Ostergeschichte auf der Burg in Strakonice

Burg in Strakonice (Foto: Martina Schneibergová)

Es ist das wichtigste christliche Fest: Die geistliche Dimension von Ostern und die damit verbundenen Volksbräuche sind jedes Jahr das Thema von Ausstellungen an verschiedenen Orten Tschechiens. Die „Ostergeschichte“ heißt eine Schau, die vor kurzem auf der Burg in der südböhmischen Stadt Strakonice eröffnet wurde.

Burg in Strakonice  (Foto: Martina Schneibergová)
Strakonice liegt gut 100 Kilometer südlich von Prag. Die historische Dominante der Stadt ist eine mittelalterliche Burg. Sie erhebt sich am Zusammenfluss von Otava und Volyňka. In der imposanten einstigen Residenz der Bavors von Strakonice ist heutzutage das Museum des mittleren Otavagebiets untergebracht. Vom zweiten Burghof betritt man eine der ältesten Räumlichkeiten im Burgareal, den sogenannten „Kapitelsaal“. Er wurde ursprünglich von den Johannitern genutzt. Der Begründer der Burg, Bavor I., hatte Mitte des 13. Jahrhunderts den Saal dem Orden geschenkt. Im Saal sind mittelalterliche Wandmalereien zu sehen. Und in der Architektur sind dort bis heute einige romanische Elemente zu erkennen. Das Kreuzgewölbe sowie die Fenster wurden allerdings in der Zeit der Gotik gestaltet. Heute wird der mittelalterliche Raum für Konzerte und Ausstellungen genutzt.

Foto: Martina Schneibergová
„Die Ostergeschichte“ heißt die neueste Schau, die kurz vor Ostern in dem Saal eröffnet wurde. In diesem Jahr habe man sich entschieden, keine Volksbräuche, sondern eher die geistliche Dimension des Festes zu dokumentieren, erzählt Martin Slavík vom Museum des mittleren Otavagebiets.

„Der etwas mystisch wirkende gotische Kapitelsaal der Burg hat uns dazu inspiriert, die religiöse Dimension der Ostertage darzustellen. Zudem lassen sich die Volksbräuche besser in der historischen Wassermühle präsentieren, die auch vom Museum betreut wird. Die Ostergeschichte beginnt in der Ausstellung mit der Beschreibung der Ankunft Jesu in Jerusalem. Weiter geht es über das letzte Abendmahl, die Verurteilung und die Kreuzigung Jesu bis zu seiner Auferstehung. Wir haben die Geschichte noch bis Christi Himmelfahrt und Pfingsten weitergeführt. Pfingsten wird hierzulande nicht so groß gefeiert wie einst, aber beispielsweise in Bayern ist es ein wichtiges Fest.“

Hinterglasmalereien, Kruzifixe und Karl IV. als Winzer

Karl IV.  (rechts) als ein Mann,  der gerade Weintrauben vom Weinberg trägt  (Foto: Martina Schneibergová)
Zitate aus dem Evangelium sind mit zahlreichen Kunstwerken ergänzt, die zur Ostergeschichte gehören. Die Plastiken, Gemälde, Hinterglasmalereien, Kruzifixe und Monstranzen stammen aus der Region. Sie wurden von anderen Regionalmuseen und von der Pfarrei in Strakonice ausgeliehen. Auf einem der Gemälde ist laut Martin Slavík angeblich auch Karl IV. abgebildet, und zwar als ein Mann, der gerade Weintrauben vom Weinberg trägt. Dies wird jedoch in der Regel den Besuchern nicht verraten, sie sollen selbst auf den Bildern den populären böhmischen König und römischen Kaiser finden.



„Die Besucher haben die Möglichkeit, die Ausstellung allein zu genießen und hier zu meditieren. Es werden aber auch Führungen angeboten, bei denen ihnen eine Kuratorin im mittelalterlichen Kostüm die Ostergeschichte und ihre Darstellung in der Kunst erklärt. Die Führungen sind eher für im Voraus angemeldete Besuchergruppen oder Schulklassen bestimmt.“



Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das letzte Abendmahl  (Foto: Martina Schneibergová)
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das letzte Abendmahl, dargestellt als Theaterszene. Figuren in Lebensgröße sitzen am Tisch, einige der Jünger sind noch nicht gekommen, aber Judas ist schon dabei. Am Horizont ist die biblische Landschaft zu sehen.

