weiteren elf Frauen sind an einem rotierenden Rad so befestigt, dass sie immer senkrecht hängen. Im niedrigsten Punkt spiegeln sie sich in einem Spiegel. Helena Faberová ist Begründerin der Caritas in České Budějovice / Budweis und Ehrenvorsitzende der Ackermann-Gemeinde in Tschechien. Auch ihr Foto dreht sich auf dem Jungmannplatz:

„Es war für mich eine große Überraschung und zudem eine große Ehre. Denn die anderen Damen, deren Porträts hier hängen, sind sehr wichtige Persönlichkeiten, die immer etwas zu unserer kranken Gesellschaft zu sagen haben.“

Foto: Martina Schneibergová
Neben dem rotierenden Rad steht zudem ein sogenannter Poesieautomat, dort kann man sich die Aussagen aller zwölf Frauen anhören. Die Ausstellung wird durch Schautafeln mit Texten in Tschechisch und Englisch ergänzt.

Die Ausstellung mit dem Titel „České stříbro“ (Tschechisches Silber) ist auf dem Jungmann-Platz im Stadtzentrum von Prag zu sehen, und zwar bis 10. Dezember. Die Veranstalter wollen die Wanderausstellung auch in weiteren tschechischen Städten zeigen.