Nachrichten Donnerstag, 12. Februar, 1998

Nachrichten 12.2.98

Havel hospitalisiert

Václav Havel, Staatspräsident der Tschechischen Republik, wurde heute vormittag mit Fieber in das Krankenhaus eingeliefert. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Viruserkrankung. Dies teilte Präsidentensprecher Ladislav Spacek auf Grundlage eines Befundes des Ärtzekonsiliums von Havel mit.

Nato-Debatte erfolgreich begonnen

Die Abgeordnetenkammer des tschechischen Parlaments hat nach siebenstündiger Pause heute morgen ihre Debatte über den Regierungsentwurf zum Nato-Beitritts Tschechiens fortgesetzt. Gegen 12 Uhr Mittag endete diese mit der Zustimmung der Abgeordneten in erster Lesung. Mehrere Versuche seitens der Kommunisten und Republikaner zu einer Ablehnung des Regierungsentwurfes fanden nicht die nötige Zustimmung. Es wurde weiter beschlossen, dass sich 9 ständige Ausschüsse der Abgeordnetenkammer in den nächsten Wochen mit dem Regierungsentwurf beschäftigen werden, unter ihnen die Ausschüsse für Auswärtiges, Sicherheit und Verteidigung sowie der Verfassungs- und Rechtsausschuss. Erfolglos blieb der Vorschlag zu einer Verkürzung der Bearbeitungsfrist der Regierungsvorlage in den Abgeordnetenausschüssen, die laut Verhandlungsordnung der Abgeordnetenkammer 60 Tage beträgt.

Premierminister begrüsst Abgeordnetenbeschluss zum Nato-Beitritt

Premierminister Josef Tosovsky hat nach der ersten erfolgreichen Debatte über den Regierungsentwurf zum Nato-Beitritt Tschechiens seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass der Ratifizierungsprozess zum Nato-Beitritt Tschechiens noch von der derzeitigen (tschechischen) Abgeordnetenkammer abgeschlossen wird.

Aussenministerium spricht von positivem Signal

Das Tschechische Aussenministerium begrüsste die heutige Entscheidung der Abgeordnetenkammer zum Regierungsentwurf über den Nato-Beitritt der Tschechischen Republik, der von dieser in erster Lesung gebilligt wurde. Dem Aussenministerum zufolge handle es sich dem Ausland gegenüber um ein positives Signal.

Aussenminister Sedivy in USA

Der tschechische Aussenminister Jaroslav Sedivy, der sich zur Zeit mit seinem ungarischen und polnischem Amtkollegen in den USA aufhält und u.a. im Vorfeld des dortigen Ratifizierungsprozesses im Senat für die Nato-Osterweiterung wirbt, erklärte am Mittwoch, dass dieser Besuch zu einem besseren Verständnis der Ansichten auf beiden Seiten verholfen habe. Allerdings zeige erst die Abstimmung selbst, wieviele Senatoren letztendlich für die Nato-Erweiterung gewonnen werden konnten. Bei den vorgebrachten Zweifeln handle es sich Sedivy zufolge um 3 Kategorien. Die Nato sei wehrfähig, erfülle ihre Aufgabe und trage somit zur Sicherheit in Europa bei. Es sei daher schwer, die (amerikanischen) Wähler von den Kosten der Nato-Erweiterung zu überzeugen. Ebenso seien auch die Beziehungen der 3 Nato-Kandidaten zu Russland hinterfragt worden, die ihrerseits ihre Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit zugesichert haben.

Tschechisch-deutsche Beziehungen

Laut Nachrichtenagentur ctk ist zur Zeit unklar, ob die Abgeordnetenkammer nach Beendung der ersten Lesung über den Nato- Beitritt nun die unterbrochene Debatte über die tschechisch- deutschen Beziehungen wieder aufnimmt. Diese war vergangenen Freitag auf Vorschlag der Republikaner nachträglich auf das Sitzungsprogramm gesetzt worden. Grund war die Unzufriedenheit mit der Zusammensetzung des Koordinationsrates des tschechisch- deutschen Gesprächsforums auf deutscher Seite, vor allem mit der Ernennung von Franz Neubauer in diesen. Petra Buzkova, sozialdemokratische Vizepräsidentin der Abgeordentenkammer, hatte einen Vorschlag vorgelegt, dem zufolge nach Beendigung der Nato-Debatte einige Gesetze und Gesetznovellen behandelt werden sollten.