„Nach dem letzten Abendmahl folgt der Kreuzweg. Dies ist der schmerzvollste Teil der Ostergeschichte. Danach geht es weiter mit der Auferstehung und der Himmelfahrt. In diesem Teil der Ausstellung sind einige wertvolle Monstranzen zu sehen, die sonst nicht ausgestellt werden. Sie gehören der hiesigen Pfarrei. Zum Thema Kreuzweg möchte ich noch bemerken, dass es in der Umgebung von Strakonice mehrere schöne Kreuzwege gibt. Empfehlen würde ich den Kreuzweg von Radomyšl. Seine 14 Kapellen sind nur zu Ostern geöffnet. Der Umzug führt vom Tal hinauf bis zur Wallfahrtskirche auf dem Johannesberg.“

Am Gründonnerstag gegründet

Foto: Martina Schneibergová
Die Ausstellung über die Ostergeschichte wird im Kapitelsaal gezeigt. Aber auch der gotische Saal selbst ist einen Besuch wert, sagt Ondřej Fibich. Er ist Dichter, Schriftsteller und ein großer Kenner nicht nur der Region um Strakonice, sondern auch des Böhmerwaldes. Fibich betreibt seit Jahren ein Antiquariat direkt auf der Burg in Strakonice und kennt dort jede Ecke.

„Kaum jemand, der die Ausstellung besucht, dürfte ahnen, dass sich unter seinen Füßen Fragmente der ersten kleinen Kirche befinden, die hier erbaut wurde. Die Baufragmente fand 1975 der Archäologe Antonín Hejna. Ich habe nachgeforscht und gefunden, dass die Kirche am Gründonnerstag 1194 gegründet worden war. Mit der Ostergeschichte beginnt also die Spiritualität an diesem Ort, an dem ein Kloster in der Nachbarschaft einer Adelsresidenz errichtet wurde. Als der Kapitelsaal dann nicht mehr seinem ursprünglichen Zweck diente, wurde er in eine Kapelle umgestaltet, die dem heiligen Georg geweiht wurde. Das Fest des heiligen Georg, das am 24. April begangen wird, ist eines der schönsten Frühlingsfeste. Der Raum, in dem die Ausstellung zu sehen ist, erzählt selbst seine Geschichte.“

Eierfarben aus Heidelbeeren und Spinat

Wassermühle in Hoslovice  (Foto: Jiří Novák,  CC BY-SA 3.0)
Das Museum von Strakonice betreut auch die 400 Jahre alte Wassermühle im unweit gelegenen Dorf Hoslovice. Die Mitarbeiter des Museums bemühen sich darum, die Wassermühle als einen Ort mit lebendiger Geschichte aufrechtzuerhalten. Hoslovice sei auch für die Präsentation von Osterbräuchen geeignet, sagt Martin Slavík:

„Im alten Backofen werden Osterkuchen und die kleineren Kuchen, die sogenannten ‚Jidáš‘, gebacken. Diese werden mit Butter und Honig aus dem Böhmerwald beschmiert. Es werden in der Mühle Eier gefärbt, aber auf alte Weise: mit Farben aus Heidelbeeren, aus Zwiebeln oder aus Spinat. In der Mühle sitzt auch ein Drahtbinder, der nicht nur Töpfe repariert, sondern auch Eier mit einem Netz aus dünnem Draht dekoriert. Ein Handwerker führt dort das Korbflechten vor. Einige Frauen aus dem nahe gelegenen Čestice stanzen Spitzenmuster in die Ostereier.“

Pučálka
In Hoslovice werden neben den Osterkuchen auch einige regionale Oster- oder Frühlingsgerichte zubereitet und serviert. Dazu gehört ein Erbsengericht namens „pučálka“. Martin Slavík:

„Die Erbsen werden auf dem Küchenherd gebacken. Es ist ein sehr gesundes Gericht. Seine Zubereitung ist aber nicht ganz einfach, denn die Erbsen müssen zuvor lange eingeweicht werden. Zu den weiteren Spezialitäten, die dort angeboten werden, gehört das Gericht namens ‚kočičí tanec‘ – auf Deutsch etwa ‚Katzentanz´. Das sind Hülsenfrüchte gemischt mit Löwenzahnblättern. Ein weiteres Gericht ist die sogenannte ‚litinka‘. Manchmal wird sie auch ‚liják‘ oder ‚bramborka‘ genannt. Es ist ein auf Blech gebackener Salzkuchen aus Kartoffelteig, bestreut mit Mohn. Zu Ostern wurden viele Gerichte aus Eiern serviert. Verbreitet waren hier in der Region beispielsweise eine Brennnesselsuppe mit Ei oder eine Spinatsuppe, denn Spinat gab es in jedem Garten.“

Die Ausstellung über die Ostergeschichte ist im Kapitelsaal der Burg in Strakonice noch bis 10. April zu sehen. Geöffnet ist der Saal täglich außer montags, und zwar dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr, samstags von 9 bis 12 Uhr und sonntags von 13 bis 16 Uhr.

Ebenfalls nicht fehlen auf dem Ostertisch durften Osterlämmer aus Quarkteig oder der Osterauflauf aus Eiern, Semmeln, Rauchfleisch und Brennnesseln.

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