Zerplatzter Traum nach toller WM

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Die Eishockey-Weltmeisterschaft in der Slowakei ist Sonntagabend zu Ende gegangen, der neue Weltmeister heißt Finnland. Im Konzert der besten vier Teams mischte auch die tschechische Mannschaft mit. Doch am Ende blieb sie das siebte Mal in Folge ohne Medaille, wie 2014 und 2015 belegte sie den undankbaren vierten Platz.

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Jakub Voráček  (Mitte) und Matt Murray  (rechts). Foto: ČTK / AP Photo / Petr David Josek
„Auf geht’s Jungs, wir schießen ein Tor“– so und ähnlich feuerten die tschechischen Eishockeyfans ihre Mannschaft in den Gruppenspielen und im Viertelfinale gegen Deutschland an. Das brachte – sehr zur Freude der Anhänger – in sieben der acht Partien auch einen meist klaren Erfolg. Denn die Spieler um Kapitän Jakub Voráček schossen jeweils fünf Tore oder mehr. Nur beim 0:3 gegen das Team aus Russland zeigten sie Ladehemmungen. Trotzdem gingen sie sehr optimistisch in das Halbfinalduell mit Kanada. Mit einem Sieg hätte Tschechien erstmals seit 2010 wieder im Finale gestanden, und die erste Medaille seit 2012 wäre sicher gewesen. Doch es kam anders. Die Kanadier erteilten dem Gegner eine Lektion in punkto Chancenverwertung und gewannen das Spiel mit 5:1. Die Tschechen brachten nur einen ihrer vielen Torschüsse im Gehäuse von Goalie Matthew Murray unter. Jakub Voráček sagte anschließend:

Jakub Voráček: „Das ist die größte Enttäuschung für mich in meiner Karriere. Wir waren so dicht dran an einer Medaille und haben für mich auch unser bestes Spiel bei der WM gezeigt. Wir hatten so viele Chancen, auch noch in der Verlängerung, als wir das Duell hätten für uns entscheiden können.“

„Natürlich sind 41 Schüsse genug, um ins Tor zu treffen. In der Offensive haben wir durchaus überzeugt, doch die Chancen leider nicht genutzt. Uns hat heute einfach die Leichtigkeit gefehlt, die wir das ganze Turnier über sonst hatten.“

Cheftrainer Milos Říha ging bei seiner Analyse etwas mehr in die Tiefe:

„Wir haben die Begegnung verloren, weil die Kanadier spritziger agierten und beim Torabschluss konsequenter waren. Sie haben die Lücken gefunden, die wir ihnen angeboten haben, und haben ihre Chancen auch besser genutzt. Wir brauchten ein Tor, um den Anschluss zu finden. Doch das ist uns nicht gelungen, auch nicht in Überzahl.“

Um endlich die lang ersehnte Medaille zu gewinnen, blieb der tschechischen Mannschaft am Sonntag noch eine Chance: das Spiel um Platz drei gegen das Team aus Russland. Die Tschechen warfen in diese Partie auch alles rein, was sie noch im Tank hatten, doch am Ende standen sie leider erneut mit leeren Händen da. Nach großem Kampf unterlagen sie der Sbornaja erst im Penaltyschießen – nach einem 2:2 in regulärer Spielzeit und einer torlosen Verlängerung.

Michal Řepík  (Foto: ČTK / Václav Šálek)
Stürmer Michal Řepík hatte nur 41 Sekunden nach der russischen Führung den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt und war einer der Aktivposten in einer aufopferungsvoll kämpfenden Mannschaft. Doch nach der Entscheidung musste er mit ansehen, wie die Gegner die Medaillen in Empfang nahmen – ein bitteres Erlebnis, und für ihn speziell das fünfte Mal in Folge:

„Wir hatten so viele Chancen, auch in der Verlängerung. Doch entweder machte der russische Torwart sie zunichte, oder wir trafen den Puck nicht gut. Das Penaltyschießen ist dann schon eher Glückssache. Das ist äußerst schade, denn wir haben sehr gut gespielt. Entsprechend groß ist unsere Enttäuschung, denn die Chance war da, eine Medaille zu holen. Leider haben wir sie nicht genutzt.“

Miloš Říha  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
Nicht minder niedergeschlagen war Kapitän Jakub Voráček:

„Das ist die größte Enttäuschung für mich in meiner Karriere. Wir waren so dicht dran an einer Medaille und haben für mich auch unser bestes Spiel bei der WM gezeigt. Wir hatten so viele Chancen, auch noch in der Verlängerung, als wir das Duell hätten für uns entscheiden können. Doch leider haben wir anschließend das Penaltyschießen verloren, deshalb ist die Enttäuschung jetzt groß.“

Head Coach Milos Říha fand aber auch tröstende Worte. Denn in seinen Augen wusste die Mannschaft bei der Weltmeisterschaft durchaus zu überzeugen:

