Die Geschichte von Radio Prag

Karel Capek (erster von links) und Frantisek Krizík (sitzend) während der Ausstrahlung der FriedensbotschaftenKarel Capek (erster von links) und Frantisek Krizík (sitzend) während der Ausstrahlung der Friedensbotschaften Ende 1937, als die Gefahr des Faschismus Mitteleuropa unmittelbar bedrohte, kam es in der Geschichte des Radiojournals zu einem bedeutenden Ereignis: Am 24. Dezember um 23 Uhr sendeten alle Inlandsprogramme des Tschechoslowakischen Rundfunks einen "Gruß an alle Menschen guten Willens". In diesem trugen der Vorreiter der Elektrotechnik Frantisek Krizík (1847-1941), genannt tschechischer Edison, und der Schriftsteller Karel Capek (1890-1938) ihre Friedensbotschaften vor. Der neunzigjährige Frantisek Krizík richtete seine Botschaft an Albert Einstein und Karel Capek an Rabindranath Tagore. Karel Capek sagte in seiner Botschaft unter anderem: "Meister Tagore, wir grüßen Sie aus der Tschechoslowakei, wo gerade Schnee fällt, aus Europa, wo es uns bange ist, aus der westlichen Welt, in der es nicht einmal die entwickeltsten Länder schaffen, sich als Brüder die Hände zu reichen. Zu einer Zeit, in der im äußersten Westen und Osten unseres großen gemeinsamen Kontinents Kanonen donnern, ruft Sie am Ende des Jahres eine schwache Stimme der westlichen Demokratie: Es lebe die Welt, aber die Welt der freien und gleichberechtigten Menschen." Sowohl der indische Nobelpreisträger als auch Albert Einstein hörten die Botschaften im Rundfunk und antworteten auf diese. Albert Einstein erklärte unter anderem: "Der weihnachtliche Gruß richtet sich wirklich an alle diejenigen, denen in dieser Zeit der Verwirrungen der Erhalt der geistigen Werte am Herzen liegt. Sie alle wissen, dass die Tschechoslowakei unter schwierigsten Bedingungen die politischen Freiheiten und Menschenrechte verteidigt und beschützt, ohne die sich das geistige Leben nicht entfalten könnte. Hoffnungsvolle und herzliche Grüße aller Freunde der Wahrheit, der Menschlichkeit und der Freiheit sind deshalb an die Tschechoslowakische Republik im Herzen Europas gerichtet, die unter der Führung von weisen und umsichtigen Männern es schaffte und schafft, für eine bessere Zukunft Europas zu arbeiten."

