Tschechiens Maschinenbauer haben neue Trends erfolgreich aufgegriffen

Testgerät für Halbleiter (Foto: www.bvv.cz/msv)
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In der mährischen Kreisstadt Brno/Brünn findet dieser Tage die größte Maschinenbau-Messe in Mitteleuropa statt. Mit dieser Messe sowie mit den Erfolgen und Problemen des tschechischen Maschinenbaues hat sich Lothar Martin auseinandergesetzt.

An der 47. Internationalen Maschinenbau-Messe in Brünn nehmen ähnlich wie im Vorjahr rund 2250 Aussteller aus 33 Ländern teil. Der Schwerpunkt der Messe liegt diesmal auf den Fachbereichen Plaste, Gummierzeugung und Chemie, in denen 260 Aussteller vertreten sind, darunter einige Dutzend Erstteilnehmer aus Asien und Europa. Überhaupt kann man festhalten, dass der Anteil der ausländischen Aussteller an dieser Messe einen bereits großen Stellenwert aufweist, wie Jiri Rousek von der veranstaltenden Gesellschaft Veletrhy Brno bestätigt:

"Die hohe Teilnahme von 830 ausländischen Ausstellern macht einen Anteil von nahezu 37 Prozent aus. Und was die Besucherzahl der Messe anbelangt, so erwarten wir einen ähnlichen Andrang wie im vergangenen Jahr, als uns 105.000 Interessenten besucht haben."

Unter diesen ausländischen Teilnehmern sind - wie nicht anders zu erwarten - die Nachbarländer der Tschechischen Republik am stärksten präsent.

"Das traditionell größte Ausstellerland unter unseren Gästen ist Deutschland, was selbstverständlich auch damit zusammenhängt, dass Deutschland unser größter Handelspartner ist. Die zweitgrößte Anzahl an ausländischen Ausstellern kommt aus der Slowakei, die mit 100 Firmen in Brünn vertreten ist. An dritter Stelle folgt Österreich."

Unter den Spezialgebieten des Maschinenbaus sind die Hersteller von Metallbearbeitungs- und Formungsmaschinen am stärksten vertreten. Die in Brünn gastierenden 585 Firmen stellen etwas mehr als ein Viertel der Gesamtzahl der Aussteller dar. Und die einheimischen unter ihnen können auf eine durchaus erfreuliche Zwischenbilanz verweisen: Im ersten Halbjahr 2005 haben die tschechischen Hersteller von Metallbearbeitungs- und Formungsmaschinen nämlich ihre Produktion um 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf den Warenwert von knapp 3,9 Milliarden Kronen (ca. 130 Millionen Euro) steigern können. Und anderem deshalb, weil sie mehr und mehr einem neuen Trend gefolgt sind. Diesen Trend hat der Direktor des Verbandes der Hersteller und Lieferanten von Maschinenbautechnik, Zdenek Holy, gegenüber dem Tschechischen Rundfunk wie folgt charakterisiert:

"Heute wollen die Kunden vor allem eine moderne Technologie. Das heißt, sie wollen einen solchen Auftragnehmer, der in der Lage ist, bestimmte Teile so schnell als möglich und zu den differenzierten Bedingungen des Auftraggebers zu produzieren. Aus diesem Grund entstehen heutzutage sowohl neue Maschinen als auch neue Technologien, von denen man zu Recht behaupten kann, dass sie multifunktionell sind. Die klassische Grenze zwischen den einzelnen Maschinenbau-Technologieverfahren verschwindet allmählich. Doch das ist der Trend, der in der Welt Einzug gehalten hat, und den auch unsere Hersteller sehr erfolgreich aufgegriffen haben. Sie verstehen es, solche Maschinen herzustellen und sie dann auch sehr gut zu verkaufen."

Und wie schlagen sich die tschechischen Maschinenbau-Unternehmen im Einzelnen? Hier eine kleine Auswahl an Fakten und Zahlen: Im Landkreis Böhmisch-Mährische Höhe waren es in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres die Arbeitnehmer in der Maschinenbaubranche, die die höchsten Löhne einstreichen konnten. Die Beschäftigten der Hersteller von Verkehrsmitteln und -einrichtungen zum Beispiel erhielten zuletzt ein durchschnittliches Monatsgehalt von 23.100 Kronen (ca. 770 Euro). Das waren fast sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Zum Vergleich: Die Arbeitnehmer in der Bekleidungs- und Lederwarenindustrie verdienten in der gleichen Zeit maximal 11.800 Kronen monatlich. Die Löhne sind gerade in dieser ansonsten strukturschwachen Region an die Auftragslage gekoppelt. Und hier plant zum Beispiel ein Unternehmen wie die Gesellschaft SaZ aus Sazava noch in diesem Jahr eine Ertragssteigerung um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr, weil der Umsatz läuft. Das ist insbesondere bei der Umrüstung von Lastkraftwagen zu Zwei-Wege-Fahrzeugen der Fall, die nach der Aufrüstung sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene bewegt werden können. Der anteilige Umsatz, den die Firma mit dieser Tätigkeit erzielt, beträgt immerhin knapp 75 Prozent. Auch die Maschinenbaufirma Brano in Hradec nad Moravici verdient ihr Geld hauptsächlich mit Zulieferungen für die Autobranche. Brano ist hierbei an einem Gemeinschaftsprojekt mit Skoda Auto und VW beteiligt, bei dem das Unternehmen dazu beitragen wird, dass sich die Wagentüren der Autos der genannten Automarken in Zukunft leichter öffnen lassen.

