Tschechiens Exportstrategie 2006-2010 setzt verstärkt auf Dienstleistungen und Investitionen

Martin Tlapa

Der tschechische Außenhandel boomt wie lange nicht. Doch die Planer im hiesigen Wirtschaftsressort wollen die Entwicklung nicht dem Zufall überlassen. Deshalb haben sie sich schon vor einem Jahr mit einem Strategiepapier befasst, das Ihnen Lothar Martin in der aktualisierten Wiederholung eines Wirtschaftsmagazins vom vergangenen November nun noch einmal vorstellen will.

Martin Tlapa
Die tschechische Wirtschaft erlebt in den letzten vier Jahren eine gute Zeit. Ihr Wachstum vollzieht sich in einem höheren Tempo als der durchschnittliche Zugewinn der Europäischen Union, und es steht völlig außer Diskussion, dass an dieser Entwicklung die im Außenhandel erzielten Ergebnisse einen beeindruckenden Löwenanteil haben. Der Beleg: Im Juni konnte das Außenhandelsgeschäft einen Exportüberschuss von 8,9 Milliarden Kronen erzielen, das entspricht rund 320 Millionen Euro. Und das soll nach Möglichkeit noch lange so bleiben, betrachtet man doch hierzulande den Export von Waren und Dienstleistungen als Antriebsfeder des Wirtschaftswachstums. Doch weil dieser Positivtrend im Spannungsfeld der international harten Konkurrenz beileibe kein Selbstläufer ist, hatte man im Prager Ministerium für Industrie und Handel bereits im vergangenen Jahr die Exportstrategie der Tschechischen Republik für den Zeitraum von 2006 bis 2010 ausgearbeitet. Was aber das Ministerium dazu bewogen hatte, das neue Strategiepapier schon ein Jahr vor Ablauf des alten auf den Weg zu bringen, dazu erklärte der stellvertretende Wirtschaftsminister Martin Tlapa vor Jahresfrist:

"Es hat uns die Tatsache dazu geführt, dass wir nach dem Beitritt unseres Landes zur Europäischen Union auf etwas veränderte Bedingungen gestoßen sind, die auf unsere Exporteure Einfluss nehmen. Wir sind Bestandteil eines einheitlichen inneren Marktes geworden, so dass wir in diesem Sinn nicht mehr von einem klassischen Export sprechen, sondern davon, dass wir uns jetzt hauptsächlich auf einem inneren Markt bewegen, der keine territorialen Prioritäten mehr kennt."

Und um gleich aufzuzeigen, auf was man in den nächsten fünf Jahren besonderen Wert legen will, legte Tlapa sofort nach:

"Wir haben darauf geschaut, was die Klienten von uns verlangen. Und die wesentlichste Veränderung gegenüber dem noch aktuellen Strategiepapier ist die völlig neue Ausrichtung auf die Unterstützung des Exports von Dienstleistungen und von Investitionen."

Gegenwärtig ist die sehr gute Außenhandelsbilanz der Tschechischen Republik vor allem auf den hohen Anteil der Ausfuhr von Gütern zurückzuführen. Deshalb fragte Radio Prag bei Martin Tlapa nach, in welchem Ausmaß man denn zum Beispiel den Anteil an exportierten Dienstleistungen erhöhen will.

"Sie haben recht: Die Tschechische Republik ist ein großer Exporteur von Waren. Hierbei sind es vor allem die Erzeugnisse des Maschinenbaues, die unsere Warenausfuhr nachhaltig prägen. Demgegenüber ist der Anteil an auswärtig gewährten Dienstleistungen relativ gering. Er beträgt zurzeit so zwischen acht bis neun Prozent. Unsere Vorstellung ist es, wie im Strategiepapier angegeben, dass wir den Export von Waren in den Jahren 2006 bis 2010 von derzeit 6300 Dollar pro Kopf der Bevölkerung auf 10.400 Dollar pro Kopf der Bevölkerung steigern werden. Der Export von Dienstleistungen soll sich im gleichen Zeitraum von 760 Dollar auf 1140 Dollar pro Kopf der Bevölkerung erhöhen. Das würde sich dann selbstverständlich auch in der Gesamtstruktur unseres Außenhandels niederschlagen, in der sich dann der Anteil der exportierten Dienstleistungen vergrößern würde."

