Der Prager Frühling und die Rolle der Medien

Gerd Bacher, Mitte (Foto: Autor)

Die Rolle der Medien in den sechziger Jahren: Das war am Donnerstag und Freitag das Thema einer Konferenz im südmährischen Znaim, organisiert vom tschechischen Senat und der österreichischen Botschaft. Hintergrund war einmal mehr das tschechische Gedenkjahr 2008. Vor 40 Jahren brachte der Prager Frühling frischen Reformwind in die kommunistische Tschechoslowakei, bis er am 21. August 1968 von den Panzern der Warschauer-Pakt-Truppen niedergewalzt wurde.

Jan Krčmář,  links  (Foto: Autor)
1968 arbeitete Jan Krčmář bei der tschechoslowakischen Nachrichtenagentur ČTK. Als die Panzer nach Prag rollten, berichtete er in englischer Sprache für das Ausland. In seiner vorletzten Meldung schrieb er, dass die Sowjets bereits das Gebäude der ČTK betreten hatten. Dann die letzte Nachricht: Alles, was von jetzt an über die Fernschreiber käme, werde nicht mehr Produkt der freien Berichterstattung sein.

„Auf einmal öffnet sich die Tür, und herein kommt ein etwa 1,55 Meter kleiner Mann, mit einem Stahlhelm fast bis zur Nase, einem Mantel fast bis zur Erde, aber mit einem Gewehr in den Händen. Mit ihm kam ein Mann in Zivilkleidung. Der hat gesagt: ‚Alles lassen, alles lassen!’ Dann hat er versucht, den Ticker zu stoppen, und dabei hat er den Lochstreifen zerrissen.“

Die letzte ČTK-Meldung von Krčmář ging nur noch zur Hälfte hinaus. Es war das Ende einer kurzen Phase der Medienfreiheit. Die Zensur war erst im März offiziell abgeschafft worden. Doch bereits in den Monaten zuvor hatte sie praktisch aufgehört zu existieren, erinnerten sich die Konferenzteilnehmer in Znaim.

Gerd Bacher im Gespräch mit Gerald Schubert  (Foto: Josef Himmelbauer)
Nach der Invasion in die Tschechoslowakei spielten dann ausländische Medien eine wichtige Rolle bei der weltweiten Verbreitung von Nachrichten aus Prag. Allen voran der ORF, der Österreichische Rundfunk. Der damalige ORF-Generalintendant Gerd Bacher hatte bereits zuvor für eine intensive Berichterstattung aus Prag gesorgt. Die Niederschlagung des Prager Frühlings traf ihn auch aus Sorge um seine tschechischen Bekannten, wie etwa den Generaldirektor des Tschechoslowakischen Fernsehens, Jiří Pelikán:

Gerd Bacher,  Mitte  (Foto: Autor)
„Ich zähle Jiří Pelikán zu meinen besten Freunden. Leider ist er schon gestorben. Er war ein unglaublich begabter Mann, hat alle möglichen Sprachen gekonnt, war ein wunderbarer Redner und Schreiber. Da ist man natürlich besorgt, ob es ihm gut geht, ob er verhaftet wurde oder nicht.“

Der ORF verwertete Material, das irgendwie über die Grenze nach Wien gebracht werden konnte, und sendete sogar in tschechischer Sprache, um vor allem die Emigranten jener Tage mit Nachrichten aus der Heimat zu versorgen. Ob er nicht manchmal Angst gehabt hat, übers Ziel zu schießen und die Sowjets mit seiner Berichterstattung zu provozieren, wollten wir wissen. Gerd Bacher:

„Ich glaube, wenn Weltgeschichte passiert – und das war natürlich Weltgeschichte, was in Prag und Umgebung passiert ist – dann muss man mit vollem Einsatz mitspielen und nicht die ganze Zeit an die volle Hose denken.“