Ausschreitungen überschatten tschechisch-slowakisches Duell in Bratislava

Foto: ČTK

Als Ende August die Gruppen der Europa League ausgelost wurden, da zeigten sich die Fußballfans aus Tschechien und der Slowakei erfreut. Denn das Los führte die populären Traditionsvereine Sparta Prag und Slovan Bratislava in der Gruppe I zusammen. Seit Donnerstagabend aber wünschen sich nicht wenige von ihnen, dass es diese Paarung nie gegeben hätte. Hooligans aus beiden Lagern machten nämlich die Begegnung in Bratislava zu ihrer Bühne und provozierten mit schweren Ausschreitungen eine 40-minütige Spielunterbrechung. Die Partie wurde dennoch zu Ende gespielt, es gewannen die Prager Gäste mit 3:0.

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„Herausgerissene Sitzschalen fliegen durch die Luft, Menschen krümmen sich am Boden nach Faustschlägen, die sie erhalten haben, andere flüchten mit ihren Kindern in den Innenraum des Stadions. Einige Randalierer sind sogar bis zu den Kommentatoren-Plätzen vorgedrungen.“

Anstatt über ein spannendes Fußballspiel zu berichten, hatte der Reporter des Tschechischen Rundfunks, Mirko Vasić, ab der 42. Spielminute die eben wiedergegebene Schilderung vorzunehmen. Es war die Schilderung der handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen den Hooligans beider Vereine, in die auch friedliche Zuschauer hineingezogen wurden. Angezettelt wurden die Ausschreitungen ganz offenbar von maskierten Rowdies aus dem Gästeblock, die ohne Mühe die Absperrungen zwischen den Zuschauerblocks überwunden hatten. Ein organisatorischer Lapsus, den Sparta-Kapitän David Lafata nicht nachvollziehen konnte:

Slovan Bratislava - Sparta Prag  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Wenn man in einem solch alten Stadion internationale Spiele austrägt und im Innenraum nur drei Ordnungskräfte stehen, dann muss man sich über nichts mehr wundern. Vor dem Spiel haben wir zudem die Instruktion erhalten, dass so etwas passieren könnte und dass wir dann schnell zu den Kabinengängen unter der Haupttribüne laufen sollten. Ich kann so etwas nicht verstehen.“

Wie Lafata haben sich auch die meisten Augenzeugen der Partie sowie die TV-Zuschauer im vernetzten Europa gewundert, wie ungehindert die Randalierer ihr Unwesen trieben, Pyrotechnik zündeten und die Gesundheit von Menschen gefährdeten. Erst nach mehreren Minuten kamen Polizeikräfte ins Stadion und griffen ein. In dieser Zeit hatte der schwedische Schiedsrichter Martin Strömbergsson die Begegnung für 40 Minuten unterbrochen. Danach ließ er weiterspielen, und die Prager münzten ihre Überlegenheit in drei Tore um. Der Schock über die Ausschreitungen saß indes noch tief. David Lafata:

David Lafata  (rechts). Foto: Tschechisches Fernsehen
„Letztlich sind wir froh, dass die Partie noch zu Ende gespielt wurde und wir gewonnen haben. Aber ich muss bekennen, große Lust auf die Fortsetzung des Spiels hatten wir nicht.“

Trainer der gastgebenden Mannschaft von Slovan Bratislava ist erst seit einigen Tagen der frühere tschechoslowakische Nationalspieler Jozef Chovanec, er hatte seine erfolgreichsten Jahre als Spieler ausgerechnet beim Gegner Sparta Prag. Auch für Chovanec war die Begegnung nach der Unterbrechung kein normales Spiel mehr:

„Ich denke, dass solche Dinge im 21. Jahrhundert in kein Fußballstadion mehr gehören, doch leider ist es passiert. Die Ausschreitungen haben das Spiel und vor allem die Psyche der Spieler beeinflusst. Meiner Mannschaft aber hat vor allem das erste Gegentor einen Knacks gegeben.“

Vítězslav Lavička  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Sparta Prag gewann das Spiel am Ende mit 3:0. Trotz des Sieges konnte sich Gästetrainer Vítězslav Lavička nicht so richtig freuen:

„Es ist schlecht, sehr schlecht, was heute passiert ist. Ich muss zugeben, dass ich zu Beginn der Ausschreitungen noch voll in das Spiel vertieft war, doch was dann geschehen ist, das beschädigt den Club und ist schlecht für den Fußball und besonders für Sparta.“

Lavička dachte womöglich bereits daran, welche harte Strafe von Seiten der Uefa nun – zum wiederholten Male – auf den Traditionsverein zukommen wird. Sportlich hingegen stehen die Prager nach drei Spieltagen in der Gruppe I sehr gut da: Mit sechs Punkten liegen sie hinter Young Boys Bern, aber vor Neapel auf dem zweiten Platz.

Autor: Lothar Martin
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