Schulbank statt Gangsterjagd

Illustrationsfoto: calvinbasti on Foter.com / CC BY
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Deutsche und tschechische Polizisten arbeiten immer enger zusammen. Tschechischkurse sollen dabei helfen.

Illustrationsfoto: calvinbasti on Foter.com / CC BY
„Das Schwierigste am Tschechischen ist die Grammatik. Die ist vollkommen anders als die deutsche. Und auch die Buchstaben und die Aussprache. Eigentlich hat das Tschechische nichts mit dem Deutschen gemeinsam“, meint Rocco aus Freiberg in Sachsen. Der sportliche Enddreißiger ist Streifenpolizist, in den vergangenen Tagen reiste er zu einem ganz besonderen Einsatz in Prag. Und zwar war er einer von insgesamt 13 sächsischen Landespolizisten, die an einem Tschechischkurs im Sprachzentrum der Prager Polizeischule teilgenommen haben. Gabriela Trojánková leitet die Einrichtung:

„Viele Polzisten lernen Fremdsprachen. Aber wir unterrichten nicht nur die Polizeibeamten, sondern auch Kollegen vom Zoll oder aus dem Vollzug – einfach die Angestellten des Innenministeriums. In unserem Sprachzentrum wird Englisch, Deutsch, Französisch, Russisch und Tschechisch für Ausländer angeboten. Die Beamten bereiten sich dabei nicht immer konkret auf Einsätze vor, sondern lernen einfach Fremdsprachen, weil sie das aus verschiedensten Gründen für ihre Arbeit brauchen.“

Foto: Archiv der Prager Polizeischule
Seit 2009 lernen auch deutsche Polizisten Tschechisch in Prag. Das ist spätestens seit dem vergangenen Jahr wichtig, seitdem Deutschland und Tschechien einen Kooperationsvertrag zur Polizeiarbeit unterzeichnet haben. Dieser ermöglicht es den Beamten, beiderseits der Grenze enger zusammenzuarbeiten und auch im jeweils anderen Staatsgebiet zu operieren. Hauptsächlich kommen Beamte aus Sachsen und Bayern in die tschechische Hauptstadt, aber auch bei der Bundespolizei und eben dem Zoll steigt das Interesse an der Sprache des Nachbarlandes. Gabriela Trojánková:

„Das ist eine deutsch-tschechische Angelegenheit. Wir haben zwar auch eine Zusammenarbeit mit dem Sprachinstitut des Bundesheeres in Wien. Die ist aber nicht so intensiv.“

Konkret finden die Kurse alle vier Wochen statt und dauern eine Woche. Wie sieht der Unterricht aber genau aus? „Der Kurs sieht so aus, dass die Beamten jeweils von Montag bis Freitag bei uns sind. Sie wohnen dabei in der Schule. Der Unterricht fängt jeden Tag um acht Uhr an und endet um 13 Uhr. Die Unterrichtseinheiten dauern 90 Minuten. Insgesamt werden die Polizisten von fünf Kolleginnen betreut“, so Gabriela Trojánková

Außerdem bietet das Prager Sprachzentrum auch Tandems an. Das heißt, dass sich tschechische und deutsche Beamte treffen und tatsächlich miteinander kommunizieren. Manchmal nehmen die Lehrer ihre sächsischen oder bayerischen Schützlinge mit raus aus der Stadt, damit sie das Land auch außerhalb der Schulmauern kennenlernen.

Einkaufen und Freundschaften als Teil des Unterrichts

Prager Polizeischule  (Foto: Archiv der Prager Polizeischule)
Den am längsten laufenden Kurs leitet Alena Collerová:

„Normalerweise bin ich Deutschlehrerin, aber wir hatten nun auch die Chance, Tschechisch zu unterrichten. Das war für mich relativ neu. Ich habe also zusammen mit den Studenten begonnen zu lernen, natürlich nicht Tschechisch, aber Tschechisch zu unterrichten.“

Alena Collerová ist bereits sehr lange am Sprachzentrum der Polizeischule in Prag. Für sie ist es daher nichts Besonderes, Polizeibeamte zu unterrichten. Sie seien ja auch nur Menschen, meint die Pädagogin mit einem Lachen. Trotzdem war gerade der Tschechischkurs eine interessante Herausforderung für sie:

„Für mich waren diese Polizeithemen neu, mit ihnen habe ich mich erst einmal im Tschechischen bekannt machen müssen. Sonst läuft der Unterricht wie bei ganz normalen Leuten ab – es gibt nichts Spezifisches.“

Foto: Verlag Langenscheidt
Was sie sich aber wünschen würde, wären regelmäßigere und längere Kurse, meint die Lehrerin. Denn die langen Pausen seien nicht sehr förderlich zum Lernen einer Sprache. Wobei sie sich auf der anderen Seite sicher ist, dass die Kollegen ihre Kenntnisse im Dienst auch aktiv verwenden.