Roma-Minderheit

Heute fand die 1. Sitzung der "Zwischenressortlichen Kommission für Angelegenheiten der Roma-Kommunität" statt, der Minister und Regierungssprecher Vladimir Mlynar vorsteht. Weiter nahmen die Ausführende stellvertretende Kommissionsvorsitzende Monika Horákova, Vertreter der Ministerien und der Kommission sowie der Roma teil. Es wurden Fragen der Unterbringung für Roma-Rückkehrer, der Staatsbürgerschaft oder der Minderheitenberater in den Kreisämtern erörtert.

Havlova - Vision 97

Dagmar Havlova, die Frau des tschechsichen Staatspräsidenten und Gründerin der Initiative "Vize 97", hat verschiedene Persönlichkeiten des gesellschaftlichen und politischen Lebens am Mittwoch zu einem unformalen Treffen unter dem Motto "Ist die Tschechische Republik gross genug für alle?" eingeladen. Thematischer Schwerpunkt des Treffens war das Zusammenleben von Minderheiten und Mehrheiten und damit im Zusammenhang stehende Fragen von Toleranz und Harmonie in der Gesellschaft.

Doppelstaatsbürgerschaft für Tschechen im Ausland

Wie der Chef des für im Ausland lebende tschechische Landsleute zuständigen Senatsauschusses, Milan Spacek, am Mittwoch gegenüber Journalisten erklärte, setze er sich für die Einführung einer Doppelstaatsbürgerschaft für politische Flüchtlinge aus der Zeit des kommunistischen Regimes ein. Im Gegensatz zu anderen Ländern der EU mit anderslautigen Bestimmungen, müsse man auf die Besonderheiten der Entwicklung in den postkommunistischen Ländern reagieren. Der Experte für Verfassungsrecht Ales Gerloch, der in der Senats-Kommission referierte, sagte, dass bereits das Gesetz von 1990 Emigranten die Rückgewinnung der tschech. Staatsbürgerschaft ermöglicht hatte. Innen- und Aussenministerium arbeiten aber an einem neuen Gesetz, das denjenigen einen erneuten Antrag auf Rückgewinnung der Staatsbürgerschaft ermögliche, die seinerzeit von dem 1. Gesetz keinen Gebrauch gemacht haben, bzw. die in der Slowakei leben und nach Teilung der Föderation nicht die tschech. Staatsbürgerschaft gewählt haben. Insgesamt betrifft dies rund 80. 000 Personen. Bisher offene Frage im Staatsbürgergesetz waren vor allem von tschechischen Landsleuten in Kanada und den USA kritisiert worden.

Seminar zur Hochwasserkatastrophe

Auf Initiative von Präsident Václav Havel findet vom 19. bis 20. Februar ein zweitägiges Arbeitsseminar über die Zukunft der hochwassergeschädigten Gebiete statt. An der Veranstaltung nehmen sowohl die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden, staatliche Verwaltungsbeamte sowie Experten aus dem In- und Ausland teil. Präsident Havel soll laut ctk an dem gesamten Seminar teilnehmen. Dies wurde in Zusammenarbeit mit der Tschechischen Kammer der Architekten sowie dem Französischen Institut in Prag organisiert.

Unerwarteter Haushaltsüberschuss

Wie Libor Svoboda, stellv. Finanzminister am Donnerstag im Rahmen eines Manager-Forums in Prag erklärte, rechne man für 1998 mit einem leichten Überschuss im Staatshaushalt in Höhe von 1,2 bis 3 Milliarden Kronen.

Slowakischer Präsidentensohn an Deutschland übergeben

Laut Nachrichtenagentur dpa ist heute der Sohn des slowakischen Präsidenten Michal Kovac jr. im Zusammenhang mit einem möglichen Millionen-Betrug nach einwöchiger Haft in Pilsen von Tschechien an Deutschland ausgeliefert worden, wo der 36-jährige vor Gericht aussagen soll.

Studenten und EU-Recht

Studenten aus sieben europäischen Ländern haben sich heute in Prag getroffen, um im Rahmen einer dreitägigen Veranstaltung der Rechtsfakultät der Karlsuniversität ihre Kenntnisse in der Gesetzgebung der EU zu testen.

Das waren die Nachrichten.