Aachner Vertrag sorgt für Unbehagen

Emmanuel Macron und Angela Merkel (Foto: ČTK / AP Photo / Martin Meissner)

Mit dem Aachener Vertrag wollen Deutschland und Frankreich ihre Freundschaft und Partnerschaft auffrischen. In Tschechien sieht man das Papier eher gespalten, denn man hat Angst vor einem Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten.

Emmanuel Macron und Angela Merkel  (Foto: ČTK / AP Photo / Martin Meissner)
Grundsätzlich soll der Aachener Vertrag die deutsch-französische Erfolgsgeschichte fortsetzen. Man will weiterhin enger zusammenarbeiten in der Bildung und Wirtschaft. Neu ist zudem ein Abschnitt über eine gemeinsame Verteidigungspolitik. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist davon überzeugt, dass man mit dem Papier eine gelungene Fortsetzung der Elysee-Verträge gefunden hat:

„Die Verpflichtung, uns gegenseitig beizustehen, ist nichts anderes als atemberaubend.“

Der französische Präsident Emmauel Macron verweist zudem auf eine weitere Dimension des Vertrages sowie der deutsch-französischen Partnerschaft insgesamt:

„Unser Ziel sollte es sein, dass Europa die Menschen vor den Erschütterungen in der heutigen Welt beschützt.“

Václav Klaus  (Foto: Jana Přinosilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
In Tschechien sieht man das hingegen kritisch, vor allem ist die Angst groß vor einer tieferen Integration an allen EU-Partnern vorbei. Am lautesten war dabei der ehemalige Staatspräsident und eigentliche EU-Kritiker Václav Klaus. Deutschland und Frankreich würden nicht mehr an die Europäische Union glauben, schreibt der rechtsliberale Ex-Politiker in einem Kommentar für das Nachrichtenportal idnes.cz. Zitat:

„Im Grunde sagen Frankreich und Deutschland, dass ihnen eine authentische europäische Integration zu langsam geht und dass sie keine Rücksicht mehr auf diejenigen nehmen wollen, die diesen Prozess bremsen. Dabei hat jede der beiden Seiten ihre eigenen Beweggründe. Emmanuel Macron will an die Spitze Europas, Angela Merkel will wiederum allen in guter Erinnerung bleiben. […] In jedem Fall ist der Vertrag ein Signal für einen parallelen Integrationsprozess innerhalb der bisherigen EU. Und das sollte uns auf jeden Fall interessieren.“

Tomáš Petříček  (Foto: ČTK / AP Photo / Ronald Zak)
In der tschechischen Regierung gibt man sich diplomatischer. Doch auch Außenminister Tomáš Petříček hält es für möglich, dass der Aachener Vertrag ein Europa verschiedener Geschwindigkeiten begünstigt. Ende vergangener Woche sagte der Sozialdemokrat in einer Talkshow des Tschechischen Fernsehens:

„Das ist eine bilaterale Angelegenheit zwischen Frankreich und Deutschland, und in so etwas mischen wir uns normalerweise nicht ein. Meiner Meinung nach kann der Vertrag ohne weiteres als Signal gedeutet werden, dass Berlin und Paris in bestimmten Bereichen zügiger integrieren wollen. Es liegt an Tschechien, wie man an so einer schnelleren Integration beteiligt sein will. Bisher ist unser Standpunkt, dass die EU uns wichtig ist, aber wir auch kritisch sein müssen in gewissen Bereichen.“

Cyril Svoboda  (Foto: Věra Luptáková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Tomáš Petříčeks Parteichef Jan Hamáček sieht die vertiefte Partnerschaft zwischen Berlin und Paris nicht weiter tragisch. Er erkenne in der Abmachung Ähnlichkeiten mit der Zusammenarbeit in der Visegrád-Gruppe, teilte der Innenminister gegenüber Journalisten mit. Laut Ex-Außenminister Cyril Svoboda hinkt aber gerade der Vergleich mit diesem eigensinnigen Verband mitteleuropäischer Staaten. Der Christdemokrat warnt vielmehr vor einer Gegenbewegung zum deutsch-französischen Motor:

„So etwas würde ich Tschechien überhaupt nicht empfehlen. Wie die französischen Medien schreiben, grenzt sich der Vertrag dezidiert gegenüber populistischen Strömungen wie zum Beispiel in Italien und Ungarn ab. Schließen wir uns beispielsweise Ungarn an, dann würden wir als diejenigen gelten, die einen solchen Populismus bejubeln.“

Und gerade das kann laut Svoboda nicht im Interesse Tschechiens sein.