Am Vorabend des Krieges Karel Capek (erster von links) und Frantisek Krizík (sitzend) während der Ausstrahlung der Friedensbotschaften Ende 1937, als die Gefahr des Faschismus Mitteleuropa unmittelbar bedrohte, kam es in der Geschichte des Radiojournals zu einem bedeutenden Ereignis: Am 24. Dezember um 23 Uhr sendeten alle Inlandsprogramme des Tschechoslowakischen Rundfunks einen "Gruß an alle Menschen guten Willens". In diesem trugen der Vorreiter der Elektrotechnik Frantisek Krizík (1847-1941), genannt tschechischer Edison, und der Schriftsteller Karel Capek (1890-1938) ihre Friedensbotschaften vor. Der neunzigjährige Frantisek Krizík richtete seine Botschaft an Albert Einstein und Karel Capek an Rabindranath Tagore. Karel Capek sagte in seiner Botschaft unter anderem: "Meister Tagore, wir grüßen Sie aus der Tschechoslowakei, wo gerade Schnee fällt, aus Europa, wo es uns bange ist, aus der westlichen Welt, in der es nicht einmal die entwickeltsten Länder schaffen, sich als Brüder die Hände zu reichen. Zu einer Zeit, in der im äußersten Westen und Osten unseres großen gemeinsamen Kontinents Kanonen donnern, ruft Sie am Ende des Jahres eine schwache Stimme der westlichen Demokratie: Es lebe die Welt, aber die Welt der freien und gleichberechtigten Menschen." Sowohl der indische Nobelpreisträger als auch Albert Einstein hörten die Botschaften im Rundfunk und antworteten auf diese. Albert Einstein erklärte unter anderem: "Der weihnachtliche Gruß richtet sich wirklich an alle diejenigen, denen in dieser Zeit der Verwirrungen der Erhalt der geistigen Werte am Herzen liegt. Sie alle wissen, dass die Tschechoslowakei unter schwierigsten Bedingungen die politischen Freiheiten und Menschenrechte verteidigt und beschützt, ohne die sich das geistige Leben nicht entfalten könnte. Hoffnungsvolle und herzliche Grüße aller Freunde der Wahrheit, der Menschlichkeit und der Freiheit sind deshalb an die Tschechoslowakische Republik im Herzen Europas gerichtet, die unter der Führung von weisen und umsichtigen Männern es schaffte und schafft, für eine bessere Zukunft Europas zu arbeiten." Im Jahre 1938 gipfelte die Vorkriegsentwicklung der Auslandssendungen. Die Sendungen für Europa und Amerika wurden täglich um eine Stunde verlängert, die Sendungen für den Nahen und Fernen Osten um zwei. Insgesamt wurde im ersten Halbjahr 1938 täglich 9 Stunden gesendet. Die Sendungen für Europa sahen wie folgt aus: zunächst tschechische Nachrichten, es folgte ein halbstündiges Musikprogramm, dann deutsche Nachrichten, eine Vorlesung in Englisch, Deutsch oder Französisch, ein halbstündiges Musikprogramm, französische Nachrichten, ein zwanzigminütiges Musikprogramm, englische Nachrichten, eine technische Pause und ein 25minütiges Musikprogramm. Die Musikprogramme nahmen etwa drei Viertel der Sendezeit ein, die Nachrichten 15%, die Vorlesungen 5% und literarische Sendungen und Presseschauen ebenfalls 5%. Im Mai 1938 wurde das Radiojournal zu den Betrieben gezählt, die für die Verteidigung des Staates von großer Bedeutung sind. Der Staat kontrollierte die Sendungen nun strenger.

1938 begann der Brünner Dichter und Literat Ivan Jelínek seine Arbeit bei den Kurzwellensendungen. An die hektische Zeit Ende der 30er Jahre erinnert er sich wie folgt: "Unsere tschechischen und slowakischen Sendungen waren für unsere Landsleute in Amerika bestimmt, die englischen Sendungen für England und die Englisch sprechende Welt in Afrika und Asien; das galt auch für die Sendungen in Französisch; die spanischen Sendungen richteten sich nach Südamerika. Die Station Praha OLR sendete einschließlich der Musik, die etwa ein Drittel der Zeit ausmachte, täglich ca. 20 Stunden. Nachrichten hatten wir in Tschechisch, Slowakisch und in den erwähnten Sprachen; die Nachrichten kamen über Draht von der tschechoslowakischen Presseagentur CTK in das Funkhaus. Alle Skripte mussten dem Zensor, Dr. Fort, vorgelegt werden. Der hat uns oft beraten und so manches gerettet."

