Nationalbibliothek: Die „Krake“ ist tot, es lebe das Klementinum

Dienstleistungshalle im Klementinum (Foto: www.nkp.cz)

„Blob“ oder „Krake“, so nannten die Prager den Entwurf für den Neubau der tschechischen Nationalbibliothek. Vor drei Jahren hatte Jan Kaplický mit seinem spektakulären Entwurf den Architekten-Wettbewerb gewonnen. Der anfänglichen Euphorie wich rasch Ernüchterung und in der politischen Realität der tschechischen Hauptstadt schmolzen die Chancen auf eine Umsetzung von Kaplickýs Projekt dahin. Nach dem tragischen Tod von Kaplický, der Anfang 2009 in Prag auf offener Straße zusammen gebrochen war, wurde es still um den Neubau der Bibliothek auf der Letná-Höhe. Nun ist Kaplickýs „Krake“ endgültig beerdigt worden. Die Nationalbibliothek wird den historischen Standort im Klementinum sanieren und ihr Depot am Stadtrand erweitern.

Rund 100.000 neue Bücher finden pro Jahr ihren Weg in die Bestände der tschechischen Nationalbibliothek. Der historische Standort der Bibliothek im Klementinum in der Prager Altstadt stößt durch diese Menge an seine Grenzen. Bereits seit Ende der 1990er Jahre müsse man ständig improvisieren, erläutert der Leiter der Nationalbibliothek, Pavel Hazuka:

Entwurf für den Neubau der Nationalbibliothek
„Unser Haus ist so voll, dass es ohne weitere Maßnahmen spätestens im Jahr 2011 zum Kollaps kommen würde. Schon jetzt sind alle Räume im Klementinum voll mit Büchern und oft lagern mehr Bände, als es die Statik erlaubt. Wenn wir so weiter machen, kann es eines Tages passieren, dass irgendwo die Decke herunter kracht. Das können wir uns natürlich nicht erlauben.“

Daher wird nun das Depot der Nationalbibliothek im Industriegebiet von Hostivař am östlichen Stadtrand von Prag in zwei Etappen erweitert. Die erste soll bereits im kommenden Jahr in Betrieb gehen. Rund 40 Millionen Euro sollen bis 2014 investiert werden. Für 50 bis 60 Jahre sollen die Speicherkapazitäten dann reichen.

Pavel Hazuka  (Foto: www.nkp.cz)
Gleichzeitig werden die in die Jahre gekommenen Bibliotheksräume im Klementinum saniert, um den jährlich 676.000 Besuchern und den rund 440 Mitarbeitern zeitgemäße Arbeitsbedingungen bieten zu können. Dies müsse unter dem laufenden Bibliotheks-Betrieb und unter strengsten Denkmalschutz-Auflagen geschehen, so Bibliotheks-Leiter Hazuka im Tschechischen Fernsehen:

„Wir werden uns bemühen, den Bibliotheksbetrieb so wenig wie möglich zu stören. Aber natürlich werden wir einzelne Abteilungen im Verlauf der Arbeiten umsiedeln müssen.“

Depot der Nationalbibliothek in Hostivař  (Foto: www.nkp.cz)
In insgesamt fünf Etappen wird der Komplex des ehemaligen Jesuitenklosters bis 2015 saniert. Für rund 75 Millionen Euro werden unter anderem ein klimatisierter Buchspeicher für die wertvollen historischen Bestände, ein modernes Datenverarbeitungszentrum und eine Tiefgarage entstehen. In ihr sollen jene Lieferwagen und Lkw parken, mit denen man in Zukunft die Bücher zwischen dem Klementinum und dem rund zwölf Kilometer entfernten Depot in Prag-Hostivař hin- und hertransportieren wird.