Auch in der vor ihrer Privatisierung fast schon als Sorgenkind geltenden tschechischen Stahlbranche geht es aufwärts. So wird der größte Produzent auf diesem Sektor, die Stahlgesellschaft Mittal Steel Ostrava, aller Voraussicht nach im nächsten Jahr mit seiner Tochtergesellschaft Vysoke pece Ostrava fusionieren. Laut Aussage von Gregor Münstermann, dem Generaldirektor der Gesellschaft, soll die Arbeitsproduktivität in seinem Unternehmen bei einem anhaltenden Jahreswachstumstempo von sechs Prozent im Jahr 2010 wenigstens 500 Tonnen Stahl pro Arbeitsnehmer erreichen. Das, so Münstermann, sei eine Zahl, die in Europa als konkurrenzfähig wahrgenommen werde. Auch hier der Vergleich: Im Jahr 2002 erzeugte die Hütte 300 Tonnen Stahl je Arbeitnehmer.

Aber nicht überall herrscht eitel Licht und Sonnenschein. Vor allem nicht in den Bereichen, wo sich die nahezu übermächtige Konkurrenz aus China mehr und mehr in den Vordergrund schiebt. Zum Beispiel bei der Herstellung von Papierschneidemaschinen. Diese Konkurrenz jedenfalls hat zuletzt auch die Firma Maxima Cutters aus dem mährischen Blansko zu spüren bekommen. Aus diesem Grunde stellt das Unternehmen mit der 160-jährigen Maschinenbau-Tradition zum Jahresende seine Produktion ein. Wie der Vorstandsvorsitzende der Firma, Jiri Smehlik, der Nachrichtenagentur CTK als Erklärung für diesen Schritt mitteilte, habe der tschechische Markt in diesem Segment aufgehört zu existieren, und die Absatzmärkte im Osten, in die man über 30 Prozent der Produktion geliefert habe, seien nun von den Chinesen besetzt. Nicht nur wegen dieses Beispieles warnt auch der Präsident des Verbandes für Industrie und Verkehr Jaroslav Mil davor, dass die gegenwärtig hohen Energiepreise, der schwierige Zugang zu den Rohstoffen sowie der schlechte Zustand der Verkehrsinfrastruktur im Lande das weitere Wachstum der tschechischen Unternehmen durchaus einbremsen könne:

"Der nicht besonders gute Zustand der Verkehrsinfrastruktur ist ein limitierender Faktor für die Entwicklung des Unternehmertums. Ich rechne es zwar den Verantwortlichen an, dass sie bemüht sind, weitere Mittel für die schrittweise Fertigstellung der hiesigen Verkehrsinfrastruktur aufzutreiben, doch grundlegende Verbesserungen wie zum Beispiel die Entlastung der Hauptverkehrsader von Prag nach Brno/Brünn über Hradec Kralove/Königgrätz und Olomouc/Olmütz werden noch lange auf sich warten lassen."

Dennoch, abschließend bleibt festzuhalten, dass die tschechischen Maschinenbau-Unternehmen in den zurückliegenden Jahren einen ständigen Ertragszuwachs bei einer gleichzeitigen Verringerung der Beschäftigungskapazität zu verzeichnen hatten. Allein im vergangenen Jahr sind den vorliegenden Angaben des Prager Ministeriums für Industrie und Handel zufolge die aus der Herstellung und Reparatur von Maschinen und Anlagen hierzulande erzielten Erträge um 22 Milliarden Kronen auf nahezu 196 Milliarden Kronen (ca. 6,5 Milliarden Euro) gestiegen. Innerhalb der letzten fünf Jahre konnte dabei ein Zuwachs von fast 50 Prozent verbucht werden. Ob diese Entwicklung in dieser Form anhält, bleibt abzuwarten. Denn die katalysierenden Faktoren wir der vorjährige Beitritt Tschechiens zur EU sowie die abgeschlossenen Restrukturierungen und Transformierungen in den Unternehmen werden nicht ewig einen solch hilfreichen Einfluss haben wie in der jüngsten Vergangenheit.