Amnesty-Bericht kritisiert Tschechien

Foto: Archiv Amnesty International

Die Menschenrechtler weisen auf Stimmungsmache gegen Flüchtlinge hin und die unzureichende Inklusion von Roma-Kindern.

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Der Jahresbericht von Amnesty International für 2017 nennt mehrere kritische Bereiche für Tschechien:

„Die wichtigsten Mitteilungen über die Einhaltung von Menschenrechten im Jahr 2017 sind zum einen, dass sich die Regierung in Prag weiter weigert, an der Quotenregelung der EU zur Umverteilung von Flüchtlingen teilzunehmen. Zum anderen sind Schulkinder der Roma-Minderheit trotz aller Reformbemühungen weiter segregiert“, so Martina Pařízková, Sprecherin von Amnesty in Tschechien.

Dazu weist Amnesty auf eine umstrittene Regelung bei der Wohnbeihilfe hin, diese ist im Juli vergangenen Jahres in Kraft getreten. Demnach dürfen tschechische Gemeinden bestimmte Viertel als Problemzonen definieren, zum Beispiel wegen der angeblichen hohen Zahl an Drogenabhängigen oder ständiger Ruhestörung. In diesen Vierteln können die Gemeinden dann neue Anträge auf Wohnbeihilfe ablehnen. Kritiker wie etwa Amnesty International befürchten, dass vor allem Arme und Roma die Leidtragenden sein dürften.

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Gerade für die Gleichberechtigung der Roma-Minderheit tritt die Menschenrechtsorganisation schon seit langem ein. Sie heißt daher prinzipiell auch gut, dass die vergangene Regierungskoalition an den Schulen die Inklusion durchgesetzt hat. Bisher zeitige dies aber noch nicht den erwünschten Erfolg, so Martina Pařízková am Mittwoch in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Laut den Daten, die von der Regierung im vergangenen Juli veröffentlicht wurden, werden weiter 24 Prozent der Roma-Kinder in eigenen Schulklassen unterrichtet. Natürlich lassen sich keine großen Sprünge machen. Wir hoffen aber, dass die neue Regierung die Inklusion weiter vorantreiben wird. Wichtig ist, allen Kindern den gleichen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Daran muss weiter gearbeitet werden.“

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Sorgenfalten bereitet den Menschenrechtlern besonders die Einstellung zur Flüchtlingspolitik hierzulande:

„Die Tschechische Republik hat nur zwölf von insgesamt 2700 Asylbewerbern aufgenommen, die im Rahmen der EU-Quoten zur Umverteilung von Flüchtlingen vereinbart worden waren. Gegen Tschechien, aber auch Polen und Ungarn läuft daher bereits ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.“

Aber dies ist nicht das einzige Problem, das die Menschenrechtler im tschechischen Verhältnis zu Flüchtlingen sehen.

„Amnesty weist auch auf die fremdenfeindlichen Äußerungen von Regierungsvertretern und dem Staatspräsidenten gegenüber Flüchtlingen und Migranten hin. Die Flüchtlingspolitik sollte aber sowohl in Tschechien als auch in ganz Europa nicht vorrangig als lästiges Problem gesehen werden, das man loswerden will. Vielmehr muss auf die Menschen Rücksicht genommen werden. Sie haben das Recht auf Schutz und ein Asylverfahren. Europa muss dies konstruktiv angehen“, so Martina Pařízková.

Milan Chovanec  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Nachdem der Bericht von Amnesty am Mittwoch herauskam, reagierten übrigens einige Politiker erbost. Ex-Innenminister Milan Chovanec schrieb beispielsweise in einer Stellungnahme für die Presseagentur ČTK, seine Politik und die der früheren Regierungskoalition habe „Tschechien vor einer größeren Migrationswelle bewahrt“. Ein Sprecher von Staatspräsident Milos Zeman bezeichnete den Jahresbericht sogar als „Geschwätz“.