Noch interessanter ist jedoch der Fakt, dass der tschechische Staat die Wirtschaftskapitäne des Landes darin unterstützen will, noch mehr Investitionen als bisher im Ausland zu tätigen. Auf den ersten Blick erscheint einem dieses Vorhaben als kontraproduktiv, könnte doch der Verlust der dem Inland vorenthaltenen Gelder dazu führen, dass die Binnennachfrage ins Stocken gerät oder aber Firmen zu Hause Arbeitsplätze abbauen, weil sie mehr und mehr im Ausland expandieren. Doch Tlapa hält diesen Argumenten entgegen:

"Selbstverständlich können Auslandsinvestitionen ein kontroverses Thema sein, denn wie Sie bereits sagten, könnten dadurch Arbeitsplätze verloren gehen, weil eine Firma nun ihre Produktion im Ausland realisiert. Das Ganze bedarf jedoch einer tieferen Analyse, denn ich meine, dass dies für die Maximierung der Kapitalerträge der entsprechenden Firmen zweckdienlicher ist. Selbstverständlich investieren Unternehmen immer dort, wo sie einen größeren Gewinn erzielen können, aber nicht jedes kann dieses Vorhaben auch im Ausland umsetzen. Meiner Meinung nach sollte man es jedem Unternehmen ganz konkret selbst überlassen, wie es seine finanziellen Ströme mittel- und langfristig absichert, indem es die Gewinne steigern kann oder aber Kosten minimieren muss, um am Markt konkurrenzfähig bleiben zu können."

Zur Unterstützung des tschechischen Exports werden gegenwärtig rund 890 Millionen Kronen (ca. 30 Millionen Euro) bereitgestellt. Die hiesigen Exporteure können im Rahmen der staatlichen Unterstützung auf 300 Millionen Kronen aus den so genannten weichen Krediten zurückgreifen, weitere 210 Millionen Kronen stellt das Ministerium für Industrie und Handel zur Unterstützung von Teilnahmen bei Auslandsmessen und -ausstellungen zur Verfügung. Der Betrieb der Wirtschaftsreferate an den tschechischen Botschaften ist mit rund 110 Millionen Kronen abgesichert und die Agentur CzechTrade lässt 270 Millionen Kronen in das tschechische Außenhandelsgeschäft einfließen. Bis zum Jahr 2010 sollen alle diese Zuwendungen um rund 20 Prozent erhöht werden, eine Ausgabensteigerung, die Martin Tlapa so kommentierte:

"Im Grunde genommen ist die Erhöhung gegenüber dem aktuellen Stand nicht sonderlich beträchtlich. Wir rechnen jedoch damit, dass wir die Ausgaben bis zum Jahr 2010 um ca. 20 Prozent erhöhen werden. Der größte Teil davon soll in die Aufstockung der Staatsbediensteten gesteckt werden, die im Ausland auf dem wirtschaftlichen Sektor tätig sein werden. Also, das ist kein gewaltiger Kostenanstieg, und wir gehen davon aus, dass wir den überwiegenden Anteil dieser Kostenerhöhung durch das Budget unseres Ministeriums sowie über die Nutzung der EU-Strukturfonds abdecken werden."

Zur Verbesserung der in den jeweiligen Gastländern notwendigen Dienstleistungen sollen den tschechischen Exporteuren dem Strategiepapier zufolge in den nächsten fünf Jahren insgesamt 400 Staatsbedienstete statt der bisherigen 135 hilfreich zur Hand gehen. Dadurch soll sich auch der zeitliche Umfang der auswärtigen Hilfe von bisher 70.000 Stunden auf 350.000 Stunden erhöhen. Ob den Wünschen und Erfordernissen der hiesigen Exporteure damit schon Genüge getan ist, dazu äußerte der stellvertretende Wirtschaftsminister:

Martin Tlapa
"Ich denke, das müssen die Unternehmer selbst beurteilen. Ich hoffe aber, dass unsere Bemühungen, den Geschäftsinteressen unserer Exporteure mehr Zeit zu widmen und ihnen auch eine praktische Hilfe zu gewähren, auch zu spüren sind. Wir wollen nämlich in diesem Sinn die Dienstleistungen in zwei Richtungen verbessern. Zum einen, dass den Firmen mehr Zeit als bisher gewidmet wird, um so ihre Kapazitäten besser zum Tragen zu bringen. Und zum anderen, dass sich die Qualität unserer Dienstleistungen verbessert, dass wir in dieser Hinsicht ein weiteres Stück vorankommen und dass wir in den Wirtschaftreferaten der Auslandsvertretungen sowie in den Büros von Czech Trade auch solche Dienste anbieten, die wir bisher noch nicht vorzuweisen hatten: die Unterstützung von Dienstleistungen und Investitionen im Ausland."

Und hier schließt sich der Kreis fürs erste. Festzuhalten gilt, dass das Prager Ministerium für Industrie und Handel in enger Zusammenarbeit mit dem Außenministerium einiges in Bewegung setzen will, um die Kraft und die Erfolge des tschechischen Exports zu festigen und zu mehren.