Nachrichten Dienstag, 28. September, 1999

Havel gegen Verfassungsänderungen

Die Demokratische Bürgerpartei-ODS hat sich entschieden, den tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel zu einer Fernsehdiskussion über geplante Verfassungsänderungen aufzufordern, die die ODS gemeinsam mit den Sozialdemokraten ausgearbeitet hatte. Darüber informierte der Vizechef der ODS, Miroslav Macek, nach der Montagssitzung des Exekutivrates der ODS. Präsidentensprecher Ladislav Spacek erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur CTK, Präsident Vaclav Havel sei nicht der Meinung, dass ein Duell auf dem Bildschirm der geeignete Platz für eine Diskussion über Verfassungsänderungen sei. Die jetzige Diskussion über die Verfassung wird auf der Ebene des Abgeordnetenhauses und des Senats geführt, erklärte der Präsidentensprecher. Die Entwürfe der ODS und der CSSD zu Änderungen der Kompetenzen des Staatsoberhauptes sind nach Meinung von Präsident Havel so tiefgreifend, dass sie den Sinn des Präsidentenamtes in Frage stellen und den Gang des Staates und seine Integration in die EU lahmlegen könnten. Diese Verfassungsänderungen würden die Funktion des Staatspräsidenten insoweit ändern, dass sie zu einer neuen Wahl des Staatsoberhauptes führen würden, meint Vaclav Havel.

Kavan in Grossbritannien

Der Beitritt der Tschechischen Republik in die Europäische Union hat in der tschechischen Außenpolitik höchste Priorität. Für die Tschechische Republik bedeutet die Ost-Erweiterung der EU eine Erweiterung der Zone der Stabilität und gegenseitiger Zusammenarbeit. Dies erklärte der tschechische Außenminister Jan Kavan am Sonntag im südenglischen Bournemouth. In seiner Rede während einer Diskussion über die Vorbereitungen der EU auf ihre Erweiterung stellte Kavan fest, er verlange zwar nicht das Datum des Beitrittes der ersten Beitrittskandidaten, aber er nehme an, dass es an der Zeit sei, das Datum für die Beendigung der Beitrittsgespräche festzulegen. Dieselbe Meinung vertrat auf dem Seminar auch der britische Außenminister Robin Cook. Kavan forderte in seiner Rede unter anderem eine EU-Reform, als er erklärte, dass die EU mehr den Durchschnittsbürgern dienen sollte.

Zemans Brief an Blair

Der tschechische Außenminister überbrachte bei seinem Englandbesuch dem britischen Premier Tony Blair einen Brief vom tschechischen Premier Milos Zeman. Zeman antwortet darin auf Blairs Aufforderung, dass die tschechische Regierung Maßnahmen zur Einschränkung des Exodus der Roma nach Großbritannien treffen solle. Kavan erklärte, Zeman habe in seinem Schreiben das, was das Kabinett zur Lösung der Roma-Problematik unternehme, zusammengefasst, und er habe bestimmte Lösungen vorgeschlagen. Kavan brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die britische Regierung dies rational bewerten werde. Jan Kavan überreichte Zemans Brief dem britischen Außenminister Robin Cook.

Polizisten im Kosovo

Zehn tschechische Polizisten, darunter Kriminalbeamte und Drogenspezialisten, sind am Montag in die serbische Provinz Kosovo geflogen, um dort die internationalen Polizeieinheiten zu verstärken. Die tschechischen Polizisten werden ein Jahr lang im Kosovo arbeiten. Die internationale Polizeitruppe unterstützt seit Anang August die KFOR-Soldaten dabei, die Ordnung im Land wiederherzustellen und ethnisch motivierte Gewalt, Morde und Vertreibung zu unterbinden.