Manchmal hilft der Ehepartner

Alena Collerová ist vor allem von dem Konzept der Tandemkurse begeistert, die machen ihr besonders viel Spaß. Denn gerade da trägt die Arbeit der Lehrer erste Früchte:

„Wir haben zum Beispiel diese Klasse, die sich regelmäßig mit einer tschechischen Klasse zusammentut. Und wir haben ein gemeinsames Programm, bei dem die Schüler quasi zur Paararbeit gezwungen werden. Diese Kurse sind wirklich sehr beliebt. Dazu kommt noch, dass die Schüler auch private Freundschaften knüpfen. Und was ist schon besser beim Lernen einer Sprache, als wirklich eine Person zu haben, mit der man kommunizieren will.“

Das bestätigt auch der Streifenbeamte Rocco aus Freiberg. Für ihn kann kein Sprachkurs das wahre Leben ersetzen:

„Eigentlich ist erst nach dem Unterricht das große Lernen angesagt. Wenn man rausgeht in die Stadt und sich mit der richtigen Sprache auseinandersetzt. Diese ist dann doch ganz anders als das, was man hier in der Schule lernt. Die Verständigung klappt schon ganz gut, auch wenn manche Wörter und die Grammatik nicht ganz so sitzen. Aber im Allgemeinen bekommt man das, was man haben möchte. Und zusätzlich bekommt man noch ein Lächeln dazu, weil man die Sprache spricht“.

Viele Vorteile für das Grenzgebiet

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Rocco gibt zu, dass Tschechisch wirklich keine einfache Sprache ist. Dennoch meint er, dass es ein großer Vorteil ist, die Sprache der Nachbarn zu sprechen. Vor allem bei der Arbeit:

„Dadurch, dass mein Revierbereich bis an die tschechische Grenze geht und meine Arbeitsstelle ungefähr 50 Kilometer davon entfernt ist, haben wir extrem viel mit tschechischen Bürgern zu tun. Es ist sehr hilfreich, wenn man die Sprache der Leute sprechen kann, weil einige die deutsche und englische Sprache beherrschen. Wir haben so eine weitere Möglichkeit zu kommunizieren.“

Wer tut sich aber leichter im Unterricht: die Kollegen aus Bayern oder aus Sachsen? Alena Collerová versucht sich an einer Antwort:

„Das hängt nicht vom Bundesland ab, sondern eher von der familiären Situation. Zufälligerweise ist es bei den Kollegen aus Sachsen häufig so, dass sie tschechische Ehefrauen haben. Und wenn sie dann zu Hause Tschechisch sprechen können, ist auch das Lernen einfacher. Sie verstehen zum Beispiel Wörter, die wir hier in der Schule nicht durchnehmen. Das ist logisch.“

Das ist unter anderem bei Streifenpolizist Rocco so, für ihn war das Tschechische nicht ganz so neu, bevor er mit dem Kurs in Prag angefangen hat. „Tschechisch an sich lerne ich schon seit 21 Jahren. Aber ich habe erst im Oktober 2016 angefangen, dies in der Schule zu lernen“, erklärt der Sachse.

Hohe Erfolgsquote und greifbarer Nutzen

Wie erfolgreich sind die deutschen Polizisten aber mit dem Tschechischen? Die Leiterin des Sprachzentrums Gabriela Trojánková ist zufrieden:

„Ich meine, bei einigen muss man einfach sagen ‚Hut ab‘, weil die tschechische Sprache wirklich schwierig ist. Einige der Beamten sind ja nicht mehr 20 Jahre alt. Das ist auch wichtig. Denn mit 50 Jahren ist es nicht mehr so einfach, eine Fremdsprache zu erlernen. Einige der Schüler sind wirklich sehr gut und echte Sprachtalente. Manche sind wiederum nicht so begabt.“

Dennoch brechen einige Schüler den Unterricht ab. Warum und wie viele das sind, lasse sich nicht so einfach sagen, meint Trojánková:

„In Prozent kann ich das jetzt nicht ausdrücken. Aber es gibt viele, die einfach aus verschiedensten Gründen nicht mehr weitermachen können – aus dienstlichen Gründen zum Beispiel. Oder manche sehen nach einer oder zwei Wochen, dass sie es nicht schaffen, da die Sprache zu schwierig für sie ist.“

Die Kurse sind sehr beliebt bei den Beamten in Deutschland, mittlerweile haben laut Gabriela Trojánková etwa 50 Beamte den Sprachkurs absolviert. Deshalb hofft die Leiterin des Prager Sprachzentrums auch, dass man noch eine lange gemeinsame Zukunft vor sich hat:

„Das Projekt ist zeitlich nicht begrenzt. Wir hoffen aber, dass es auch in Zukunft weiterläuft. Denn wir sind davon überzeugt, dass es wirklich großen Sinn macht. Darüber freuen wir uns."