Ivan Jelínek erwähnt einige wichtige Details. Zum einen die Ausstrahlung von Nachrichten, die direkt von CTK übernommen wurden. Dies war in der Vorkriegszeit für alle Programme des Tschechoslowakischen Rundfunks üblich. Diese Praxis änderte sich allerdings in den kritischen Tagen des Herbstes 1938, als im Rundfunk eine eigene Nachrichtenredaktion entstand. In dieser wurden Nachrichten in den verschiedenen Sprachen für die Kurzwellensendungen verfasst. Beachten sollte man auch die Erwähnung des Zensors sowie des Namens der Station. Die Existenz eines Zensors bestätigen auch weitere Zeitzeugen. Sie sind sich darin einig, dass er nicht besonders streng war und einige Texte, insbesondere die fremdsprachigen, nicht las. Was das Rufzeichen für die Identifizierung von Kurzwellenstationen betrifft, so war dem Tschechoslowakischen Rundfunk das internationale Prefix OLR zugeteilt worden, nach dem die genaue Bezeichnung der Frequenz folgte. Der Sender Podebrady benutzte beispielsweise für das 19m Band das Rufzeichen OLR5A und OLR5B, im 25m Band meldete er sich als OLR4A und im 49m Band als OLR2A. Als Stationszeichen der Kurzwellensendungen dienten die ersten Takte aus der Symphonie "Aus der neuen Welt" von Antonín Dvorák.

Die Ansagerin Bozena DanesováDie Ansagerin Bozena Danesová Im Herbst 1938, als Deutschland die Abtretung der überwiegend von Deutschen besiedelten Grenzgebiete forderte, kam es zu einer weiteren, bedeutenden Erweiterung der Sendungen. Die Nachrichtensendungen wurden verlängert und die Gesamtzeit der Ausstrahlungen erreichte während der Septemberkrise 22 Stunden täglich. Am 15. Oktober, einige Tage nach der Unterzeichnung des Münchner Abkommens, in dem die Tschechoslowakei gezwungen wurde, die Grenzgebiete abzutreten, wurde ein neues Sendeschema eingeführt. Neben den bisherigen Sendungen für Europa, Amerika und den Osten entstanden zwei neue Sendungen für Mittel- und Südamerika. Täglich wurde 19 Stunden gesendet, davon 14 Stunden lang Musik und mehr als drei Stunden Nachrichten. Zu den bereits vorhandenen Sprachen (Tschechisch/Slowakisch, Englisch, Deutsch, Französisch, Ruthenisch, Spanisch) kamen Italienisch, Portugiesisch, Serbokroatisch und Rumänisch hinzu. Damit ein möglichst großer Effekt erzielt wurde, wurden die Kurzwellensendungen mit dem Inlandsprogramm Praha II verbunden. Die Kurzwellensendungen und das Programm Praha II wurden also sowohl auf Kurz- als auch auf Mittelwelle ausgestrahlt. Im Dezember 1938, nach dem Verlust der Sender im Grenzgebiet und der teilweisen Verselbständigung des Slowakischen Rundfunks, benannte sich die Gesellschaft Radiojournal in "Ceskoslovenský rozhlas" (Tschechoslowakischer Rundfunk) um.

Zur Zeit des Münchner Abkommens arbeitete auch der kanadische Journalist und spätere Historiker Gordon Skilling im Tschechoslowakischen Rundfunk. Er forschte in Prag für seine Doktorarbeit, zugleich verdiente er sich als Redakteur der Kurzwellensendungen etwas Geld: "Ich arbeitete bei den Sendungen für Nordamerika und habe Nachrichtenbulletins auf Grundlage tschechischer Nachrichten und Zeitungsartikel vorbereitet. Ich erinnere mich an die große Enttäuschung der Menschen nach München. Einer meiner Vorgesetzten im Rundfunk - er hieß Kraus - hat aus Protest sogar seine französische Auszeichnung der Ehrenlegion in die Moldau geworfen."

An dieser Stelle sollten noch die Sendungen in Esperanto erwähnt werden, die eine wichtige Rolle bei der Information der Weltöffentlichkeit über die Ereignisse in der Vorkriegstschechoslowakei spielten. Die Sendungen in Esperanto gehörten nicht zu den Auslandssendungen, richteten sich aber an das gleiche Publikum. Sie wurden in den Inlandsstationen in Brno/Brünn und Ostrava/Ostrau vorbereitet und wurden auf Mittelwelle ausgestrahlt. Sie bestanden aus Vorlesungen über die Tschechoslowakei, 1938 kamen Nachrichten über die politische Situation hinzu. Das Echo auf die Esperanto-Sendungen kam aus der ganzen Welt, im letzten Vorkriegsjahr trafen über 2.000 Briefe in Prag ein. Zwei Sendungen in Esperanto wurden 1938 auch auf Kurzwelle gesendet.

