Aus der Kirche in die Sporthalle: Weinweihe in Podluží

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Etwas zwischen einer Weihnachtsfeier, an der die ganze Gemeinde teilnimmt, und einem Winzerfest ist es: Die traditionelle Weinweihe. Am Stephanstag waren wir in der Region von Podluží mit dabei.

Jaroslav Nešpor
Die Gemeinde Moravská Nová Ves / Mährisch Neudorf ist durch ihre Weine weit über die Grenzen der Mährischen Slowakei bekannt geworden. Der Brauch, einen Wein zu segnen, war früher nicht nur in den Weinregionen verbreitet. Am Tag des heiligen Johannes Evangelisten, am 27. Dezember, wurde auch in einigen Kirchen Prags der Messwein geweiht. In der mährischen Weinregion ist die Weinweihe jedoch inzwischen zu einem Fest geworden, das aus der Kirche in die Öffentlichkeit übertragen wurde.

Die Sporthalle des Turnvereins Sokol in Moravská Nová Ves war am Stephanstag bestimmt voller als bei den verschiedensten Sportwettbewerben. Auf dem Podium lösten sich die mehrere Chöre aus der Region ab, den Anfang machte wie stets der Kindergartenchor. Unter dem Podium spielte eine Zimbelkapelle und auf einem geschmückten Tisch stand ein Weinfass mit dem zur offiziellen Weihe vorbereiteten Wein. In der Mitte des Saals haben die Winzer zudem ihre Weinproben ausgestellt, die jedoch erst nach der Weihe verkostet werden durften. Nach dem weihnachtlich gestimmten Programm kam Pfarrer Stanislav Kovář zu Wort:

„Wir sind hier am Vorabend des heiligen Johannes Evangelist, also am Stephanstag zusammenkommen, um den Wein aus der schönen Landschaft von Podluží zu segnen. Der Wein wird schon in der Heiligen Schrift erwähnt, denn er soll das Herz des Menschen erfreuen. Zuerst möchten wir dafür danken, dass unsere Winzer volle Keller haben und danach wollen wir um

Segen für das neue Jahr beten. Zum Zweiten wollen die Winzer einander zeigen, was sie dieses Jahr geerntet haben. Gott, weihe und segne diesen Wein. Er ist die Frucht der Rebe und der menschlichen Arbeit. Du hast uns den Wein geschenkt, damit die Winzer ihren Unterhalt haben und damit er auch das Herz des Menschen erfreut. Auf die Fürbitte des heiligen Urban und aller anderen Schutzheiligen der Winzer gib uns deinen Schutz und deine Hilfe.“

Nach dem Segen wurde der Wein aus dem Fass gezapft und im ganzen Saal ausgeschenkt. Der Pfarrer übergab das Wort an Bürgermeisterin Jana Krutáková:

„Ich möchte den Winzern danken, die Weinproben gebracht haben, und möchte ihnen wünschen, dass das nächste Jahr wenigstens so gut sein wird, wie dieses Jahr. Erlauben Sie mir, Ihnen viel Gesundheit, Ruhe sowie gute Beziehungen in der Familie und unter den Nachbarn zu wünschen.“

Im ganzen Saal erklang dann ein mehrfaches „Živijó“, die Leute stießen mit ihren Gläsern an. Bei der Weinweihe trafen die Bewohner von Moravská Nová Ves bereits zum 17. Male zusammen, erfuhr ich von der Bürgermeisterin:

Pfarrer Stanislav Kovář
„Die Tradition haben wir nach dem Vorbild unserer österreichischen Nachbarn gegründet. Auf die Idee kam unser Pfarrer mit dem früheren Bürgermeister. Am Anfang wollten wir den Winzern lediglich für ihre Arbeit danken. Mit der Zeit aber ist das Treffen zu einer größeren Veranstaltung geworden, bei der ich auch vielen Menschen begegne, mit denen ich ein bisschen plaudern kann, wofür wir sonst kaum Zeit und Gelegenheit haben. Es ist eine angenehme Möglichkeit, sich Zeit für die anderen zu nehmen und mit ihnen gute Weine zu verkosten. Hier werden aber nicht nur Weine angeboten, sondern auch verschiedene Brotaufstriche serviert, die wir von zu Hause mitgebracht haben. Ich habe übrigens auch einiges mitgebracht und serviert.“

