ČEZ muss Energie sichern – Staatliche Fördervereine brauchen Reform

Atomkraftwerk Temelín

In den Kommentarspalten der tschechischen Tagespresse spielen natürlich die Ergebnisse der Kommunalwahlen und der „Zwischenstand“ bei den Drittelwahlen zum Senat weiter eine große Rolle. Da uns die Wahlen aber auch in den nächsten Tagen weiter beschäftigen werden, werfen wir heute unseren Blick einmal besonders auf die Themen, die auch ohne Stimmzettel eine Meinung provozieren.

„Temelín müssen wir ausbauen, noch ist das billig“– unter diesem Titel wird in der Tageszeitung Mladá fronta Dnes ein Kommentar des Kernphysikers František Janouch zum geplanten Ausbau des Atomkraftwerks Temelín veröffentlicht. Energie bedeute Freiheit und Unabhängigkeit, unter diesem Credo habe er bereits vor 35 Jahren einen ähnlichen Artikel in der schwedischen Presse veröffentlicht. Und die schwedischen Politiker hätten diese Botschaft sehr wohl verstanden. Gleiches könne man von den tschechischen Politikern nicht unbedingt behaupten, moniert Janouch und verweist darauf, dass das Kabinett des ehemaligen Premiers Zeman im Jahr 2002 den staatlichen Energiekonzern ČEZ sogar zur Privatisierung freigeben wollte. Damit hätte Tschechien sein wichtigstes Instrument zur Regulierung der staatlichen Energiepolitik quasi aus der Hand gegeben, obwohl die energetische Sicherheit nun mal wichtiger sei als die „Sicherheit“, die Pandur-Radpanzer oder Gripen-Abfangjäger leisten können, so der Autor. ČEZ blieb zwar ein staatliches Unternehmen, doch seiner eigentlichen Rolle sei es in den zurückliegenden Jahren nur noch ungenügend nachgekommen, kritisiert Janouch:

„In den vergangenen zehn Jahren ist ČEZ durch das vorteilhafte Ausnutzen seiner Finanzquellen ein solch bedeutender Machtfaktor geworden, dass selbst der sonst so vorsichtige Rechtsanwalt und Vorsitzende des Verfassungsgerichtes, Pavel Rychetský, schon die Frage aufwarf: Regiert in Tschechien die Regierung oder ČEZ?“

„Žijeme v Česku nebo v ČEZku?“– leben wir in Tschechien oder im ČEZ-Reich, zitiert Janouch ein weiteres Bonmot und hinterfragt noch einmal:

„Sollte den Politikern nicht klar sein, dass die primäre Aufgabe von ČEZ nicht das Erwirtschaften immer größerer Geldstapel ist, sondern die Gewährleistung der energetischen Sicherheit des Landes?“

Im Kontext dieser Frage beargwöhnt Janouch danach auch die Diskussion, die derzeit um den Ausbau des AKW Temelín geführt wird. Seiner Meinung nach stehe es außer Frage, dass die Reaktoren drei und vier in Temelín errichtet werden müssen, denn spätestens im Jahr 2020 wird Tschechien neue Energiequellen brauchen, meint der Autor.


In einem weiteren Kommentar der Mladá fronta Dnes setzt sich Věra Drápelová mit der Ernennung von David Mareček zum neuen Direktor der Tschechischen Philharmonie auseinander. Der bedeutendste Klangkörper des Landes habe nun nach monatelangen Irrungen und Wirrungen um dessen Vorgänger zwar endlich wieder einen hoffnungsvollen Chef, die Probleme aber, so Drápelová, liegen tiefer:

„In der Tschechischen Philharmonie bleibt aber immer noch der ´alte Hund´ begraben, nämlich die Existenzform des Orchesters, die einschneidenden Veränderungen im Weg steht. Solange es nicht zu wirklichen Reformen der staatlichen Förderorganisationen kommt, wird sich auch nicht viel ändern.“


Mike Tyson  (Foto: www.wikimedia.org)
Mit dem dicken Titel „Die Schande des Jahres: Tyson kommt nicht nach Prag“, reagiert die linksorientierte Právo auf die kurzfristige Absage des ehemaligen Box-Schwergewichtsweltmeisters, der ursprünglich fünf Tage in Prag verbringen und dabei einige karitative Projekte anschieben wollte. Wie unerwartet die Absage von „Iron Mike“ gekommen ist, belegt die Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny. Sie hat am Dienstag noch einen ganzseitigen Artikel zum Besuch des ehemaligen Boxidols abgedruckt.