Draskovic bei Havel

Der Vorsitzende der serbischen Erneuerungsbewegung, Vuk Draskovic, fordert zwar einen verantwortungsbewussten Kampf der jugoslawischen Opposition gegen die jugoslawische Regierung, während seines Treffens mit dem tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel am Montag im Schloss Lany bei Prag bestätigte Draskovic jedoch, dass die serbische Opposition nicht einheitlich ist. Draskovic erklärte nach dem Treffen mit Präsident Havel gegenüber Journalisten, die Opposition müsse Milosevic und dessen Regime in den Wahlen angreifen, und zwar mit der Bedingung, dass die Opposition nach den Wahlen eine Koalition mit einer Stimmenmehrheit im Parlament bilden wird. Draskovic ist für die Durchführung vorzeitiger Wahlen, er verlangt jedoch nicht, dass der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic vor den Wahlen zurücktreten müsse. Vaclav Havel ist der Meinung, dass es notwendig sei, die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der serbischen Opposition vernünftig zu kombinieren. Der öffentliche Druck sollte seiner Meinung nach das gegenwärtige Regime zur Bildung einer Übergangsregierung zwingen, die freie Wahlen garantieren würde. Vaclav Havel möchte seine Begegnungen mit den Vertretern der serbischen Opposition fortsetzen, und wie er am Montag erklärte, erwarte er, dass ihn der montenegrinische Präsident Milo Djukanovic bald besuchen wird.

Vuk Draskovic hatte zuvor in Prag erklärt, er halte den Sturz des Regimes des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic für eines der derzeit wichtigsten Ziele der jugoslawischen Opposition. Unter anderem über dieses Thema diskutierte Draskovic mit dem tschechischen Vizeaussenminister Martin Palous.

Vetchy in der Türkei

Der tschechische Verteidigungsminister Vladimir Vetchy hat am Montag im türkischen Gölcük das Feldlazarett der tschechischen Armee besucht, in dem Ärzte und Sanitäter seit dem Erdbeben vor einem Monat den verletzten Überlebenden der Katastrophe helfen. Vetchy erklärte, die tschechische Armee rechne damit, ihr Feldlazarett in der Türkei mindestens bis Ende Oktober zu belassen. Vetchy schloss nicht aus, dass tschechische Mediziner in der Türkei länger bleiben könnten. Dies hänge jedoch von den Gesprächen mit den türkischen Vertretern ab.

Der Besuch ist für den Minister der Auftakt seines zweitägigen Aufenthaltes in der Türkei, im Laufe dessen er am Dienstag mit seinem türkischen Amtskollegen Sabahattin Cakmakoglu zusammentreffen wird.

Persson in Prag

Eine Reform der EU-Institutionen und ihr Einfluss auf die EU-Erweiterung werden Themen der Gespräche sein, die der tschechische Premier Milos Zeman mit seinem schwedischen Amtskollegen Göran Persson in Prag führen wird. Persson wird am Dienstag zu einem zwetägigen Besuch der Tschechischen Republik erwartet.

Rettungsfachleute aus Taiwan zurückgekehrt

Fünf tschechische Rettungsfachleute mit Spürhunden sind am Montag aus dem taiwanesischen Erdbebengebiet nach Prag zurückgekehrt. Dieselbe Gruppe hatte im August bei einer ähnlichen Katastrophe in der Türkei geholfen und hatte damals die tschechischen Behörden für ihr Zögern bei der Organisation der Hilfe für die Türkei kritisiert. Diesmal haben die Rettungsfachleute die Staatsorgane gelobt. Dem tschechischen Rettungsteam gelang es in Taiwan zwar nicht, in den Trümmern lebende Menschen zu finden, trotzdem haben die taiwanesischen Vertreter der Tschechischen Republik für die gewährte Hilfe gedankt. Darüber informierte Oto Jiranek von der Stiftung ADRA, die die Hilfe koordiniert hatte, die Nachrichtenagentur CTK.

"Hollar" stellt in Coburg aus

Großes Interesse erweckte in diesen Tagen eine Ausstellung der Vereinigung der tschechischen Graphiker "Hollar", die vom 11. September bis zum 10. Oktober in Coburg zu sehen ist. Der Vorsitzende der Vereinigung Hollar, Vladimir Suchanek, erklärte, die ausgestellten 157 graphischen Blätter von namhaften tschechischen Künstlern zögen dank ihres hohen künstlerischen sowie technischen Niveaus die Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit an.

Zum Abschluß der Wetterbericht:

Am Dienstag wird es in Tschechien bewölkt bis bedeckt sein. Es wird mit Regenschauern und Gewittern gerechnet. Die Nachttemperaturen sanken auf 12 bis 8 Grad. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 17 bis 21 Grad Celsius.