Metternichs Daguerreotypie und Franz Josefs Waggon: Nationales Technikmuseum lädt ein

Foto: Barbora Kmentová

Es ist das größte Technikmuseum in Tschechien. Was die Sammlungen anbelangt, gehört es zu den größten Museen dieser Art in Europa. Das Nationale Technikmuseum im Prager Stadtteil Letná wurde nach einer gründlichen Instandsetzung Mitte Februar wieder geöffnet.

Museumsgebäude  (Foto: Kateřina Uksová,  Nationales Technikmuseum)
Nach vier Jahren öffnete das monumentale funktionalistische Gebäude auf der Letná-Höhe seine Tore wieder für die Öffentlichkeit. Auf einer Fläche von mehr als 5.500 Quadratmetern können die Besucher rund 5.000 Exponate sehen, erzählt Museumsleiter Karel Ksandr:

„Das Nationale Technikmuseum wurde für Kinder und ewig junge Interessenten im Alter von 6 bis zu 70 Jahren geöffnet. Bei den jüngsten Renovierungsarbeiten wurde das Gebäude des Museums, das aus den 1930er Jahren stammt, erst zu Ende gebaut. Es klingt absurd, aber es ist genauso.“

Der Grund ist der, dass der ursprüngliche architektonische Entwurf einst beim Umbau des Interieurs nicht berücksichtigt wurde. Das Gebäude diente zudem bis in die 1990er Jahre nicht nur dem Technikmuseum, sondern auch anderen Institutionen. Das Museumsgebäude wurde jetzt nach dem ursprünglichen Entwurf in Stand gesetzt und ist von nun an – zum ersten Mal in seiner 70-jährigen Geschichte – nur für Museumszwecke bestimmt.

Museumsleiter Karel Ksandr  (Foto: Barbora Kmentová)
Die komplette Renovierung des Gebäudes dauerte 1621 Tage. Nun können die Besucher fünf neu installierte Ausstellungen besichtigen: die Verkehrshalle, das völlig neu eröffnete Fotoatelier sowie Ausstellungen über die Drucktechnik, die Astronomie und Architektur. Die Architektur-Ausstellung ist ebenso ganz neu.

Rechts vom Museumseingang geht es in das neu eröffnete Fotoatelier. Beim Betreten des dunklen Raums hat man das Gefühl, man befindet sich in einem noblen Atelier vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Kurator Petr Kliment erklärt:

„Das Fotoatelier ist der erste Teil der neuen Museumsausstellung über die Geschichte der Foto- und Filmtechnik. Es wurde im Raum mit einer Glasdecke eingerichtet. Dies inspirierte uns dazu, alles hier so zu gestalten, wie es in einem Fotoatelier am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ausgesehen hat. Zu der Zeit war die Elektrizität noch kaum verbreitet. Die Fotografen machten die Fotos seit der Erfindung der Fotografie im Jahre 1839 bis in die 1920er Jahre in ähnlichen Räumlichkeiten, in denen auch die Maler gearbeitet haben. Meistens waren es Dachbodenzimmer mit einer Glasdecke, denn sie nutzten das Tageslicht beim Fotografieren. Hier kann man sich eine Vorstellung von der Einrichtung eines solchen Fotoateliers machen. Unter der Glasdecke hängen weiße licht streuende Textilien und schwarze Blenden. Der Fotograf musste die Beleuchtung der Szene, das fotografische Bild mit Hilfe dieser einfachen Mittel gestalten und er nutzte dabei das Tageslicht.“

Fotoatelier  (Foto: Kateřina Uksová,  Nationales Technikmuseum)
Für die Besucher sind im Fotoatelier einige interaktive Programme vorbereitet. Diejenigen, die sich mehr für die historische Fototechnik interessieren, können an Workshops teilnehmen, bei denen sie sich im historischen Atelier ablichten lassen. Sie können auch lernen, die klassischen Fotografien zu entwickeln. Aus dem nostalgisch aussehenden Fotoatelier kommt man in eine Ausstellung, die die einzelnen Etappen der Fototechnik dokumentiert. Nicht nur Fotogeräte, sondern auch alte Originalfotos kann man hier bewundern. Petr Kliment macht auf eine der ausgestellten Daguerreotypien aufmerksam. Die Daguerreotypie ist eine Fotografie auf einer glatt polierten Silberoberfläche. Träger ist in der Regel eine versilberte Kupferplatte.

„Die überhaupt älteste Daguerreotypie, die hier zu sehen ist, stammt nicht aus den Sammlungen des Technikmuseums. Sie stammt aus dem Schloss Kynžvart und wurde uns vom Tschechischen Denkmalschutzamt geliehen. Sie hat eine interessante Geschichte. Der französische Erfinder Louis Daguerre hatte sie mit weiteren Daguerreotypien in einer Serie noch vor der Erfindung der Fotografie hergestellt. Eine dieser Daguerreotypien hatte er Kanzler Metternich geschenkt.“

Ausstellung über Astronomie  (Foto: Martina Bílá)
Im Erdgeschoss des Museums unweit des Fotoateliers befindet sich des Weiteren die Ausstellung über Astronomie. In einem dunklen Labyrinth aus Glas schweben einzigartige Exponate, die die Geschichte der astronomischen Erkenntnisse der letzten 6.500 Jahre dokumentieren. Zu sehen sind hier Mess- und Navigationsgeräte, die einige hundert Jahre alt sind. Die ältesten davon stammen aus dem 15. Jahrhundert. Die Besucher können hier auch einen echten Meteoriten anfassen.

Die Verkehrshalle, die direkt gegenüber dem Haupteingang liegt, wird für den Hauptmagneten des Museums gehalten. Martin Ebel leitet im Nationalen Technikmuseum die Sektion für Architektur. Seinen Worten zufolge wurde auch nach der gründlichen Instandsetzung der Genius Loci des Museums beibehalten.

„Der Genius Loci ist mit dem Gebäude, der Verkehrshalle und dem ganzen Ort verbunden. Einige Generationen haben das Museum inzwischen besucht. Jeder von uns hat das Museum schon als Kind besucht und kam später mit den eigenen Kindern hierher. So entsteht der Genius Loci.“

Feuerwehrspritze,  die auch beim Brand des Prager Nationaltheaters eingesetzt wurde  | Foto: Barbora Němcová,  Radio Prague International
Zu den am meisten bewunderten Exponaten der Verkehrshalle gehören beispielsweise die Feuerwehrspritze aus dem Jahr 1795, die auch beim Brand des Prager Nationaltheaters eingesetzt wurde, das Automobil Benz Viktoria aus dem Jahr 1898 sowie das Jagdflugzeug Spitfire aus dem Jahr 1945. Besichtigen kann man hier auch einen Eisenbahnwaggon aus dem 1891. Es ist der einzige erhaltene Waggon des Salonzugs von Kaiser Franz Josef.

Das Nationale Technikmuseum ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.


Dieser Beitrag wurde am 25. Februar 2011 gesendet. Heute konnten Sie seine Wiederholung hören.