„Adventsaufruf“ warnt vor faschistischen Tendenzen und Spaltung der Gesellschaft

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Er richtet sich gegen Hass, Aggressivität und Intoleranz. Bislang haben 9000 Menschen in Tschechien den sogenannten Adventsaufruf unterzeichnet. Veröffentlicht wurde er am vergangenen Donnerstag von der Organisation „Paměť národa“ („Gedächtnis der Nation“).

Jan Dobrovský  (Foto: Magdalena Vosalikova,  CC BY-SA 4.0)
In dem Adventsaufruf wird vor einer Radikalisierung und vor faschistischen Tendenzen in der tschechischen Gesellschaft gewarnt. Außerdem kritisieren die Autoren die ablehnende Haltung eines Großteils der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen und machen auf Populismus und Missbrauch von Ängsten aufmerksam. Adressiert ist der Aufruf an die junge Generation. Der Ratsvorsitzende des Kollegiums von Paměť národa, Jan Dobrovský, erklärte gegenüber dem Tschechischen Rundfunk, warum:

„Diese Menschen waren nie gezwungen, sich mit der Unfreiheit auseinanderzusetzen beziehungsweise darüber nachzudenken, dass man für die Freiheit kämpfen und dafür etwas opfern muss.“

Die Organisation Paměť národa ist ein Teil der Nichtregierungsorganisation Post Bellum, die die Schicksale der Widerstandkämpfer gegen die totalitären Regime dokumentiert und diese alljährlich auszeichnet. Eben jene Preisträger bilden das Kollegium des „Gedächtnisses der Nation“, und unter ihnen wurde die Idee eines Aufrufs geboren.

Verleihung des Preises „Gedächtnis der Nation“  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Diese Menschen mussten etwas opfern, ihr Leben riskieren und sich wie Helden benehmen, damit wir in einer Gesellschaft leben können, die frei und demokratisch ist und auf den Prinzipen der Humanität fußt. Als wir die Preise des nationalen Gedächtnisses am 17. November in der Staatsoper verliehen haben, kamen die Preisträger, die Mitglieder unseres Kollegiums, Zeitzeugen und Helden dort zusammen und sagten, es gefalle ihnen nicht, wie sich die Lage hierzulande entwickelt. Man sollte einige Worte dazu sagen.“

So kam der Aufruf zustande, der zunächst von mehreren Holocaust-Überlebenden, Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime und Dissidenten aus der Zeit des Kommunismus unterzeichnet wurde. Sie bringen ihre Befürchtungen über eine sich wandelnde Atmosphäre auf der Welt zum Ausdruck.

Offizielle Seite des Adventsaufrufs
Eskalation, Populismus und Aggressivität könnten die Gesellschaft unwiederbringlich beschädigen, stellte Jan Dobrovský gegenüber dem Tschechischen Rundfunk fest.

„Wir wollten dem Wunsch der Zeitzeugen Genüge tun und haben das gerne gemacht. Wir waren froh, dass ihre Stimme erklingt und festgehalten wird. Dass die Gesellschaft erfährt, dass manche Menschen in diesem Sinne denken. Wenn die Initiative ein Echo findet, freut uns das. Wir haben aber nicht vor, weiterhin als politische Bewegung in Erscheinung zu treten.“

Über 9000 Menschen haben bis Montag den Aufruf unterzeichnet. Sie forderten zudem die Regierung in Prag auf, das Land innerhalb Europas nicht zu isolieren. Außerdem dürften die Politiker nicht die Augen verschließen vor der Annexion fremder Gebiete und anderen Verletzungen des internationalen Rechts.