Bucovice: Ein Gläschen Wein in der Renaissance gefällig?

Schloss Bucovice

Die südmährische Stadt Bucovice ist durch das Renaissanceschloss bekannt geworden, das aus mehreren Gründen einzigartig ist. Nicht zuletzt wegen seiner Lage, denn im Unterschied von den meisten Burgen und Schlössern befindet sich das Schlossareal von Bucovice in einem Tal. Mitte Mai trafen im Schloss Weinliebhaber aus der ganzen Region zusammen, um an einer traditionellen Weinausstellung teilzunehmen.

Besucher von Bucovice können das örtliche Schloss eigentlich nicht verfehlen. Es befindet sich - was die Touristen mit Freude zur Kenntnis nehmen werden - gar nicht weit vom Bahnhof entfernt. Das Renaissancegebäude stellt eine architektonische Dominante der etwa 6.500 Einwohner zählenden Stadt dar.

Erstmals erwähnt wurde die Gemeinde Bucovice im 14. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert entschied sich der Besitzer der hiesigen Ländereien, Jan Sembera, ein Schloss zu erbauen. Zuerst musste jedoch das Grundstück entsprechend befestigt werden. Denn das Schloss sollte an dem Ort entstehen, an dem bis zu der Zeit nur Sumpf war. Mehr über die Hauptsehenswürdigkeit von Bucovice habe ich vom heutigen Schlossherrn, dem Kastellan Pavel Ecler, erfahren.

"Mit dem Bau wurde 1575 begonnen. Zehn Jahre später stand bereits das ganze Schlossareal. Das Besondere an Schloss Bucovice ist, dass es auf sumpfigem Gelände erbaut wurde. Und es handelt sich nicht um den Umbau einer älteren Burg oder Festung, sondern um ein ursprüngliches architektonisches Projekt. Der Bau ist einzigartig. Bei uns gibt es nur zwei Renaissanceschlösser, die in einer Niederung erbaut wurden - und zwar Kratochvile in Südböhmen und das Schloss bei uns in Bucovice."

Schloss Bucovice
Jan Sembera Cernohorsky von Boskovice, der das Schloss in Bucovice erbauen ließ, war ein sehr einflussreicher mährischer Adeliger. Den historischen Quellen zufolge wurde der Bau höchstwahrscheinlich von Jacopo Strada, dem Kurator der Rudolfinischen Sammlungen entworfen.

"Wenn man das Projekt von Bucovice mit dem Schloss Neugebäude in Wien vergleicht, findet man ohne Probleme einige übereinstimmende Elemente. In Bucovice wollte Jan Sembera ursprünglich seinen Hauptsitz aufschlagen. Sembera besaß unter anderem ein Haus in Brno / Brünn, wo er sich nur von Zeit zu Zeit aufhielt. In Bucovice wollte er die Hauptresidenz errichten, weil es von dort aus nach Brünn nicht weit war. Brünn war damals ein Verwaltungszentrum - viele Institutionen hatten dort ihren Sitz, wie das Landgericht oder der Landtag, " sagt Pavel Ecler.

Pavel Ecler
Aus den historischen Dokumenten geht hervor, dass Jan Sembera keine Söhne, sondern nur zwei Töchter hatte. Mit ihm starb die Familie in männlicher Linie aus. Semberas Töchter vermählten sich mit den Brüdern Karl und Maxmilian von Liechtenstein. Damit ging das Schloss in den Besitz der Familie Liechtenstein über.

Unter den Angehörigen der Familie Liechtenstein lassen sich mehrere berühmte historische Persönlichkeiten finden. Wenn man die Liste der Befehlshaber in der Schlacht bei Austerlitz / Slavkov durchblättert, findet man gleich zwei Liechtensteins. Der Bekanntere von ihnen ist Feldmarschall Johann Josef Fürst von Liechtenstein, der nach der Schlacht mit den Friedensverhandlungen beauftragt worden war. Der Fürst war nicht nur ein begabter Befehlshaber, sondern vor allem auch ein guter Diplomat. Die Liechtensteins haben damals aber nicht mehr in Bucovice gelebt.

Ales Navratil
"Die Liechteinsteins wohnten in Bucovice bis 1681. Danach wurde das Schloss als Verwaltungssitz benutzt. Seit 1722 war hier die zentrale Buchhaltung der Liechtensteins untergebracht. Man kann sich das heute wie ein kleines liechtensteinsches Finanzministerium vorstellen. In der Zeit besaßen die Liechtensteins etwa ein Fünftel der Fläche Mährens, Niederösterreichs und einen Teil Oberösterreichs. Die Besitzungen waren größer als die Fläche von einigen heutigen Landkreisen. Wenn man weiß, wie viele Beamte heute bei jedem Landkreisrat arbeiten, kann man sich vorstellen, dass damals die zwölf Beamten, die hier tätig waren, viel zu tun hatten."

Mit dem Schloss und seinem Begründer sind viele Sagen verbunden. Einige davon wollen wir Ihnen in der nächsten Ausgabe des Reiselands erzählen, in der wir die Schlossführung fortsetzen wollen. Vor kurzem erlebte das Schloss jedoch ein traditionelles Fest. Zum 8. Mal fand Mitte Mai auf dem Schlossareal das Weinfest "Zamecky kost" - zu Deutsch etwa "Weinverkostung im Schloss" - statt. Die Weinausstellungen haben in Bucovice eine etwa vierzig Jahre lange Tradition, sagt Ales Navratil von der Schlossvereinigung der Winzer von Bucovice. Bei der erwähnten Weinverkostung wurden nicht nur Tropfen aus der hiesigen Region präsentiert.

Schloss Bucovice
"Das ist ein wenig atypisch. Im Unterschied zu anderen ähnlichen lokalen Weinausstellungen haben wir hier Weinproben auch aus anderen Weinbauuntergebieten: aus der Region von Uherske Hradiste oder aus Znojmo sowie aus Böhmen. Es gibt hier zudem Weine aus der Slowakei. Dieses Jahr stellen wir einige Weine aus Südamerika vor. Und oft kann man bei uns auch österreichische Weine verkosten."

Laut der neuen Gliederung der tschechischen Weinbauregionen gehört die Gemeinde Bucovice zum Weinbauuntergebiet von Velke Pavlovice. Sie liegt jedoch im nordöstlichen Zipfel dieses Gebietes.

"Wir sind zwar keine große Winzergemeinde, aber hier ist ein Verein sehr aktiv - die so genannte Schlosswinzervereinigung. Sie hat zwanzig Mitglieder und etwa weitere fünfzig Anhänger. Obwohl Bucovice am nördlichen Rand des Weinbaugebietes liegt, gelingt es uns auch manchmal, sehr gute Weine zu produzieren. Vorwiegend werden hier Müller-Thurgau, Rheinriesling, Traminer und Chardonnay und von den Rotweinen Zweigeltrebe, Blaufränkisch und St. Laurent angebaut."

Fotos: Autorin

10
49.151112700000
17.003329200000
default
49.151112700000
17.003329200000