Tschechiens scheidender Regierungschef Paroubek fürchtet um Reformen

Der tschechische Ministerpräsident Jiri Paroubek schließt angesichts des unentschiedenen Ausgangs der Parlamentswahl Rückschläge beim Reformprozess seines Landes nicht aus. "Dies wird selbstverständlich ein wenig schwieriger als bisher. Ich hoffe, dass das künftige Bündnis so stabil wird wie meine bisherige Regierung", sagte der Vorsitzende der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei (CSSD) in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Montag in Prag. Seine Partei hatte die Abstimmung am Wochenende verloren, jedoch steht auch der konservative Wahlsieger ODS ohne Mehrheit da. Neuwahlen kämen nicht in Frage, betonte Paroubek: "Das schließe ich derzeit völlig aus." Als Analyse des Wahlergebnisses, das der ODS einen knappen Sieg vor der CSSD brachte, zog der Ministerpräsident einen Vergleich zu den deutschen Bundestagswahlen vom September 2005: "Der Wähler wollte den Wechsel, aber so viel Wechsel wiederum auch nicht." Zu einer möglichen Tolerierung einer von der ODS geführten Minderheitsregierung sagte Paroubek, diese Spekulationen seien vorzeitig: "Wir verschließen uns Gesprächen nicht. Aber es lässt sich keine Regierung tolerieren, in deren Programm solch kontroverse Punkte wären wie bei der ODS, nämlich die Einführung einer Einheitssteuer oder die Privatisierung öffentlicher Dienste." Der 53-Jährige wiederholte, dem ODS-Vorsitzenden Mirek Topolanek nicht zum Sieg gratulieren zu wollen: "Damit will ich nur aufmerksam machen auf absolut skandalöse Eingriffe der ODS in den Wahlkampf. Es war noch nie in Europa normal, einen Regierungschef ohne Beweise eines Mordkomplotts oder des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu beschuldigen." Dies heiße nicht, dass er ein schlechter Verlierer sei, wehrte sich Paroubek: "Das hat damit nichts zu tun."

Autor: Lothar Martin