Ivana Krutáková  (rechts)
Ivana Krutáková hat mit ihrer Arbeit im Rathaus von Moravská, wie die Bewohner ihre Gemeinde in Kurzform nennen, vor zehn Jahren begonnen. Schon damals befasste sie sich mit der Werbung für den Weintourismus. Seitdem hat sich einiges zum Positiven verändert. Touristen kommen bereits das ganze Jahr über nach Moravská – und nicht nur zu kurzen Stippvisiten in den Weinkellern, erzählt die Bürgermeisterin:

„Ich meine, dass Moravská eine günstige Lage hat. Die Gemeinde ist gut mit der Bahn zu erreichen, da sie an der Hauptstrecke Břeclav – Přerov liegt. Außerdem gibt es hier Radwege. Unweit von Moravská befindet sich das sehenswerte Areal von Lednice und Valtice. Schloss Milotice ist auch nicht weit von uns entfernt. In Hodonín gibt es einen Zoo. Es kommen oft Touristen aus Österreich, vor allem aus dem Weinviertel. Viele von ihnen nutzen gerade den Radweg.“

Ich hörte gerade zu, wie Pfarrer Stanislav Kovář mit mehreren Weinkennern diskutierte und meinte herauszuhören, dass er aus einer Weinregion stammen muss…

Der heilige Urban
„Ich bin ein Mähre, komme aber aus keiner Weinregion, sondern aus der Nähe von Boskovice. In Moravská bin ich seit der Wende tätig. Es war damals eine neue Zeit, und so saß ich vor 17 Jahren mit dem ehemaligen Bürgermeister, der heute schon in Rente ist, zusammen und wir bereiteten die erste Weinweihe vor. Wir entschieden uns, die Weinweihe aus der Kirche in den Turnsaal zu verlegen. Denn wenn so etwas in der Kirche veranstaltet wird, kommen nur Gläubige dorthin. Aber Weihnachten ist doch das Fest der Nächstenliebe, die alle umarmt. Daher wollte ich auch den anderen entgegenkommen, die nicht in die Kirche gehen.“

Bei dem großen Volksfest wurde auch die Figur des heiligen Urban geweiht, die dem Winzer überreicht wurde, der den Wein für die Weihe spendierte. Ihn erhielt die Familie Helešic, die ihren Grauen Burgunder zur Weinweihe kredenzte. Für Zdeněk Helešic war es eine Ehre, diesmal der Auserwählte zu sein, der seinen Wein für die Weihe zu spendieren hatte.

 Zdeněk Helešic
„Der heilige Urban wird jetzt in unserem neuen Weinkeller stehen und die Weine schützen. Neben dem Grauen Burgunder, den man hier verkosten konnte, haben wir noch Müller Thurgau, Aurelius, den Rheinischen Riesling, Chardonnay sowie von den Rotweinen den Blaufränkischen, St. Laurent, Fratava, Dornfelder und die Zweigeltrebe.“

In unserem heutigen Besuch der Weinweihe wurde das Areal von Lednice und Valtice erwähnt, das auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO steht. Falls Sie wenigstens noch drei weitere tschechische Kulturdenkmäler kennen, die auch auf der UNESCO-Liste stehen, können Sie uns das schreiben. Denn so lautet die heutige Quizfrage, für deren richtige Beantwortung Sie eine CD mit mährischer Volksmusik gewinnen können. Ihre Zuschriften richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2.

Im November fragten wir Sie nach dem deutschen Namen der Grenzstadt Břeclav – es ist Lundenburg. Eine CD geht diesmal an Peter Schmidt aus Finsterwalde.

Foto: Autorin

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