Fürst Břetislavs Geschenk an die Kirche: die Festung Dřevčice

Foto: Villa Dreucici

An einer alten Straße, die von Prag nach Mladá Boleslav / Jungbunzlau führt, liegt die Gemeinde Dřevčice. Das heutzutage eher unauffällige Dorf hat eine bemerkenswerte Geschichte. Davon zeugen auch einige erhalten gebliebene Baudenkmäler. Am bedeutendsten davon ist die mittelalterliche Festung.

Foto: Villa Dreucici
Wann die Gemeinde Dřevčice entstanden ist, ist nicht bekannt. Es wird vermutet, dass sie von einem Angehörigen am Hof der Přemysliden gegründet wurde, der Dřevec genannt wure. Heute hat die Gemeinde rund 500 Einwohner und ist ein beliebtes Ausflugsziel der Prager.

In Dřevčice sind gleich mehrere historische Sehenswürdigkeiten erhalten geblieben. Neben dem Glockenturm und der ursprünglich romanischen St.-Bartholomäus-Kirche befinden sich auf dem Gebiet der Gemeinde auch fünf Barockkapellen, die Bestandteil der so genannten „Via sancta“ sind. Die „Via sancta“ wurde am Ende des 17. Jahrhunderts entlang der Straße, die von Prag nach Stará Boleslav / Altbunzlau führt, zum Andenken an den heiligen Wenzel erbaut. Von den insgesamt 44 Kapellen, die es zwischen Prag und Stará Boleslav gab, sind insgesamt noch 29 erhalten geblieben. Der größte Besuchermagnet in Dřevčice ist jedoch die mittelalterliche Festung. Sie ist mit der Geschichte des Ortes eng verbunden, stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde mehrmals umgebaut, das letzte Mal in der Barockzeit.

Die Reste des Originalpalastes lassen sich im Souterrain des Gebäudes besichtigen. Vladimír Ženíšek kümmert sich für den Privatbesitzer um das Burgareal:

„Diese Sehenswürdigkeit steht unter Denkmalschutz. Es gibt zwar mehrere Barockspeicher, die aus ehemals mittelalterlichen Festungen oder Burgen entstanden sind. Bei diesem Bau ist aber der Originalgrundriss der Burg erhalten geblieben. Das Burggelände wurde nur später vergrößert, die Kettenbrücke eingemauert. Es wurde ein neuer Eingang zur Festung geschaffen. Die gotische Befestigungsmauer blieb stehen, es wurde nur eine Stirnwand eingefügt, als die Festung im Barock zu einem Speicher umgebaut wurde.“

Přemyslidenfürst Břetislav
Der Barockumbau der mittelalterlichen Residenz sei vor etwa 270 Jahren beendet worden, erzählt Ženíšek. Dort, wo die Festung heute steht, habe es bereits im Frühmittelalter eine Siedlung gegeben:

„Die erste Erwähnung einer Burg oder eine Festung in Dřevčice stammt aus dem Jahr 1052. Davon wissen wir dank den Mitarbeitern der Denkmalschutzabteilung der Prager Burg. Als sie nach Materialien über die Prager Burg suchten, stießen sie mehrmals auf den Begriff ´Villa Dreucici`. Sie waren selbst überrascht, dass dieser Ort so oft erwähnt wurde. Die Erkenntnisse über diese Burg haben sie in einem Büchlein zusammengefasst. Das hiesige Grundstück gehörte höchstwahrscheinlich dem Přemyslidenfürst Břetislav. Er soll seine spätere Frau Judith von Schweinfurt, die Tochter Heinrichs von Nordgau, aus einem Nonnenkloster in Schweinfurt entführt haben. Ich meine, dass er als Reue für diese Tat der Kirche ein Geschenk machte. Denn die erste Erwähnung von Dřevčice ist eben die Notiz, dass Fürst Břetislav den Ort der Kirche in Stará Boleslav / Altbunzlau schenkte.“

Dřevčice gehörte später auch einigen Bischöfen - beispielsweise dem Bischof von Litomyšl / Leitomischl oder dem Bischof von Olomouc / Olmütz. Die Gemeinde sowie die ganze Region wurden während des Dreißigjährigen Krieges sehr in Mitleidenschaft gezogen. Zur Wiederbelebung des Ortes kam es erst im 18. Jahrhundert. Wieder einiges später, im Jahr 1860, kaufte der österreichische Erzherzog und toskanische Großherzog Leopold II. die gesamten Besitzungen. Als er 1870 starb, erbte Ludwig Salvator von Österreich-Toscana sie. Unter ihm ist den historischen Quellen zufolge die ganze Gegend um Brandýs nad Labem / Brandeis aufgeblüht. In der Gemeindechronik hieß es damals: „Dřevčice gehört zu den schönsten und am meisten gebildeten Gemeinden des ganzen Bezirks.“

In der Festung in Dřevčice können sich die Besucher nicht nur mit der Geschichte des Ortes, sondern in Kürze auch mit der Geschichte von ganz Böhmen bekannt machen, behauptet Vladimír Ženíšek. Er macht auf eine Sammlung von Gemälden des Malers Vladimír Pechar aufmerksam, die in der Festung ausgestellt ist. Die Gemälde sind in den vergangenen zwanzig Jahren entstanden:

„Es handelt sich um Portraits von namhaften Persönlichkeiten der tschechischen Geschichte: Die Ausstellung beginnt mit dem Portrait des sagenhaften Urvaters Čech. Die Portraits der böhmischen Herrscher begann Pechar eigentlich als Illustrationen für ein Buch des bekannten tschechischen Historikers Dušan Třeštík zu malen. Mit der Zeit hat er daraus Ölgemälde gemacht und diese Auswahl historischer Persönlichkeiten um weitere Portraits ergänzt. Aus den Gemälden wurde schließlich eine Dauerausstellung in Dřevčice zusammengestellt. Jeder kann praktisch zu jeder Zeit, falls er sich bei uns vorher telefonisch anmeldet, die Galerie der tschechischen Persönlichkeiten besichtigen. Ich glaube, dass die historischen Portraits wunderbar hierher passen, zudem hängen sie im alten, gotischen Teil der Festung.“

Aber nicht nur wegen der Porträtsammlung ist die gotische Festung einen Besuch wert. In Dřevčice werden regelmäßig historische Jahrmärkte, Ritterspiele oder auch weitere Veranstaltungen organisiert. Am 30. April soll zum Beispiel eine Feier zur Walpurgisnacht in Dřevčice steigen.

Fotos: Villa Dreucici