Agent Skripal, Nowitschok und Tschechien

Illustrationsfoto: Republica, Pixabay / CC0

Der Leiter des Armeelabors in Brünn wurde abberufen. Er war jüngst wegen seiner Nowitschok-Aussagen kritisiert worden.

Bohuslav Šafář  (Foto: ČT24)
Verteidigungsministerin Karla Šlechtová (Partei Ano) hat den Leiter des Armeelabors in Brno / Brünn, Bohuslav Šafář, abberufen. Konkretes teilte das Ministerium jedoch nicht mit: Das Ministerium werde die Gründe nicht kommentieren, so ein Ressortsprecher.

Nicht einmal Bohuslav Šafář selbst wollte über die Beweggründe spekulieren: „Die Verteidigungsministerin hat in unserer Firma das Recht, den Direktor zu ernennen und abzuberufen. Sie hat dieses Recht genutzt.“

Šafář war jüngst kritisiert worden im Zusammenhang mit der Diskussion um das Nervengift Nowitschok. Mit diesem Kampfmittel waren Anfang März in Großbritannien der ehemalige Doppelagent Sergei Skripal und seine Tochter Julija vergiftet worden. London sprach darauf von einem Anschlag Russlands. Moskau wies das vehement zurück und brachte ins Spiel, dass das Nervengift auch in Tschechien hätte hergestellt werden können. Damals bestätigte der Leiter des Labors in Brünn, dass Nervengifte vom Typ Nowitschok in geringen Mengen auch in Tschechien hergestellt worden seien. Seine Aussage wurde unter anderem vom geschäftsführenden Premier Andrej Babiš (Partei Ano) kritisiert. Wie Babiš am Montag sagte, habe er aber die Abberufung von Šafář nicht gefordert und darüber erst von der Ministerin erfahren:

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„Sie hat mich darüber informiert. Die Aussagen des Laborleiters waren tatsächlich umstritten und hatten Folgen auf internationaler Bühne.“

Auch Staatspräsident Miloš Zeman bezog sich auf die Aussagen von Šafář, als er die Produktion von Nowitschok in Tschechien bestätigte. Moskau erklärte darauf, der tschechische Präsident habe damit die Vorwürfe Großbritanniens gegenüber Russland widerlegt.

Die Zeitschrift „Respekt“ hat sich intensiv mit dem Fall befasst. Der Journalist Jaroslav Spurný sieht aber kein ernsthaftes Vergehen von Laborleiter Šafář:

„Die Aussage von Herrn Šafář vom 17. März mag wohl gewesen unglücklich sein. Er hat als erster das Wort herstellen gebraucht, obwohl es sich nur um eine Mikrosynthese gehandelt hat. Es hat aber keinen Sinn, jemandem das Wort im Mund umzudrehen. Herr Šafář trägt jedenfalls nicht die Schuld dafür, dass Moskau seine Aussagen später ausgenutzt hat.“

Ondřej Kundra | Foto: Luboš Vedral,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Das Wochenblatt „Respekt“ hat in seiner jüngsten Ausgabe auch einen Artikel über den Doppelagenten Sergei Skripal und seine Kontakte zu Tschechien veröffentlicht. Der Russe soll, bereits als britischer Agent, 2012 Prag besucht haben. Ondřej Kundra leitet das Ressort „Innenpolitik“ bei Respekt:

„Der Besuch erfolgte im Rahmen eines Austausches zwischen den britischen Geheimdiensten und den tschechischen Sicherheitskräften. Großbritannien hat einem Partnerstaat, dem es vertraut, einen Mitarbeiter sozusagen ausgeliehen. Und dieser konnte den tschechischen Sicherheitskräften wichtige Informationen vermitteln, auch wie sich ein Doppelagent verhält.“

Skripal habe eine wichtige Funktion in der russischen Militärspionage GRU bekleidet, sagt Kundra. Als Leiter der Personalabteilung habe er gewusst, nach welchem Schlüssel die Verteilung der GRU-Agenten in Europa funktioniert habe. Eben solche Informationen über das Agentennetz dürften für Tschechien interessant gewesen sein. Nach dem Aufenthalt in Prag gab es Kundras Aussagen nach noch mindestens ein Treffen mit Vertretern der tschechischen Sicherheitsdienste in Großbritannien.