Milos Říha: „Meiner Meinung nach haben wir uns bei diesem Championat hervorragend präsentiert, vor allem unsere offensive Spielweise war sehr gut. Wir haben endlich auch wieder unsere ureigenen Fähigkeiten bewiesen und damit das typische tschechische Eishockey gespielt.“

„Meiner Meinung nach haben wir uns bei diesem Championat hervorragend präsentiert, vor allem unsere offensive Spielweise war sehr gut. Wir haben endlich auch wieder unsere ureigenen Fähigkeiten bewiesen und damit das typische tschechische Eishockey gespielt. Die Mannschaft hat Siegeswillen gezeigt und am Ende auch ihr Kämpferherz ausgepackt. Leider hat uns nur ein wenig Glück gefehlt.“

Das sahen auch die zahlreichen Fans so, die zu den Spielen in die slowakische Hauptstadt kamen. Trotz der fehlenden Belohnung waren sie von ihrem Team begeistert. So etwa Pavel aus Prag:

„Das war einfach fabelhaft. Unsere Jungs haben toll gespielt, ganz besonders in der Verlängerung. Heute habe ich ein völlig anderes Team gesehen als gegen Kanada. Das war wirklich hervorragend.“

Hervorragendes Eishockey gab es dann auch noch im letzten Spiel dieser WM zu sehen, im Finale zwischen Finnland und Kanada. Dieses gewannen etwas überraschend die sehr lauf- und zweikampfstarken Finnen mit 3:1. Während am Wochenende kein tschechischer Jubel mehr erklang, dürfte der finnische bis weit in den Montagmorgen zu hören gewesen sein.


Die Zátopeks: Olympische Aushängeschilder des tschechischen Sports

Emil Zátopek | Foto: Roger & Renate Rössing,  Deutsche Fotothek,  CC BY-SA 3.0 DE
Ein wenig im Schatten der Eishockey-WM wurde in Tschechien ein Jubiläum begangen, das nicht unerwähnt bleiben sollte: Am 18. Mai 1899 wurde in Prag das Tschechische Olympische Komitee gegründet. Das war also vor 120 Jahren. Die vielleicht größten Aushängeschilder in der Geschichte des Sportverbandes waren die Leichtathleten Emil Zátopek und Dana Zátopková. Das berühmte Sportlerpaar gewann sieben olympische Medaillen, allein vier davon 1952 in Helsinki. Dort war der Langstreckenläufer Emil Zátopek einer der besonders gefeierten Helden.

Als Zátopek als Erster des Marathonfeldes ins Stadion einlief und das Rennen gewann, machte er eine einzigartige Leistung perfekt: den Gewinn aller Goldmedaillen auf der Langstrecke. Denn zuvor hatte er bereits über 5000 und 10.000 Meter gesiegt. Sein Triumph auf der kürzesten der drei Strecken habe damals auch seine Frau motiviert, schilderte Emil Zátopek einst im Tschechischen Rundfunk:

„Nach der Siegerehrung traf ich mit Dana zusammen, sie wartete mit ihren Konkurrentinnen auf den Beginn des Speerwurf-Wettbewerbes. Sie sagte: ‚Du hast gewonnen, das ist prima. Wo hast du deine Medaille, gib sie mir, ich brauche sie als Glücksbringer‘. Und schwupps hatte sie diese auch schon in der Tasche ihres Sportanzugs. Danach ging ich duschen, und ich war noch gar nicht richtig trocken, da kam auch schon unser Mannschaftsleiter in die Umkleidekabine und rief aufgeregt: ‚Emil, stell dir vor, Dana hat gleich im ersten Durchgang einen neuen olympische Rekord geworfen. Ich will nichts beschreien, aber sie wird wohl auch Gold gewinnen´! So kam es dann auch, das war für uns ein sehr glücklicher Tag.“

Dana Zátopková  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Für den Rundfunk hat sich auch Dana Zátopková einmal an eine Begebenheit erinnert, die sich nach den Spielen von 1952 in ihrer Prager Wohnung zutrug. Der Stein des Anstoßes war dabei ihr Goldspeer von Helsinki:

„Der Speer, mit dem ich die Goldmedaille gewonnen habe, war aus finnischem Birkenholz. Der Kampfrichter, der im Stadion von Helsinki die Weiten maß, kam zu mir und fragte mich, ob ich ihn haben will. Zu Hause wusste ich zunächst nicht, wo ich ihn hinlegen sollte. Als ich kurz unaufmerksam war, schnappte sich Emil den olympischen Speer und machte daraus einen Besen. Im ersten Moment war ich etwas beleidigt, denn ich erkannte darin eine gewisse Eifersucht von ihm, dass ich den Speer noch habe. Aber ich habe ihn von da an in der Küche tatsächlich als Besen aufbewahrt.“

Dana Zátopková ist mittlerweile 96 Jahre alt und lebt ein wenig zurückgezogen im beschaulichen Prager Stadtteil Troja. Emil Zátopek wiederum ist im November des Jahres 2000 im Alter von 78 Jahren in Prag gestorben.

Autor: Lothar Martin
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