Warnaufschrift auf einem Rundfunkempfänger während des KriegsWarnaufschrift auf einem Rundfunkempfänger während des Kriegs Am 15. März 1939 besetzte das nationalsozialistische Deutschland den Rest der Böhmischen Länder, das sog. Protektorat Böhmen und Mähren wurde ausgerufen. An diesen Tag erinnert sich die Sprecherin Bozena Danesová-Trojanová: "Am 15. März saß ich im Studio und wartete auf das übliche Signal vom Sender Podebrady. Das, was dann passierte, hatte keiner erwartet. Es klopfte und ein deutscher Offizier trat ein. Ich muss sagen, dass er höflich war. Er entschuldigte sich und erklärte, dass die Sendungen von Podebrady eingestellt worden seien. Damit endete die Vorkriegszeit des Kurzwellensenders der sich mit OLR meldete. Die Okkupation beendete auch meine Karriere als Sprecherin."

Ivan Jelínek führt in seinen Erinnerungen an die bewegte Zeit um den 15. März 1939 folgendes an: "Im Rundfunkgebäude ließ sich ein neuer Chef nieder, der den Titel Führers Stellvertreter hatte und Marek hieß. Ich ließ mich bei ihm anmelden und sagte ihm, dass ich die Rede Hitlers, in der dieser die volle kulturelle Unabhängigkeit des tschechischen Volkes versprochen hatte, genauestens studiert habe. Deshalb frage ich also nun, ob der Rundfunk Bestandteil der Kultur des tschechischen Volkes sei. Marek war überrascht, aber antwortete mit ja. Ich forderte ihn deshalb auf, den Befehl für die Wiederaufnahme der Kurzwellenstation Praha OLR zu geben. Marek versprach, festzustellen, was sich machen ließe. Er rief mich wirklich zwei Tage später an und sagte, dass er die Fortführung der Kurzwellensendungen erlaube, allerdings nur in tschechischer Sprache."

Die Gedenktafel am Gebäude des Tschechischen Rundfunks, mit den Namen von Faschismusopfern, u.a. auch dem von Zdenka WallóDie Gedenktafel am Gebäude des Tschechischen Rundfunks, mit den Namen von Faschismusopfern, u.a. auch dem von Zdenka Walló Während des Krieges verschwanden die Kurzwellensendungen also nicht völlig. Von den knapp 20 Sendestunden blieben allerdings nur zwei, in denen nach Nordamerika gesendet wurde. Das Programm bestand fast nur aus Musik, unterbrochen von zehnminütigen offiziellen Nachrichten auf der als OLR4A bezeichneten Frequenz im 25m Band, im Sommer OLR5A im 19m Band.

Nach der Okkupation wurde der Tschecho-Slowakische Rundfunk immer mehr eingeschränkt, schließlich entstand der "Tschechische Rundfunk", der als "Sender Böhmen und Mähren" Teil des Reichsfunks wurde. Alle offiziellen Medien - einschließlich des Rundfunks - verkamen zu einem Instrument der nationalsozialistischen Propaganda. Auf Anordnung des Ministeriums für Verkehr und Kommunikation wurden bereits im März 1939 Personen jüdischer Abstammung aus dem Rundfunk entlassen. Die meisten der Vorkriegsredakteure und -sprecher verließen den Rundfunk. Einige - wie Ivan Jelínek - emigrierten, andere fanden neue Berufe. Das Leben der Ansagerin Zdenka Walló, die jüdischer Abstammung war, endete im Konzentrationslager. An sie erinnert heute eine Gedenktafel für Faschismusopfer am Gebäude des Tschechischen Rundfunks.

 
   Inhalt